Es ist nur ein Testspiel gegen die Nummer 109 der FIFA-Weltrangliste und trotzdem ist der Letzigrund in Zürich längst ausverkauft. Erstmals überhaupt steigt ein Länderspiel zwischen der Schweiz und dem Kosovo. «Es ist ein Freundschaftsspiel, denn die Schweiz und den Kosovo verbindet eine grosse Freundschaft», sagte Xherdan Shaqiri, der Schweizer Star mit Wurzeln im Kosovo. «Es wird ein Spiel der Freundschaft.»
Spieler wie Shaqiri werden einige auf dem Rasen stehen. Spieler, die sich beiden Ländern zugehörig fühlen, sich auf dem Fussballplatz aber entscheiden mussten. Wir beginnen mit den Kosovaren.
Der Goalie aus Schlieren ist erst 23 Jahre alt, hat aber schon einiges von der Fussballwelt gesehen. Als Jugendlicher spielt er erst beim FC Zürich, dann bei GC – und wechselt als 16-Jähriger zu Manchester City.
Bei den «Skyblues» steht er noch bis 2024 unter Vertrag, derzeit ist er aber einmal mehr ausgeliehen. Muric war schon bei NAC Breda, Nottingham Forest, Girona und Willem II, nun spielt er in der Türkei bei Adana Demirspor. Auch dank Murics Paraden steht der Klub auf Tabellenplatz 5.
Bei Manchester City stand «Aro» Muric in all den Jahren fünf Mal zwischen den Pfosten, 2018/19 im Liga-Cup. Bis zum Final war er in diesem Wettbewerbs der Goalie der Citizens, beim Endspiel-Sieg gegen Chelsea sass er dann auf der Ersatzbank, weil Trainer Pep Guardiola auf Stammgoalie Ederson setzte.
Auch der Rechtsverteidiger spielt in der Türkei, bei Kasimpasa. Der 27-jährige Hadergjonaj wuchs da auf, wo sonst jeder Bube davon träumt, ein Hockeyspieler bei den Tigers zu werden: in Langnau im Emmental.
Von dort führte Hadergjonajs Reise via Luzern und YB zunächst in die Bundesliga zum FC Ingolstadt und von da weiter in die Premier League. Bei Huddersfield Town war er Stammspieler, konnte den Abstieg aber nicht verhindern.
Shaqiri sagt, Hadergjonaj sei ein guter Freund von ihm. Einst liefen sie auch gemeinsam für die Nati auf, 2017 war das. Gegen Weissrussland debütierte der Verteidiger, doch weil es sich um Testspiel handelte, durfte er danach für den Kosovo auflaufen. Er wechselte die Nation auch deshalb, weil die Konkurrenz auf der Position mit Stephan Lichtsteiner, Silvan Widmer, Kevin Mbabu und Michael Lang gross war.
Während Hadergjonaj breites Berndeutsch spricht, ist bei Fazliji die Herkunft aus der Ostschweiz gut zu hören. Der 22-jährige Rheintaler stammt aus dem Nachwuchs des FC St.Gallen, wo er sich unter Trainer Peter Zeidler zur festen Kraft entwickelt hat.
Betim Fazliji ist ein polyvalent einsetzbarer Defensivspieler, der mal in der Abwehr, mal im Mittelfeld spielt. Nach zwei Einsätzen für die Schweizer U20-Nati im Herbst 2019 beschloss er im Jahr darauf, eine Einladung des Kosovo anzunehmen. Mittlerweile ist er zehnfacher A-Nationalspieler.
«Ich habe mich nicht gegen die Schweiz entschieden», sagte Fazliji damals gegenüber «FM1Today». Er habe sich «für meine Karriere entschieden. Ich bin bereit für den nächsten Schritt und den bietet mir nur Kosovo an. In der Schweiz wird es in den nächsten drei bis vier Jahren fast unmöglich, zu spielen, weil meine Positionen super besetzt sind.»
Mit dem FC Zürich surft der 25-Jährige auf einer Erfolgswelle. Der Meistertitel ist in Griffnähe, Verteidiger Kryeziu ist einer der Eckpfeiler im Team von André Breitenreiter.
Von der U16 bis zur U20 spielte er auf jeder Altersstufe für die Schweiz, im vergangenen Herbst debütierte er schliesslich auf Erwachsenenstufe für den Kosovo. Über das Freundschaftsspiel heute Abend in «seinem» Letzigrund sagte der FCZ-Verteidiger im «Blick», dass dieses auch sportlich eine tolle Herausforderung sei, da die Schweiz viel Qualität habe. «Dass es ein spezielles Spiel ist, merke ich an den vielen Nachrichten, die ich bekomme … Ich hätte alleine einen Sektor füllen können, so viele Ticketanfragen habe ich erhalten.»
Übrigens: Mit dem derzeit vereinslosen Hekuran Kryeziu (ex Luzern, ex FCZ und 27-facher Nationalspieler des Kosovo) ist Mirlind nicht verwandt.
Der 28-Jährige kann seinem FCZ-Mitspieler Kryeziu davon erzählen, wie es ist, Meister zu werden – denn das wurde Aliti schon in Moldawien (Sheriff Tiraspol) und Albanien (KF Skenderbeu). Nun spielt er auch beim FC Zürich eine tragende Rolle.
Abwehrspieler Aliti ist Basler, kam von Concordia in den Nachwuchs des FC Basel, wo für ihn mit 17 Schluss war. Via Old Boys kam er zum FC Luzern, für den er in der Super League debütierte. Seine Auslandstationen (er spielte auch in Kroatien für Slaven Belupo und im schwedischen Kalmar) haben keine klangvolle Namen, doch Aliti sammelte wertvolle Erfahrungen, die ihm nun in Zürich zugute kommen.
«Ich denke meistens deutsch», verriet Fidan Aliti. «Aber zu Hause reden wir albanisch, meiner Mutter ist das wichtig. Falls ich mal Kinder habe, werde ich das auch so halten.»
Eine lange FCZ-Vergangenheit hat auch der 23-jährige Mittelfeldspieler. Domgjoni, der als hochgehandeltes Talent 17 Mal für die Schweizer U21-Nati auflief, verdient sein Geld seit dieser Saison in den Niederlanden. Mit Vitesse Arnheim ist er auf Europacup-Kurs.
Im vergangenen Herbst entschied sich Domgjoni, für die Heimat seiner Eltern zu spielen. Bis zum Debüt musste er sich gedulden, am vergangenen Donnerstag war es so weit. Beim 5:0-Sieg gegen Burkina Faso lief Toni Domgjoni erstmals für den Kosovo auf – und erzielte gleich ein Tor.
«Es ist schön, wieder einmal zuhause zu sein, ich habe fünf Jahre in diesem Stadion gespielt», blickte Domgjoni im SRF auf den Test voraus. Er habe viele Billets für Freunde und Bekannte gekauft und wäre noch mehr losgeworden, aber es habe keine mehr gehabt. «Wir wollen einen guten Match machen und gegen die Schweiz gewinnen.»
Der technisch beschlagene Wirbelwind wurde zwar in Deutschland geboren, wuchs aber im Kosovo auf. In die Schweiz führte Zhegrova ein Transfer zum FC Basel, an den er 2019 vom KRC Genk ausgeliehen wurde.
Mit dem FCB gewann er 2019 den Cup, vor allem aber eroberte Zhegrova mit seinen Dribblings und Finten die Herzen zahlreicher rot-blauer Anhänger. In dieser Winterpause verliess der 25-fache Nationalspieler des Kosovo die Schweiz für eine geschätzte Ablösesumme von 7 Millionen Euro zum französischen Meister Lille.
(Heute nicht im Aufgebot)
Bis im Sommer lief der Offensivspieler 23 Mal für den Kosovo auf. Seit der Waadtländer aus Aigle den FC Zürich – und fussballerisch erstmals die Schweiz – verliess, kam unter Nationaltrainer Alain Giresse, mit dem er Französisch sprechen könnte, kein weiteres Länderspiel hinzu. Der 29-Jährige wechselte nach Japan zu Shimizu S-Pulse, und verhehlte nicht, dass das finanziell «sehr lukrative Angebot» ein Hauptgrund für den Transfer nach Shizuoka war.
(Heute nicht im Aufgebot)
Schaffhausen, Luzern, GC und seit zwei Monaten der FC Winterthur – so lauten die Stationen des Mittelstürmers, der in Schaffhausen auf die Welt kam und 2018 sein bislang einziges Länderspiel für den Kosovo bestritt.
(Heute nicht im Aufgebot)
Vom FC Hergiswil brach Voca auf, um die Fussballwelt zu erobern. Beim nahen FC Luzern schaffte er den Sprung zum Profi, nach genau 100 Super-League-Spielen verliess der Defensiv-Allrounder die Schweiz – und die Karriere geriet ins Stocken. Mit Ankaragücü stieg der 24-Jährige aus der Süper Lig ab, er war ein halbes Jahr vereinslos, ehe er im Januar bei Cosenza in der italienischen Serie B Unterschlupf fand. Vielleicht kommen bald weitere Länderspiele zu den bisherigen 15 hinzu, seit dem Sommer und der Vereinslosigkeit erhielt Voca vom Kosovo kein Aufgebot mehr. In Cosenza ist er allerdings bislang bloss Ergänzungsspieler.
Der «Kraftwürfel» bestreitet gegen das Land, in dem er seine Wurzeln hat, das 102. Länderspiel für die Schweiz. Mehr über sein Verhältnis zu beiden Ländern:
Ein ganz besonderer Abend wird es für den Captain der Schweiz. Gegen den Kosovo feiert der in Basel geborene Xhaka sein Jubiläum des 100. Länderspiels:
Der 22-jährige Mittelstürmer gilt als Schweizer Stürmer der Zukunft. In der U21-Nati schoss Zeqiri elf Tore in 16 Einsätzen. Es gab – womöglich unvermeidliche – Turbulenzen rund um einen möglichen Nationenwechsel, doch für Zeqiri selber war der Fall klar: Er wollte für die Schweiz spielen. Im letzten Herbst kam er unter Murat Yakin zu seinem Debüt, noch wartet Zeqiri nach sechs Teileinsätzen auf seinen ersten Treffer.
Das Talent des Romands blieb nicht lange verborgen, als 17-Jähriger engagierte ihn Juventus Turin. Nach einer Saison wechselte Zeqiri zurück in die Heimat zu Lausanne, wo ihm der Durchbruch gelang. Seine Tore führten 2020 zu einem Transfer in die Premier League. Bei Brighton konnte er sich nicht etablieren, seit diesem Sommer ist er an Augsburg ausgeliehen.