Der FC Basel und der FC Zürich feiern einen gelungenen Saisonstart. Meister YB liegt dagegen zurück und sucht noch nach seiner Balance. In Sion dominieren bereits Peinlichkeiten, derweil in St.Gallen ein neues Juwel heranwächst. Lesen Sie unsere Erkenntnisse aus dem zweiten Super-League-Wochenende der Saison.
Die Frage ist einfach, die Antwort schwierig: Wann hat man in Basel letztmals über schönen und erfolgreichen Fussball diskutieren dürfen? Die Wirren in der Führung, das Chaos auf dem Platz, es kam sehr viel zusammen in den letzten Jahren. Aber jetzt scheint diese unendlich triste Zeit gerade ziemlich weit weg.
6:1 besiegt der FCB gestern Sion. Heisst: Tabellenführer in der Super League. Heisst: Vier Siege aus vier Spielen in diesem Sommer. Und heisst schliesslich: Die Führung um Neo-Präsident David Degen und Trainer Patrick Rahmen hat einiges richtig gemacht in der kurzen Zeit seit dem Neuanfang.
Die neuen Gesichter beim FCB überzeugen schon jetzt. Da ist Stürmer Esposito, der zu einer Liga-Attraktion werden wird. Da ist Verteidiger Pelmard, der die Mannschaft zusammenhält. Und da ist Regisseur Quintilla, der, obwohl er noch nicht zur Stammelf gehört, dem Team zu sehr viel Balance verhilft. Aufzählung unvollständig.
Der FCB zeigt Spielwitz wie in den Zeiten, als er regelmässig Meister wurde. Und er zeigt neben der Lust am Fussball auch Lust an der Leidenschaft. Das war zuletzt auch nicht immer selbstverständlich. Ist das nun eine Kampfansage an die Konkurrenz? Darf der FCB nach vier Jahren ohne Meistertitel wieder an den Angriff denken? «Wir bleiben jetzt erst einmal demütig», sagt Trainer Rahmen. Und Pajtim Kasami ergänzt: «Es werden auch schwierigere Momente kommen.» Mag sein. Vorerst gilt trotzdem: Diesem FCB zuzuschauen, ist ein Genuss. Das erste Duell mit YB folgt dann am 29. August.
Und Sion? Präsident Christian Constantin hat den St.Jakob-Park bereits in der Halbzeitpause verlassen und die Rückreise angetreten. Zwei Runden sind gespielt, und bereits stehen im Wallis wieder ungemütliche Tage an. Nach der Rettung in letzter Sekunde in der letzten Saison gibt es auch heuer keinen Grund, warum Sion nicht wieder in Turbulenzen geraten sollte. Mal sehen, was das 1:6 für Trainer Marco Walker bedeutet.
Eine Szene in Basel ist symptomatisch. Trainer Walker muss den einsatzbereiten Kevin Bua noch vor dem Anpfiff wieder vom Feld holen – weil dieser für die Partie gar nicht gemeldet wurde. Das ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
125 Jahre alt wurde der FC Zürich gestern am 1. August 2021. Die Feierlichkeiten des Jubiläums passen zum guten Saisonstart des FCZ. Was das Team mit dem neuen Trainer André Breitenreiter bislang zeigt (3:1 gegen Lausanne, 2:0 gegen Lugano), ist vielversprechend.
Zwei Siege zu Beginn, das ist nach drei Spielzeiten, die mit den Rängen 8, 7 und 7 endeten, gerade für Präsident Ancillo Canepa wohltuend. Die Verpflichtung von Breitenreiter könnte sich als Glücksgriff herausstellen. Der neue Trainer lässt im selben System spielen wie Vladimir Petkovic mit der Schweizer Nati, das 3-4-1-2 passt bestens zum FCZ. Trotzdem: In den nächsten Wochen warten noch einige kompliziertere Aufgaben auf die Zürcher.
Es gab schon schwungvollere Saisonstarts der Young Boys. Beim 4:3 gegen Luzern glückte eine späte Wende, die eine wacklige Defensive vergessen liess. Gegen Bratislava in der Champions-League-Qualifikation liess die Mannschaft nach dem zwischenzeitlichen 3:0 unerklärlich nach, rettete sich knapp über die Runden (und in die 3.Quali-Runde, Hinspiel am Dienstag in Cluj). Und nun beim 0:0 gegen GC stimmte zwar der optische Eindruck, aber YB brachte trotzdem kein Tor zu Stand.
Der neue Trainer David Wagner hat noch einiges zu tun. In Panik ausbrechen muss Gelb-Schwarz deswegen aber noch nicht. Als Erinnerung dient die letzte Saison, wo YB in den ersten sieben Spielen ebenfalls Mühe hatte, gleich dreimal 0:0 spielte – einfach, weil das Team die Überlegenheit nicht in Tore ummünzen konnte. Als die Maschine ins Rollen kam, war YB dann aber nicht mehr zu stoppen. Wobei die Konkurrenz mit ihren Problemen auch gehörig mithalf. Zumindest dies könnte sich in der neuen Saison durchaus ändern. Oder anders ausgedrückt: YB könnte nach Jahren der Überlegenheit wieder einmal vor einer spannenden Herausforderung stehen.
Und GC? Der Aufsteiger hat sich seinen ersten Punkt nach der Rückkehr ins Oberhaus erkämpft. Einen glücklichen Punkt. Verdient aber gleichwohl, weil Kampf und Leidenschaft stimmten. Anders als zum Start gegen den FCB gab es dafür nun auch einen kleinen Lohn. Und man sollte nicht ausschliessen, dass der Rekordmeister in dieser Saison noch eine interessante Rolle spielen wird. Oder in den Worten von Petar Pusic:« Ich glaube, da steckt ziemlich viel Potenzial in dieser Mannschaft.»
Die St.Galler müssen beim 2:2 gegen Luzern zwar einen späten Ausgleich hinnehmen. Sie zeigen aber, angesichts der frühen Saisonphase, einen reifen Auftritt. Reifer auf jeden Fall als zum Saisonstart vor einem Jahr, als sie dreimal hintereinander 1:0 gewannen, aber weniger überzeugten. Die Automatismen greifen bereits besser als damals. Hat vielleicht, wie von Trainer Peter Zeidler erhofft, der weniger eng getaktete Spielplan einen positiven Einfluss auf St.Gallens aufwändigen Stil?
Besonders zwei Spieler fallen zum Saisonstart auf: Ousmane Diakité und Élie Thody Youan. Diakité zeigte gegen Luzern wiederum einen hervorragenden Auftritt. Der 21-Jährige hat eine starke Präsenz, wirkt bereits wie der Chef der Mannschaft. Youan andererseits entschied mit seinen Toren das Spiel gegen Lausanne. Nun musste er gegen Luzern mit einer gelb-roten Karte wegen einer Schwalbe bereits nach 25 Minuten vom Feld. Er wird St.Gallen gleichwohl noch viel Freude bereiten.
Nach der spektakulären 3:4-Heimniederlage gegen Meister YB machte der FC Luzern in St.Gallen in ähnlichem Stil weiter: Bereits nach knapp 13 Minuten lag der Cupsieger bei der Final-Revanche 0:2 im Rückstand. In der Folge deutete alles auf eine hohe Niederlage der inferior auftretenden Innerschweizer hin.
Doch erneut hielt die Nachspielzeit eine letzte Wende bereit - diesmal zugunsten des FCL. In der 96. Minute traf Edeljoker Tasar zum 2:2-Ausgleich. Es ist trotzdem ein sehr glücklicher Punkt. Denn es ändert nichts an der Tatsache, dass der FCL bis zum Feldverweis von Youan schwach verteidigte, den hoch pressenden Ostschweizern mit dem zag- und fehlerhaften Hintenherausspielen in die Karten spielte. Luzern stand hinten offen wie ein Scheunentor. Ohne die nötige Stabilität in der Defensive kann Trainer Fabio Celestini mit diesem begabten Team nichts gewinnen. Sechs Gegentore in zwei Spielen sind zu viel.