Mögen Sie Achterbahnen?
Andi Zeqiri: (Lacht.) Was ist das denn für eine Einstiegsfrage? Aber tatsächlich mag ich Achterbahnen sehr gerne. Ich war im Sommer an einem freien Wochenende zuletzt mit Dan Ndoye im Europapark auf einigen Bahnen. Je grösser und schneller, desto besser. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Sie können sich denken, warum wir hier über Achterbahnen reden. Auch Ihre Saison war bisher eine Achterbahnfahrt. Erst der Held gegen Bröndby und der Doppelpack gegen den FC Zürich, im Herbst dann nur noch zweite Wahl, im Winter gar ausgemustert und jetzt sind Sie wieder der Held mit fünf Toren im Jahr 2023. Wie war es als Passagier?
Alles in allem bin ich zufrieden. Aber Sie sagen es. Es begann gut, wurde dann sehr schwierig und unterdessen läuft es wieder. Im Fussball ändern sich die Dinge schnell.
Hat man Ihnen gesagt, warum Sie nur noch zweite Wahl waren?
Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Wir hatten viele Spiele, da wechselst du natürlich auch. Aber es gab schon Momente, wo ich wissen wollte, warum ich schon wieder draussen sitze. Und es war nicht einfach, die Antworten, die ich dann erhalten habe, nachzuvollziehen. Vielleicht wollte ich es auch nicht verstehen, weil ich so sehr spielen wollte.
Welche Gründe wurden Ihnen genannt?
Das bleibt unter Alex Frei, den ich nach wie vor sehr schätze, und mir.
Aufgrund des Formtiefs im Herbst verpassten Sie auch die WM.
Mein Traum platzte. Es hatte sich ja schon etwas abgezeichnet, da ich nur sieben Tore schoss und auch viel auf der Bank sass. Aber die Hoffnung starb erst, als Murat Yakin mich am Tag vor der Bekanntgabe des Kaders anrief. Es zeichnet ihn aus, dass er mir das in einem persönlichen Telefonat mitteilte.
Wie haben Sie die WM-Spiele verfolgt?
Zu Hause mit der Familie. Innerlich habe ich ein paar Tränen verdrückt, als ich die Schweizer spielen sah. Du denkst dir immer, da könnte jetzt auch ich sein. Das ist nicht einfach.
Im Winter hiess es, der FC Basel wolle Sie vorzeitig loswerden.
Es gab viele Nebengeräusche. Aber ich habe diese ausgeblendet und versucht, mich optimal auf die Rückrunde vorzubereiten und noch mal anzugreifen. Der Fokus lag auf mir und nicht auf Dingen, die Leute sagen.
Stimmen diese Dinge denn? Sollten Sie zurück nach Brighton, wo Sie noch bis 2024 unter Vertrag stehen?
Dazu will ich nur sagen, dass es für mich eine schwierige Situation war. Sehr schwierig. Als Spieler liest du solche Dinge nicht gern, egal ob sie stimmen oder nicht. Aber solange ich am Morgen aufstehe und Fussball spielen darf, können die Leute um mich herum sagen, was sie wollen. Da bin ich im Kopf stark genug.
Haben Sie im alten Jahr schon mit Heiko Vogel gesprochen?
Ja, wir haben diskutiert. Es war immer professionell. Deswegen konnte ich damit leben.
Was hat er Ihnen gesagt?
Das bleibt unter uns. Aber es sind Momente, in denen du als junger Spieler lernst. Heute sage ich: Was passiert ist, ist passiert.
Gab es einen Moment, in dem Sie den FCB verlassen wollten?
Nein, ich bin keiner, der Abenteuer bei Halbzeit abbricht.
Ihre Leihe läuft aus. Bleiben Sie über den Sommer hinaus?
Wer weiss das schon. Bis jetzt haben wir noch nicht darüber gesprochen. Ich bin offen für alle Optionen. Wenn mich der FCB behalten will und das Angebot stimmt, noch so gerne. Doch das schauen wir am Ende der Saison an.
Ist das nicht zu spät?
Vielleicht wird im Hintergrund schon diskutiert. Aber das interessiert mich im Moment nicht. Ich will Leistung bringen.
Wie ist Ihr Kontakt nach Brighton?
Gordon, ein Teambetreuer, kümmert sich um die Leihspieler. Wir schreiben uns fast jede Woche. Das ist super. Meinem Ex-Trainer Graham Potter habe ich gratuliert, als er zu Chelsea wechseln durfte. Mit seinem Nachfolger Roberto de Zerbi habe ich noch nicht gesprochen.
Wenn Sie heute entscheiden müssten: Brighton oder Basel ab Sommer?
Ich bin hier und es gefällt mir sehr, also sage ich Basel. (Lacht.)
Sie haben 2023 bereits fünfmal getroffen. Unter anderem hat Ihr Tor gegen Trabzonspor das heutige Achtelfinale in der Conference League ermöglicht.
Das war mein wichtigstes Tor für den FCB. Die Stimmung war unbeschreiblich, die Emotionen kochten hoch.
Sie klauten Michael Lang, der eigentlich besser postiert war, den Ball.
Ja, ich bin ein Stürmer, er ein Verteidiger. Deshalb musste ich das regeln (lacht).
Langs Gesichtsausdruck in der Szene zeigt, dass er damit alles andere als zufrieden war.
Wir haben darüber gelacht, weil ja alles gut ging. Hätte ich den nicht gemacht, hätte er mich wohl umgebracht. Aber als Stürmer muss ich solche Bälle nehmen und reinmachen. Ich war sicher, dass ich verwandle. Das war wichtig für den Klub.
Auch Ihr Tor zum 1:1 gegen St. Gallen im Cup vor einer Woche war wichtig.
Es war eine grossartige Mannschaftsleistung. Jetzt zeigen wir ein anderes Gesicht. Wir wollen zeigen, dass der FC Basel immer noch zu Grossem fähig ist.
Warum nicht immer so?
Schwer zu sagen. Heiko Vogel hat sicher neuen Wind gebracht. Er packt die Mannschaft an den richtigen Stellen an und hat einen unbedingten Willen kreiert, der uns zu Beginn der Saison vielleicht teilweise etwas gefehlt hat. Wir machen immer noch nicht alles richtig, aber Vogel hilft uns, uns stetig zu verbessern.
Warum funktioniert die Arbeitsweise von Vogel?
Er hat die deutsche Mentalität. Die kenne ich aus Augsburg und mit der kann ich mich identifizieren. Er ist sehr direkt, korrekt und ehrlich. Er trifft den richtigen Ton und als Spieler fühlt man sich wohl, wenn der Trainer sich so gut erklärt. Deshalb haben wir uns in den letzten Wochen so stark entwickelt.
Warum hat Alex Frei das nicht geschafft?
Es war auch unter Frei sehr gut. Er hat andere Qualitäten als Vogel. Aber Frei hatte es als Coach nicht einfach. Wir hatten alle drei Tage ein Spiel, auf das er uns als neue Mannschaft optimal vorbereiten musste. Eine Situation, die für alle nicht leicht war und die er als Trainer so auch noch nicht kannte.
Ist für die junge FCB-Mannschaft ein erfahrener Trainer wie Heiko Vogel die bessere Lösung als Alex Frei?
Da bin ich der Falsche, um das abschliessend zu beurteilen. Aber wenn man Heiko Vogel jetzt sieht, merkt man, dass er seine Arbeit im Griff hat und dass seine grosse Erfahrung uns hilft. Du musst ihm nur zuhören, es umsetzen, und es funktioniert.
Wie kommunizieren Sie mit ihm?
Er kann sicher besser Französisch als ich Deutsch (lacht). Aber Englisch geht auch und im Fussball brauchst du eh nur zwanzig Wörter.
Sie loben Vogel über den grünen Klee, aber er will gar nicht Trainer bleiben. Finden Sie das schade?
Das ist seine Entscheidung. Aber er kann ja weiterhin beides machen (lacht). Das wäre gut.
Das kann aber kaum eine langfristige Lösung sein.
Vielleicht können wir ihn ja noch überzeugen. Aber im Fussball weisst du nie. Heute ist alles gut, aber was ist in zwei Monaten? Wichtig ist, dass wir die Füsse auf dem Boden lassen und unseren Job machen. Und der heisst beim FC Basel, alle drei Tage performen. Nichts anderes erwartet man auch von mir.
Aktuell läuft es. Sie spielen und treffen. Was machen Sie, damit das so bleibt?
Das ist Teamwork. Wenn wir zusammen erfolgreich sind, treffe ich automatisch. Wir müssen diesen Willen, jedes Spiel erfolgreich zu gestalten, aufrechterhalten. Da spielt der Kopf eine entscheidende Rolle.
Wo können Sie sich persönlich verbessern?
Ich schaue gerne meine Spiele noch mal an und bemerke dann Details, wie ich mich in gewissen Situationen hätte bewegen oder abschliessen sollen. Diese Details machen am Ende den Unterschied. Wenn du sie automatisch besser machst, wirst du ein besserer Spieler.
Was empfinden Sie, wenn Sie sehen, wie Sie nach Zweikämpfen oft theatralisch am Boden liegen und sich winden?
Das ist ein kleiner Teil des Spiels. Ein bisschen Show gehört dazu, auch um den Gegner zu nerven.
Das macht Sie aber unsympathisch. Ist Ihnen das egal?
Es geht darum, ein unangenehmer Gegner zu sein. Es gefällt mir, wenn man mich auf dem Platz nicht mag. Das gehört für mich seit jeher dazu. Schon als Kind habe ich beim Uno die Gegner aufgezogen und auch heute kommt in diesen Situationen auf dem Fussballfeld das Kind in mir raus (lacht).
Brauchen Sie das, um 100 Prozent zu geben?
Vielleicht.
Brauchen Sie Ihre Handbandage, die Sie schon seit längerem tragen?
Nein. Das ist Aberglaube. Gegen Luzern hatte ich Schmerzen an der Hand, seither läuft's und darum bleibt die Bandage dran.
Zeki Amdouni und Karim Benzema tragen auch Handbandage. Ein Zufall?
Das weiss ich gar nicht. Aber sicher ist Benzema nach Cristiano Ronaldo eines meiner grössten Idole.
Und Amdouni Ihr kongenialer Partner im FCB-Sturm.
Ja, wir verstehen uns und haben Spass zusammen. Das sieht man. Auch neben dem Platz gehen wir immer wieder gemeinsam essen. Dann sind oft auch noch Ndoye, Pelmard, Augustin, Diouf, Vogel oder Sène mit dabei.
Die deutschsprachigen Mitspieler dürfen nicht mit?
Doch, doch. Das kommt auch vor, aber eher selten (lacht).
<- Andi Zeqiri 👍