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Töffstar Marc Marquez und die unheimlichen Erinnerungen an die Zukunft

Marc Marquez steckt in der Krise. 
Marc Marquez steckt in der Krise. Bild: MAX ROSSI/REUTERS

Töffstar Marc Marquez und die unheimlichen Erinnerungen an die Zukunft

Der Überflieger der letzten beiden Jahre ist unsanft gelandet. Ist Marc Marquez, der Weltmeister von 2013 und 2014, am Ende doch ein Bruchpilot?
01.06.2015, 10:1101.06.2015, 10:23
klaus zaugg, mugello
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Drehen wir das Rad der Zeit ein wenig zurück und wir finden eine Erklärung für die Gegenwart. Katar. Erstes Rennen zur Moto2-WM 2012. Marc Marquez drängt Tom Lüthi eingangs der letzten Runde im Kampf um den Sieg mit einer gezielten Aktion von der Piste. Er gewinnt, für den Schweizer bleibt noch Rang 5. Der wahre Marc Marquez.

Inzwischen ist der Spanier ein MotoGP-Superstar. Er wird 2013 in der Königsklasse der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Den Titel hat er 2014 verteidigt. Aber jetzt schwinden seine Chancen. In Mugello hat er durch Sturz bereits den zweiten «Nuller» der Saison eingefahren. Der Rückstand auf WM-Leader Valentino Rossi ist auf 39 Punkte angewachsen. Krise. Tiefe Krise.

Wir sehen nun erneut den wahren Marc Marquez. Unheimliche Erinnerungen an die Zukunft. Er fährt wieder wie 2012. Wild und rücksichtslos. Weil die Werkshonda die technische Überlegenheit von 2013 und 2014 gegenüber Yamaha und Ducati eingebüsst hat.

«Glückspilz» Marquez

Selbst für einen Superstar gilt: Talent ist nur die Grundlage für Erfolg. Es braucht auch eine gute Maschine, ein gutes Team und wenn schon kein Glück, dann wenigstens die Abwesenheit von Pech. Der Faktor Glück wird oft unterschätzt. Wenn einer bei Tempo 200 stürzt, dann kann er noch so gut trainiert, kann die Strecke noch so sicher sein – unverletzt bleibt er nur, wenn er auch Glück hat. Das Schicksal kann auch die Karriere eines Titanen beenden, wenn ihn das Glück verlässt. Wayne Rainey, Kevin Schwantz oder Mick Doohan sind Beispiele dafür.

Marc Marquez hat sein Glück schon oft ausgereizt.
Marc Marquez hat sein Glück schon oft ausgereizt.Bild: MAX ROSSI/REUTERS

Marc Marquez ist erst 22 und hat schon mehr Glück beansprucht als andere Titanen während einer ganzen Karriere. 2013 übersteht er in Mugello einen Horrorsturz mit ein paar Prellungen. Er gerät am Ende der Start/Zielgeraden von der Piste ab und rast mit über 340 km/h schräg auf die Mauer zu. Im letzten Augenblick lässt er die Maschine fahren und stiefelt anschliessend praktisch unverletzt davon.

Sein göttliches Talent ist unbestritten. Er hat 20 seiner bisher 42 MotoGP-Rennen gewonnen. Bei Valentino Rossi sind es 84 von 258. Der Spanier ist wahrscheinlich der extremste Siegfahrer der letzten 30 Jahre. So unerbittlich und bisweilen rücksichtslos auf Sieg ist selbst Rossi nie gefahren. 

Der wahre Marquez

Die technische Überlegenheit der Honda hat dazu geführt, dass wir den wahren Marc Marquez 2013 und 2014 beinahe vergessen haben. Er siegte meistens im Stile eines Gentlemans und gewann 2014 die ersten zehn Rennen der Saison. Die Götter musste er dabei nicht mehr herausfordern.

Doch jetzt ist die technische Überlegenheit dahin. In Mugello ist der wilde Spanier auf Biegen und Brechen gefahren, wie zuletzt in der Moto2-WM. Er begann das Rennen aus der 5. Startreihe (13. Im Training) und die verwegene Aufholjagd endete auf dem Hosenboden. 

Alles oder nichts: Marquez' Husarenritt endet im Kies.
Alles oder nichts: Marquez' Husarenritt endet im Kies.Bild: EPA/ANSA

Sein Unfall Nummer 30 (!) seit dem Einstieg in die Königsklasse im Frühjahr 2013. Im gleichen Zeitraum sind seine stärksten Rivalen Jorge Lorenzo und Valentino Rossi bloss fünf- bzw. neunmal umgekippt. Um zu verstehen, dass so auf Dauer Scheitern programmiert ist, braucht es keinerlei Kenntnis über den Motorradrennsport. Zahlenverständnis genügt.

Episode oder Ära?

Honda steckt in der Krise. Aber der weltgrösste Motorradhersteller wird die Probleme zügig lösen. Vielleicht sogar schon im Laufe dieser Saison. Es lohnt sich für Marc Marquez nicht, wegen ein paar Rennen oder einer Saison die Zukunft aufs Spiel zu setzen.

Der Titelverteidiger ist erst 22 und bereits zweifacher Weltmeister und 20-facher GP-Sieger in der Königsklasse. Er hat das Talent, um die wichtigste Töff-WM in den nächsten zehn Jahren zu dominieren und ein ganzes Zeitalter zu prägen, das dann als «Ära Marquez» in die Geschichte eingehen wird.

Aber zuerst muss er ein Champion werden wie Valentino Rossi. Das bedeutet: Das Risiko klüger dosieren. Das Glück nicht zu oft beanspruchen. Die Götter nicht zu stark herausfordern. Auch mit bloss gleichwertigem oder gar unterlegenem Material in Frieden leben und fahren lernen. Sonst bleibt die Karriere von Marc Marquez bloss eine Episode in der Töffgeschichte.

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