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Tom Lüthi und die beste Töff-Ausrede aller Zeiten

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Manager Daniel M. Epp der Kommunikations-Profi

Tom Lüthi und die beste Töff-Ausrede aller Zeiten

Von Tom Lüthis Manager Daniel M. Epp können alle Sportmanager noch viel lernen. Beispielsweise die hohe Kunst der Ausrede.
30.05.2014, 19:0702.06.2014, 17:46
klaus zaugg, mugello
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Wenn im Töff-Rennsport die Resultate nicht mehr ganz stimmen, dann kommen die Kommunikationskünstler zum Zuge. Der Motosport kostet viel Geld und es ist überlebenswichtig, die Geldgeber bei Laune zu halten. Gut, dass Tom Lüthis Freund und Teamchef Daniel M. Epp soeben die beste Töff-Ausrede aller Zeiten lanciert hat. 

Die Ambitionen seines Piloten sind klar: Siege und Kampf um den Moto-2-WM-Titel. Das erwarten die Fans und, noch viel wichtiger, auch die Sponsoren vom Sportler des Jahres 2005. Bald beginnen die Gespräche mit der international tätigen österreichischen Sportwetten-Firma «Interwetten» über ein weiteres hohes sechsstelliges Engagement für die Saison 2015. 

Daniel M. Epp.
Daniel M. Epp.Bild: Waldemar Da Rin

Sein Schützling befindet sich in der grössten Krise seit vier Jahren

Nach sehr guten Vorsaisontests steckt Tom Lüthi in seiner schwersten sportlichen Krise seit dem Aufstieg in die Moto 2-WM (2010). Bloss der 6. Platz im WM-Zwischenklassement. 59 Punkte Rückstand auf WM-Leader Esteve Rabat und 18 auf den Erzrivalen Dominique Aegerter. Kommt dazu, dass in dieser Saison die Suter-Piloten (wie Tom Lüthi, Dominique Aegerter, Alex De Angelis oder Nicolas Terol) alle mehr oder weniger Probleme haben. 

Die Kalex-Chauffeure (wie Esteve Rabat, Mika Kallio, Maverick Vinales) fahren hingegen von Triumph zu Triumph. Das deutsche Edelprodukt ist offensichtlich in dieser Saison der Schweizer Produktion aus Turbenthal überlegen. Allerdings hat Dominique Aegerter auf der Suter diese Saison das beste Karriere-Resultat (2. in Jerez) plus einen weiteren Podestplatz herausgefahren. 

Aegerter (l.) war diese Saison schon auf dem Podest.
Aegerter (l.) war diese Saison schon auf dem Podest.Bild: Marcelo del Pozo/REUTERS

Problemlösung ist im Motorsport sehr schwierig, eher noch heikler als im Mannschaftssport. Weil jede technische Veränderung am Fahrzeug einen Rattenschwanz von weiteren technischen Reaktionen auslöst. Die Gefahr, die Übersicht zu verlieren und sich im Kreis zu drehen, ist gross. Will heissen: Die Lösung eines Problems kann eine Serie von neuen Schwierigkeiten auslösen. Eine Krisenbewältigung auf Knopfdruck gibt es nur sehr, sehr selten.  

Epp der Kommunikator

Daniel M. Epp ist mit Tom Lüthi seit 2002 in diesem Geschäft. Er ist einer der smartesten Verkäufer im Fahrerlager. Deshalb gelingt es ihm seit zwölf Jahren aus dem kleinen Markt Schweiz heraus ein GP-Rennteam zu finanzieren. Der Aufwand liegt bei gut zwei Millionen Franken im Jahr. Dem Baselbieter gehört die Ehrendoktor-Würde der Kommunikations-Wissenschaften. 

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Sein Pilot braucht nach den enttäuschenden letzten Resultaten (6. in Texas, 19. in Argentinien, 10. in Jerez, 8. in Le Mans) eine Verschnaufpause. Zumal er in Jerez und Le Mans auch noch von seinem Erzrivalen Dominique Aegerter besiegt worden ist. Und so kreierte Daniel M. Epp am Freitag in Mugello die beste Töff-Ausrede aller Zeiten. Er hat die beiden nächsten Rennen (am Sonntag hier in Mugello und zwei Wochen später in Barcelona) flugs zu Test-GP erklärt.

«Wir suchen nach Lösungen. Wir werden hier in Mugello nach dem Rennen und nach dem GP in Barcelona erneut testen und dann anschliessend in Aragon noch einmal. Nach Abschluss dieser Tests sehen wir weiter. Wir haben also zwei Test-GP.»

Die Saison als Titelanwärter begonnen und nach fünf Rennen werden bereits zwei GP zu Testanlässen degradiert. Das ist eine hoch entwickelte Ausredenkultur. Fährt Tom Lüthi bei den nächsten zwei Rennen nicht in die vordersten Ränge – kein Problem: Es waren ja zwei Test-GP. Schafft er doch Spitzenklassierungen, dann strahlen seine Heldentaten in noch hellerem Licht. 

«Wir suchen nach Lösungen.»
Daniel M. Epp.

Der Rückzug

Und so schützt der Manager auch seine Entscheidung. Er hat vor zwei Jahren erst im letzten Moment einen eigentlich schon vollzogenen Wechsel von Suter zu Kalex wieder rückgängig gemacht. Wie Gewährsleute berichten, war der Kalex-Vertrag schon bis zur Unterschriftsreife ausgefertigt worden.

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Tom Lüthi wäre selber nie auf die grandiose Ausreden-Idee seines Managers und Teamchefs gekommen. Er spricht einfach von den Schwierigkeiten bei der Suche nach der idealen Abstimmung. Gestern hat er eine steifere Version des Suter-Fahrwerks versucht und im ersten freien Training am Vormittag immerhin den 4. Platz erreicht. Am Nachmittag kam der Regen, die Zeiten konnten nicht mehr verbessert werden. Die gestrigen Trainingsklassierungen (4. Tom Lüthi, 18. Randy Krummenacher, 25. Dominique Aegerter) sagen noch kaum etwas aus.  

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