Die NFL-Saison hat bereits ordentlich Fahrt aufgenommen und geizt nicht mit packenden Spielen und saftigen Storylines. So auch in Woche 3, in der so manch überraschende Tendenz gefestigt wurde. Aber zuerst ein Blick auf die Resultate.
Wie es im American Football nun mal ist, erzählen die Resultate nicht immer die ganze Geschichte. Darum hier eine nicht abschliessende Auswahl jener Highlights, die das Fleisch an den Resultat-Knochen bringen.
Russell Wilson bastelt – Stand Woche 3 der NFL-Saison – fleissig an seinem ersten Regular-Season-MVP-Award. Der 31-Jährige hat zwar bereits einen Super-Bowl-Ring in seinem Palmares, allerdings wurde er bei individuellen Auszeichnungen bislang übergangen, wenn man so will. 2020 lautet die Frühdiagnose nun, dass es sein Jahr werden könnte.
Wilson brillierte mit 14 geworfenen Touchdowns in den ersten drei Spielen – so viel wie kein anderer Spieler vor ihm in der Geschichte der NFL. Wie gut er nebst dieser Kennzahl bislang gespielt hat, wird in Anbetracht der folgenden Erläuterung klar:
If you want to know what kind of season #Seahawks QB Russell Wilson is having so far, consider that he threw for 315 yards, 5 touchdowns and no interceptions Sunday, and his season passer rating went down.
— John Boyle (@johnpboyle) September 28, 2020
Der MVP-Award zeichnet bekanntlich den wichtigsten Spieler der Liga aus. Auf keinen trifft das bislang so treffend zu wie auf den Quarterback der Seattle Seahawks. Denn: Die Seahawks-Defense hat pro Spiel über 450 Yards zugelassen, insgesamt gar lediglich 6 (!) Yards weniger als die Defense der historisch schlechten Miami Dolphins 2019 über drei Spiele verteilt.
Remarkably, the Seahawks have not given up the most yards in NFL history through three games. Thank the 2019 Miami Dolphins.
— Brian Nemhauser (@hawkblogger) September 28, 2020
1. MIA 1,498 (2019)
2. SEA 1,492
3. WAS 1,464 (2013)
Geht es so weiter, dürfte kaum Zweifel daran bestehen, welcher Spieler sein Team am ehesten auf eigenen Schultern trägt.
Nebst Wilson steht es jedoch nicht allzu rosig um die Seahawks. So steht eine Aktion von Cornerback Tre Flowers aus dem Spiel gegen die Dallas Cowboys sinnbildlich für die momentane defensive Verfassung des Teams.
Doch auch offensiv ist nicht alles so rosig, wie's auf den ersten Blick scheint. Nicht nur hat sich Starting-Runningback Chris Carson nach einem böswilligen Tackling von Cowboys-DT Trysten Hill womöglich gröber verletzt, nein, auch Widereceiver D.K. Metcalf verfiel im dümmstmöglichen Moment der nachlässigen Arroganz.
Immerhin: Metcalf kam dennoch zu seinem Redemption-TD im vierten Viertel, was sogleich den Sieg der Seahawks besiegelte. Für einmal hielt die O-Line der Seahawks dem steten Druck der Edge Rusher der Cowboys stand, was Wilson genügend Zeit verschaffte, Metcalf fein säuberlich frei zu spielen.
Der Hype um Patrick Mahomes, Quarterback der Kansas City Chiefs, ist gross – berechtigterweise. Immer wieder sorgt er durch sein Spielverständnis und seine Improvisationsfähigkeit für Spektakel. Dabei vergisst man gerne, dass er nicht der einzig aktive Magier auf einem NFL-Gridiron ist.
Football-Fans auf watson wissen zum Beispiel, dass ich immer noch sehr grosse Stücke auf den alten Hasen Aaron Rodgers halte. Auch diese Woche rief der Quarterback der Green Bay Packers auf gekonnt subtile Weise sein ganzes Können ab.
Auch sonst bewies Rodgers seine Qualitäten als Field General und diktierte das Tempo des Spiels enorm abgeklärt. Ein kleines Schmankerl wurde dann noch den Freunden des gepflegten Touch Passes dargeboten, als er beinahe schon verspielt einen Touchdown auf Tightend Mercedes Lewis warf.
Apropos Widereceiver: Rodgers musste ohne Superstar Davante Adams auskommen, was bedeutete, dass das Receiver-Corps aus einem Fünftrunden-Pick und drei Undrafted Free Agents bestand, die allesamt weniger als drei NFL-Saisons auf dem Buckel hatten. Für den Sieg gegen die New Orleans Saints hat's (dank Rodgers) dennoch gereicht. Kudos.
Punkt 4 heisst, dass es höchste Zeit wird, wieder mal die vermeintlich kleinen Aktionen des NFL-Wochenendes wertzuschätzen. So gibt es für wahre Football-Fans kaum etwas Befriedigenderes, als zu sehen, wie sich ein Spieler aus eigener Kraft das verloren geglaubte First Down mittels schierem Talent erkämpft.
.@TeamJuJu backpedals for a @steelers first down! 👏 #HereWeGo
— NFL (@NFL) September 27, 2020
📺: #HOUvsPIT on CBS
📱: NFL app // Yahoo Sports app: https://t.co/9RobDGGsOD pic.twitter.com/CUy0ixrG6e
Die Super-Bowl-Finalisten der letzten Saison erlebten einen brutalen Start in die Saison. Zuerst verlor man das Eröffnungsspiel gegen die Arizona Cardinals, dann schlug in Week 2 und nun auch in Week 3 die Verletzungshexe zu. Mit beiden Händen. Hier eine nicht abschliessende Auswahl der Verletzten:
Zum Glück jedoch spielten die 49ers gegen die New York Giants. Trotz der Verletzten gelang es dem Team von Coach Kyle Shanahan nämlich, das Spiel zu gewinnen, ohne auch nur einmal den Punter aufs Spielfeld schicken zu müssen.
Unter anderem gelang dieses Husarenstück durch das kluge und den Umständen angepasste Play-Calling des Coaching-Staffs. So wurde beispielsweise Rookie-Receiver Brandon Aiyuk als Hybrid zwischen Receiver und Runningback eingesetzt, was die Offense unberechenbar machte.
Brandon Aiyuk goes untouched for the 19-yard TD run! #FTTB
— NFL (@NFL) September 27, 2020
📺: #SFvsNYG on FOX
📱: NFL app // Yahoo Sports app: https://t.co/9RobDGGsOD pic.twitter.com/ppDN0E1FLV
So. Zeit für ein wenig schönes Bildmaterial. Und was gibt es schon Schöneres, als Star-Runningback Alvin Kamara dabei zuzusehen, wie er einfach anmutend zum Touchdown tänzelt?
Seit Odell Beckham Junior bei den Cleveland Browns spielt, will es beim exzentrischen Widereceiver nicht mehr so richtig laufen. Seine Leistungen sind unkonstant, die Chemie mit QB Baker Mayfield einfach nicht wirklich vorhanden. Dies zeigte sich auch dieses Wochenende wieder.
Nachdem Beckham Jr. bei einem weiteren Play-Action-Play eine saubere Route in die Tiefe läuft, zieht Mayfield ab – allerdings mit zu wenig Schmackes. Auf dem Ball steht gut sichtbar «INTERCEPTION» geschrieben. Doch OBJ reagiert vorbildlich und schlägt den Pass in der Manier eines Cornerbacks aus den Händen des Defensive Backs.
#Browns CB Odell Beckham Jr. with a pass deflection. 😉pic.twitter.com/1o80MYxQqu
— NFL Update (@MySportsUpdate) September 27, 2020
Und wenn OBJ schon nicht OBJ-mässige Catches macht, so übernimmt's halt ein anderer ...
Den Falcons scheint dieses Jahr nichts gelingen zu wollen. Letzte Woche schenkten sie den Sieg nach 15 Punkten Vorsprung den Dallas Cowboys, diese Woche setzten sie noch einen drauf und vergaben einen 16-Punkte-Vorsprung gegen die Chicago Bears.
Over the last 20 seasons, no team has blown multiple 15-point fourth quarters leads in a single season.
— Field Yates (@FieldYates) September 27, 2020
The Falcons just did it in back-to-back weeks.
The Falcons had a 99.9% win probability against the Cowboys and lost.
— Jordan Heck (@JordanHeckFF) September 27, 2020
The Falcons had a 99.6% win probability against the Bears and lost.
Back to back weeks. pic.twitter.com/RoBag3lnHU
Die Panik davor, Vorsprünge zu vergeben, scheint seit der Super-Bowl Niederlage von 2017 gegen die New England Patriots Teil der DNA der Falcons zu sein.
ATL decided to punt to CHI from the CHI 40 on 4th & 5 with 3:47 remaining in the 3rd while winning 26 to 10.
— Surrender Index 90 (@surrender_idx90) September 27, 2020
With a Surrender Index of 9.64, this punt ranks at the 96th percentile of cowardly punts of the 2020 season, and the 92nd percentile of all punts since 2009.
Die Luft für Headcoach Dan Quinn dürfte zusehends knapper werden.
Auch wenn es für die Minnesota Vikings gegen die Tennessee Titans nicht für den Sieg reichte, so war das Team von Headcoach Mike Zimmer dennoch für zwei Highlights fürs Auge gut.
Zum einen zeigte Rookie-Receiver Justin Jefferson, wieso er in der ersten Runde gedraftet wurde. Zuerst eine sauber gerannte Route, dann der Cut zwischen Cornerback und Safety und abschliessend der neckische Spaziergang in die Endzone. Wie ein alter Hase.
#Vikings rookie 1st round pick Justin Jefferson with a 71-yard TD for his first career score.pic.twitter.com/zQcxZKYzmW
— Dov Kleiman (@NFL_DovKleiman) September 27, 2020
Zum anderen wäre da noch Tightend Kyle Rudolph, den man auch als «Rudolph the Redzone Reindeer» betiteln dürfte. Die Augen-Hand-Koordination bei seinem Touchdown-Catch ist erster Güte, während der Toe Drag jenem von Julio Jones in nichts nachsteht.
Dass Myles Garrett ein gefürchteter Pass Rusher ist, kommt nicht von ungefähr. Der athletische Defensive End der Cleveland Browns ist nicht nur unzimperlich, wenn es darum geht, Quarterbacks mit dem Helm zu schlagen (man erinnere sich an letzte Saison und sein Rencontre mit Mason Rudolph), sondern auch dann, wenn es darum geht, einfach nicht loszulassen.
Zum Schluss noch dies: Neben den wenigen Zuschauern, die in Denver im Stadion unter Social-Distancing-Massnahmen zugelassen sind, sind auch die Charaktere der Cartoon-Serie «South Park» (die ebenfalls in Colorado spielt) zugegen.
In addition to the 5700 or so live socially distanced fans, the #Broncos will have the entire town of "South Park" in the stands today... pic.twitter.com/QN1cEKfQpa
— Benjamin Allbright (@AllbrightNFL) September 27, 2020
Und wie man sieht, tragen auch die alle brav eine Atemschutzmaske.
Da hat sich das Aufbleiben gelohnt!