Der Tag begann mit Courant normal und endete im Chaos: Sandra Näslund untermauerte im Olympiarennen der Skicrosserinnen ihre Dominanz, setzte sich Runde für Runde souverän durch und gewann Gold.
Fanny Smith überquerte den Final-Lauf auch mit lädiertem Knie auf einem Medaillenrang – und wurde dann zur Überraschung vieler vom 3. auf den 4. Platz zurückversetzt. «Intentional Contact», lautete das Urteil, absichtlicher Kontakt mit einer Gegnerin.
Dass der umstrittene Entscheid die Emotionen im Schweizer Lager am stärksten hochkochen liess, liegt in der Natur der Sache. Ralph Pfäffli und die Schweizer standen mit ihrer Meinung aber nicht alleine. Die für gewöhnlich gemässigt-sachliche österreichische Presseagentur apa titelte über das schwache Abschneiden der ÖSV-Athleten: «Skicross-Scheitern als Randnotiz, Bronze-Eklat».
Nicht nur für Ralph Pfäffli handelte es sich bei der Gelben Karte, die sich Fanny Smith für ein Rencontre mit der viertplatzierten Deutschen Daniela Maier bei einem Ausweichmanöver vor dem Zielsprung einhandelte, um einen groben Fehlentscheid. «In dem Manöver war definitiv keine Absicht», sagte der Nationalcoach und kritisierte die Jury scharf. Nachfolgend Auszüge seiner Aussagen nach dem aufwühlenden Rennen:
«Diesen Entscheid versteht niemand. Es gab eine Berührung, einen Ski-Kontakt bei 50, 60 km/h über eine Wellenbahn auf einen Sprung zu. Fanny Smiths Ski schert aus, die Jury taxiert das als sogenannten Sidekick. Sie spricht von Absicht, dabei ist das ein absoluter Unsinn.»
«Ich glaube, nicht einmal Daniela Maier dachte, dass im weitesten Sinn etwas Unerlaubtes vorgefallen ist. Dann wäre noch eher das Manöver von Marielle Thompson mit dem Arm-Einsatz gegen Fanny Smith in der Kurve davor zu untersuchen gewesen. Die Jury hat immer noch nicht begriffen, dass eine kleine Berührung an den Ski grosse Auswirkung auf die Skiführung hat.»
«In der Jury sitzt einer, der vom Snowboardcross kommt. Der kann schlecht beurteilen, wie sich ein Ski bei einer Berührung verhält. Ein anderer kommt aus Deutschland. Ob das einen Einfluss hat, will ich nicht beurteilen.»
«Es ist nicht das erste Mal, dass es schwer nachvollziehbare Entscheide gibt, aber so einen Eingriff in eine Medaillen-Entscheidung habe ich an einem Grossanlass noch nie erlebt. Das ist ein schwarzer Tag in meiner 20-jährigen Trainerkarriere. Normalerweise bin ich ein Typ, der Entscheide gut akzeptieren kann. Aber so ist es sehr bitter. Für alle vier Finalistinnen und für die ganze Menge im Ziel hat das Resultat gestimmt.»
«Für Fanny Smith ist das brutal. Durch diesen völlig unverständlichen Entscheid wird eine Athletin zerstört. Sie hätte diese Bronzemedaille klar verdient. Vielleicht hat es sie getroffen, weil sie schon lange dabei ist und immer schlitzohrig fährt.»
«Wir klären unsere Möglichkeiten ab, um dieses Urteil anzufechten. Wir haben aber wenig Zeit und ich befürchte, dass uns wenig Optionen bleiben. Die Gültigkeit der Resultate an Olympischen Spielen dürften ziemlich gut abgesichert sein. Es handelt sich wohl um so etwas wie einen Tatsachenentscheid im Fussball.» (ram/sda)