Mit Sportfilmen ist das ja immer so eine Sache. Realistisch sind die Szenen, die sich darin auf dem Fussballplatz, dem Eishockeyfeld oder dem Basketballcourt abspielen, so gut wie nie. Deshalb dürften auch viele Motorsportfans mit einer gewissen Skepsis an den Film «F1» mit Brad Pitt in der Hauptrolle herangehen. Diese dürfte aber schnell verfliegen.
Denn die Macher des Apple-Films, der am heutigen Mittwoch in die Schweizer Kinos kommt, legten grossen Wert auf die Authentizität der Rennszenen. Dafür holten Produzent Jerry Bruckheimer und Regisseur Joseph Kosinski, die schon bei «Top Gun: Maverick» zusammenarbeiteten, auch Lewis Hamilton ins Boot. Der siebenfache Formel-1-Weltmeister sorgte dafür, dass selbst kleinste Details wie der Klang der Wagen je nach Position auf der Strecke stimmen. «Joseph und Jerry wollten den authentischsten Rennfilm der Geschichte machen», erklärt Hamilton, der findet: «Das ist definitiv zu spüren.»
Rast Brad Pitt als Sonny Hayes über die Leinwand, wähnt man sich tatsächlich mitten im Geschehen. Die Szenen wurden auf den echten Rennstrecken – von Silverstone bis Abu Dhabi – gedreht, das Bildmaterial stammt aus den offiziellen Grands Prix. Der fiktive elfte Rennstall APXGP, für den Hayes und Teamkollege Joshua Pearce (Damson Idris) fahren, bekam zwischenzeitlich gar eine eigene Garage in der Boxengasse, die beiden Schauspieler nahmen an Aufwärmrunden teil und standen vor dem Rennen neben den 20 Fahrern der Formel 1. Die von Mercedes modifizierten Formel-2-Wagen wurden von Pitt und Idris selbst gesteuert – auch beim Fahrtraining half natürlich Hamilton – und dann digital in die echten Rennszenen hineinversetzt.
Trotz der spektakulären und realistischen Bilder ist es aber immer noch ein Hollywood-Film. Das stellte auch Produzent Bruckheimer im Vorhinein klar: «Es ist keine Dokumentation, das müsst ihr verstehen.» Dennoch sei alles, was Brad Pitt und die weiteren Fahrer im Rennen tun, bereits einmal von einem echten Formel-1-Fahrer getan worden. Der Crash, der die vielversprechende Karriere von Pitts Charakter Sonny Hayes in der Königsklasse des Motorsports einst jäh stoppte, basiert auf jenem von Martin Donnelly im Jahr 1990 in Jerez.
An diesen erinnert sich Hayes immer wieder, auch einmal in Albträumen. Abseits des Formel-1-Zirkus ist er ein erfolgreicher Fahrer, der aber in die Jahre gekommen ist. Pitt passt hervorragend in die Rolle des eigenwilligen, aber charmanten Altstars. Durch einen alten Freund, gespielt von Javier Bardem, bekommt er dennoch eine zweite Chance in der Formel 1. Beim schlechtesten Team mit einem Rookie als Teamkollegen, mit dem Hayes schnell aneinandergerät. Dass sich die beiden irgendwann anfreunden und APXGP plötzlich vorne mitfährt, gehört ebenso zu Hollywood wie die Liebesgeschichte zwischen Hayes und der Technikdirektorin des Rennstalls, die von Kerry Condon gespielt wird.
Im gut zweieinhalb Stunden dauernden Film nimmt diese aber nur wenig Raum ein, vielmehr spielt sich «F1» auf der Strecke und in der Boxengasse ab. Auf fesselnde Rennszenen folgen spannende Einblicke in jenen Teil der Formel 1, welcher der Welt ansonsten häufig vorenthalten bleibt. Fast stärker als in der Netflix-Dokuserie «Drive to Survive» werden das Geschehen hinter den Kulissen oder die Aufgaben der sonst verborgenen Charaktere gezeigt. Wie zum Beispiel eine Mechanikerin oder eben die Technikdirektorin, die an der Aerodynamik feilt.
Die Fans der Netflix-Serie, die aufgrund ihrer Überdramatisierung nicht bei allen Fahrern gut ankommt, werden im Film auf die Schippe genommen. Der Investor des Teams APXGP stellt sich Sonny Hayes als grossen Formel-1-Fan vor, der alle Staffeln von «Drive to Survive» geschaut habe und sich jetzt extrem gut auskenne. Pitts Charakter hat dafür nur ein müdes Lächeln übrig.
Dass die Formel 1 Tür und Tor geöffnet hat, ist eine weitere Stärke des zumindest für Motorsportfans sehr kurzweiligen Films. Der dafür verantwortliche CEO Stefano Domenicali erhofft sich dadurch aber auch das Erschliessen einer neuen Zielgruppe. Produzent Bruckheimer erklärt: «Es ist unser Job, den Film auch Nicht-F1-Fans schmackhaft zu machen. Wir werden viele Rennsportfans in die Kinos bekommen, aber wir brauchen die anderen.»
Ob diese genauso viel Freude an dem Film finden werden wie Formel-1-Fans, muss sich erst noch zeigen. Auszuschliessen ist dies aufgrund der gelungenen Erzählung von den Machern Jerry Bruckheimer und Joseph Kosinski gemeinsam mit Lewis Hamilton nicht. Denn neben einem spannenden Einblick in diesen Sport sorgen Brad Pitt, Javier Bardem und Co. auch für gute Unterhaltung. Und wenn der 61-jährige Pitt sogar Rekordweltmeister Hamilton überholt, ist die Hollywood-Geschichte perfekt.
Bin gespannt ob der da mithalten kann.
Kam auch schon mal vor. Brawn GP hat es geschafft.