Für die Olympische Familie ist die Gleichberechtigung eine wichtige Sache. Inzwischen sind bis auf die nordische Kombination, rhythmische Sportgymnastik, Turnen auf dem Schwebebalken oder Synchronschwimmen fast alle Olympische Disziplinen für Männer und Frauen offen.
In unserer Hockeyfamilie harzt es hingegen schon noch ein wenig mit der Gleichberechtigung. Das ist halt ein wenig eidgenössisch. Wir haben das Frauenstimmrecht ja auch erst 1971 eingeführt.
Natürlich sind unsere Hockey-Frauen olympisch. Sie haben soeben gegen Kanada trotz tapferer Gegenwehr 1:12 verloren. Standesgemäss. Die Kanadierinnen sind einfach zu gut und haben bei Titelturnieren (WM und Olympia) erst ein einziges Spiel gegen ein europäisches Team verloren (gegen Finnland bei der WM).
Die mutige Spielweise der Schweizerinnen führte zu erstaunlichen Spektakelszenen. Aber eben auch zu Aussetzern. Die tüchtige Torfrau Andrea Brändli war in einem schwierigen Spiel so etwas wie die Antwort des Frauenhockeys auf Robert Mayer: Grandiose Paraden und verblüffende Aussetzer hinter einer Lotterabwehr.
Aber der Stellenwert der Frauen in unserer Hockeykultur ist zu wenig hoch. Nur zwei Klubs der National League (ZSC Lions, Lugano) führen eine Frauenabteilung und die finanzielle Förderung durch den Verband ist so schäbig, dass die Verantwortlichen die Zahlen schamhaft verschweigen.
Und so ist es bemerkenswert, dass sich ein Schweizer auf allerhöchster Ebene fürs Frauenhockey einsetzt. Danny Kurmann, Luzerner mit Wohnsitz im Kanton Zug war einst ein berühmter Schiedsrichter. 1999 unser erster Profi-Ref. Er hat sich in gefühlt zahllosen Partien auf nationaler und internationaler Ebene, auch bei WM- und Olympiaturnieren bewährt. 2012 hatte er gar den Mut, im 7. Finalspiel in Bern den titelbringenden Siegestreffer der ZSC Lions Sekunden vor Schluss zu geben. Die Uhr war noch nicht mit dem TV-Bild gekoppelt. Er hätte das Tor nicht geben müssen.
Heute ist Danny Kurmann (57) als Chef der Schiedsrichter-Abteilung des internationalen Hockeyverbandes (IIHF) sozusagen der höchste Schiedsrichter der Welt.
Er hat diese Saison und für die Olympischen Spiele in Peking zwei grosse Gleichberechtigungs-Vorhaben in die Tat umgesetzt. Zum ersten Mal in der Geschichte erhalten Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in Peking bei einem Titelturnier gleich viel Geld. Also die gleichen Spesenansätze und die gleiche Entschädigung pro Spiel.
Danny Kurmann sagt, er habe nicht mehr Geld zur Verfügung als bei früheren Turnieren. «Aber ich habe das Geld neu aufgeteilt. Die Männer müssen verzichten und die Frauen bekommen mehr.» Für die Frauen gebe es jetzt rund 40 Prozent mehr Geld.
Auf diese Saison ist endlich auch das IIHF-Regelbuch überarbeitet, umgeschrieben und gendergerecht verfasst worden. Es gibt nun beispielsweise keinen «Linesmen» mehr. Der Linienrichter heisst neu «Linesperson» («Linienperson»). Aus dem «Defensemen» ist ein «Defender» geworden. So skandalöse Formulierungen wie «Too many Men on the Ice» gibt es nicht mehr. Es heisst schon seit längerer Zeit gendergerecht: «Too many Players on the Ice».
Die Sache ist in englischer Sprache etwas einfacher: «Players» oder «Goalie» kann für Frauen oder Männer stehen. Ebenso «Referee» oder die Kurzform «Ref» für Schiedsrichterinnen oder Schiedsrichter.
Wir gratulieren Anna Wiegand zum erfolgreichen Auftakt ins Olympia-Turnier! 🙌
— Swiss Ice Hockey (@SwissIceHockey) February 3, 2022
Il s'agit de sa deuxième participation aux Jeux olympiques après 2014.
Continui successi e divertimento, Anna! 🤗#Beijing2022#NoRefsNoGame
📷: Keystone-SDA pic.twitter.com/4CtKooH1Cq
Das Regelbuch als Bibel der Regelauslegung wird vom internationalen Verband aber nur in englischer Sprache herausgegeben. Eine Übersetzung in die Landessprache ist Sache der einzelnen nationalen Verbände.
Unser Verband hat das Regelbuch noch nicht entsprechend durchgearbeitet. Die deutsche Version gendergerecht zu machen, ist allerdings weit anspruchsvoller als das englische Original. Beispielsweise gibt es, anders als in der englischen Version kein Wort, das für Spielerinnen und Spieler oder für Torhüterinnen und Torhüter stehen kann. Entweder der Spieler oder die Spielerin. Entweder die Torhüterin oder der Torhüter. Die oder das Spieler, die oder das Goalie geht nicht.
Es gibt auch kein geschlechterneutrales Wort für Schiedsrichter und Schiedsrichterin. Es bleibt nur die unterschiedliche männliche oder weibliche Schreibweise. Selbst die Bezeichnung Referee oder Ref wird aus dem Englischen in der männlichen Form übernommen: Der Referee oder der Ref. Das oder die Referee oder das oder die Ref geht nicht.
Oder gibt es doch eine Lösung? Ja, es gibt tatsächlich ein geschlechterneutrales, schönes Wort, das für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter stehen kann. Oder vielleicht besser: stehen könnte.
Am Rande der Partie Schweiz gegen Kanada blieb Zeit, um dieses politisch doch recht heikle Traktandum mit einem hochrangigen Vertreter des internationalen Eishockeyverbandes (sein Name tut nichts zur Sache) zu beraten.
In der zweiten Pause haben wir eine mögliche Lösung gefunden. Sozusagen eine olympische Idee. Das geschlechterneutrale Wort, das für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in unser Regelbuch passt: Das Zebra. Mehrzahl: Die Zebras. Hauptzebra für die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter und Linienzebra für die Linienrichterinnen und Linienrichter.
Wegen des gestreiften Leibchens wird eine Schiedsrichterin oder ein Schiedsrichter, eine Linienrichterin oder ein Linienrichter in unserem Hockey fast seit Anbeginn der Zeiten durchaus respekt- und liebevoll auch «Zebra» genannt.
Nichts über den Auftritt der Schweizerinnen oder sonst zum Spiel. Der Stellenwert des Frauenhockeys steigt nur mit Berichten darüber. Wie das Regelbuch geschrieben wird ist sekundär, das lesen die wenigsten. Du hast selber dem Verband angekreidet, dass er das Frauenhockey nicht ernst nimmt. Mach es bitte besser.
Ich hoffe doch sehr, endlich etwas übers Turnier, Spiele, Teams und Spieler oder Spielerinnen zu lesen.