Bild: Ray Giubilo/freshfocus
Von seinem Fehlstart lässt sich Roger Federer im Schweizer Duell mit Stan Wawrinka nicht zurückbinden. Er erkämpft sich den zweiten Durchgang und ist von seiner Marschroute nicht mehr abzubringen: Sieg in vier Sätzen.
Stan Wawrinka mit dem Pokal, neben ihm stehend, und er mit der Schale in der Hand, als undankbarer Zweiter daneben. Das war in Monte Carlo, im Frühjahr, und nicht nach dem Gusto des Grandseigneurs. Welches Geläuf hätte sich besser geeignet zur Revanche als der Rasen von Wimbledon, da, wo der Baselbieter seine grössten Erfolge hat feiern können? Roger Federer stieg selbstbewusst in die Partie und startete schlecht.
Was auch an seinem Gegenüber lag. Wawrinka zeigte zu Beginn nicht den Hauch von Nervosität und legte bärenstark los. Die logische Folge: Ein frühes Break zum 3:1 für den Waadtländer. Federer gibt in diesem Moment erstmals im diesjährigen Turnier überhaupt den Aufschlag ab.
Ein Longline-Schlag von typisch Wawrinka'scher Prägung: Der Servicedurchbruch zum 3:1. gif: srf
Er hatte den ungemein druckvollen Grundlinienschlägen seines Davis-Cup-Kollegen wenig entgegenzusetzen – ohne dabei schlecht zu spielen. Zudem nützte er selber seinen einzigen Breakball beim Stand von 2:4 nicht. Nach genau einer halben Stunde hatte Federer mit 3:6 erstmals in diesem Jahr einen Satz verloren. Meldete sich aber gleich zu Beginn des zweiten Durchgangs mit einem Zauberschlag zurück.
Unfassbarer Passierball: Roger Federer mit dem Zauberschlag anfangs zweiten Satzes. gif: srf
In der Folge geriet der 32-jährige Basler nie mehr in Gefahr, seinen Aufschlag zu verlieren. Im zweiten Satz zeigten die beiden das beste und ausgeglichenste Tennis. Davon zeugte etwa ein erneuter Rückhand-Knaller Wawrinkas beim Stand von 3:3. Das Tiebreak musste es richten.
Und wieder die Rückhand Wawrinkas: Beim Stand von 3:3 im zweiten Satz. gif: srf
Ein Vorhand-Fehler Wawrinkas brachte Roger Federer das letztlich entscheidende Mini-Break zum 4:3. Wie elegant und stilsicher er im heissen Tiebreak zuweilen zu Punkten gelangte, zeigt das nächste GIF.
Stoppball am Netz: Roger Federer wie er leibt und lebt. gif: srf
Mit dem dritten Satzball glich der 17-fache Grand-Slam-Champion aus – auf klassische Art mit einem Service-Volley-Angriff auf den zweiten Aufschlag. Die Weltnummer 4 gewann mehr und mehr Oberhand. Federer spielte häufiger auf die Vorhand Wawrinkas, und dieser konnte nicht mehr so viel Druck entwickeln wie zu Beginn. Wohl auch, weil sich bei Wawrinka gewisse physische Probleme bemerkbar machten. Ab und an gelangen dem 29-Jährigen aber doch noch mehr als nur sehenswerte Schläge.
Trotz offensichtlicher physischer Probleme immer wieder mit Geniestreichen: Stan Wawrinka. gif: srf
Trotzdem: Mit seinem insgesamt sechsten Breakball nahm Roger Federer dem Weltranglisten-Dritten zum 4:3 im dritten Satz erstmals den Service ab. Nach 1:50 Stunde Spielzeit gewann er in der Folge den dritten Satz. Nach einer kurzen Pause blieb Federer auch im vierten Satz der Herr auf «seinem» Platz. Weiter stemmte sich aber Wawrinka nach Kräften gegen die Niederlage.
Überraschender Vorhandball Wawrinkas beim Stand von 5:3 zugunsten Federer im vierten Satz. gif: srf
Nach 2:32 Stunden verwertete Federer nach einem guten ersten Aufschlag den folgenden Smash zum Sieg.
Der Matchball: Roger Federer in bester Serve-and-Volley-Manier. gif: srf
Im Siegerinterview zeigt sich Roger Federer einerseits erleichtert, hält aber auch fest, dass «Stan nach zweieinhalb Sätzen körperlich abgebaut hat». Nach der Enttäuschung im letzten Jahr sei er froh, wieder so weit gekommen zu sein. Dabei habe ihm geholfen, dass er das Spiel von Wawrinka in- und auswendig kenne.
In seinem neunten Wimbledon-Halbfinal trifft Federer am Freitag auf einen starken Aufschläger: den Kanadier Milos Raonic. Im Halbfinal hat der Schweizer auf dem Rasen in London noch nie verloren, im Final nur einmal (2008 gegen Nadal). (tom/si)