Mehr als 10'000 Zuschauer werden am Sonntag in Aproz dabei sein, wenn die «Reine des Reines» gekürt wird, die «Königin der Königinnen». Das Spektakel der traditionellen Walliser Kuhkämpfe ist im Westschweizer Fernsehen ein Dauerbrenner. Nun werden die Finals erstmals auch im SRF zu sehen sein – und das sehr prominent. SRF 1 berichtet von 15.00 bis 19.30 Uhr viereinhalb Stunden live aus Aproz, wenn am «Nationalen Stechfest» rund 180 Eringer-Kühe um die Krone kämpfen.
Das Ziel der Kämpfe ist es, die Rangordnung einer Herde zu ermitteln. Die Kühe stehen sich gegenüber, wer davontrottet, hat verloren.
2013 war «Cobra» aus dem Oberwallis zur Königin gekrönt worden. Doch der Titelgewinn wurde von einem Skandal um Titelverteidigerin «Schakira» überschattet. Diese war eigentlich gesperrt gewesen, durfte aber wegen des noch nicht behandelten Rekurses gegen die Bestrafung mittun – und erntete prompt Pfiffe der Zuschauer.
«Der Empfang war einer Königin unwürdig», schrieb der «Walliser Bote». «Insbesondere der Grossteil der Unterwalliser Zuschauer liess die gute Kinderstube vermissen und begrüsste die ‹Königin der Königinnen› mit einem gellenden Pfeifkonzert. Als Gegenantwort spendeten die Oberwalliser Besucher lautstarken Applaus und feuerten ‹Schakira› an.»
Was war geschehen, das die Zuschauer so fuchsteufelswild gemacht hat? Die Erklärung findet sich im Final 2012. Als nur noch «Gentiane» und «Schakira» im Ring standen, erklärte die Jury «Gentiane» zur Siegerin, da sich die beiden Kühe schon gegenübergestanden hätten. Ein Kampf, den «wohl nur die Jury gesehen haben will», kommentierte der «Schweizer Bauer».
Die Jury rückte trotz lautstarkem Protest der Zuschauer nicht von ihrem Urteil ab. Also entschieden sich die Züchter der beiden Tiere in Eigenregie zu einem finalen Kampf ihrer Tiere, welchen «Schakira» souverän gewann.
Die Quittung erhielt «Schakiras» Besitzer Sepp Karlen ein halbes Jahr später präsentiert. Er, sein Bruder Willy und ihre sämtlichen Tiere wurden für zwei Jahre gesperrt, wegen «Nichtbeachtung eines Juryentscheids und der Anstiftung des allgemeinen Ungehorsams».
Wörtlich hiess es in der Begründung des Urteils: «Sepp Karlens Verhalten führte zu einem negativen Image der Ringkuhkämpfe.» Sein Aufbegehren habe den Anlass «in ein unbeschreibliches Chaos gestürzt».
Während Karlen ankündigte, gegen den Beschluss zu rekurrieren, bekräftigte Martial Aymon, der damalige Präsident des Schweizerischen Eringerviehzuchtverbandes, alles richtig gemacht zu haben. «Ich kann Ihnen mit TV-Bildern beweisen, dass sich ‹Schakira› und ‹Gentiane› mehrere Sekunden gegenübergestanden sind und ‹Gentiane› den Kampf eindeutig gewonnen hat.»
Aymon spricht von einem Tatsachenentscheid, der von allen Akteuren akzeptiert werden müsse, «so wie die Engländer damals auch das Hands-Tor von Maradona akzeptieren mussten.»
Wegen der aufschiebenden Wirkung war «Schakira» im letzten Jahr trotz der ausgesprochenen Sperre dabei. Um den Titel konnte sie jedoch nicht mitreden. «Heute war nicht ihr Tag, andere Kühe waren stärker», bilanzierte Sepp Karlen ganz im Stil eines Fussballtrainers. «Ich akzeptiere die Niederlage, die für uns alle sehr bitter ist. Aber so ist halt nunmal das Metier.»
Der Rekurs gegen die Sperre sei immer noch nicht behandelt worden, sagte in diesen Tagen Aymons Nachfolger Alain Alter. «Schakira» darf deshalb am Sonntag ein weiteres Mal antreten und versuchen, es besser zu machen als im Vorjahr.