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So planen die Schwinger nach einem Jahr ohne Feste ihre Rückkehr

Zwei Schwinger in action im 1. Gang beim Luzerner Kantonalen Schwingfest vom Sonntag, 2. Juni 2019 in Willisau. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Das Sägemehl soll wieder durch die Luft spritzen.Bild: KEYSTONE

Wie die Schwinger nach einem Jahr ohne Feste ihre Rückkehr planen

2021 sollen alle wichtigen Schwingfeste durchgeführt werden – wenn nötig halt als «Geisterfeste». Die Beispiele Fussball und Eishockey haben Schule gemacht.
28.12.2020, 15:02
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Ein ganzes Jahr lang ist das Schwingen von der Bildfläche verschwunden. 2020 ist wegen der Viruskrise keines der wichtigen Feste durchgeführt worden. Zweikampfsport im Bereich Breitensport war nicht erlaubt und/oder Anlässe mit Zuschauerinnen und Zuschauern durften nicht durchgeführt werden. Auch das eidgenössische Jubiläums-Schwingen (125 Jahre Eidgenössischer Verband) ist abgesagt worden. Nicht zum ersten Mal sind Schwingfeste einer Pandemie zum Opfer gefallen: Auch 1919 und 1920 waren wegen der Spanischen Grippe einzelne Feste gestrichen worden. Eine fast komplett abgesagte Saison wie 2020 hat es allerdings noch nie gegeben.

Das Schwingen sieht sich zwar als wahren, echten und vom Mammon noch nicht verdorbenen Sport. Aber Popularität und Bedeutung sind so hoch wie nie seit der Gründung des eidgenössischen Verbandes vor 125 Jahren. Ein zweites Jahr ohne öffentliche Auftritte können sich die «Bösen» nicht leisten.

Hier legt ein Schwingerkönig unseren Chefredaktor flach

Video: watson/Emily Engkent

Für Rolf Gasser, den Geschäftsführer des Verbandes, ist klar: «Wir müssen wieder sichtbar werden». Das sei auch für die Rekrutierung des Nachwuchses («Jungschwinger») wichtig. Eine kommerzielle Notwendigkeit wie im Fussball oder Eishockey (Erfüllung von TV-Verträgen) besteht im Schwingen nicht. Die TV-Einnahmen betragen weniger als 200'000 Franken und sind für den Verband nicht existenziell.

SRF überträgt die wichtigsten Feste

Das bedeutet konkret: 2021 sollen die wichtigen Feste – die Gau-, Kantonal-, Teilverbands- und Bergfeste sowie das Eidgenössische Jubiläumsfest und der traditionelle Kilchberger Schwinget – durchgeführt werden. Notfalls ohne Zuschauerinnen und Zuschauer. Nach dem Vorbild der Meisterschaften im Fussball und im Eishockey, die bis auf Weiteres als «Geisterspiele» ausgetragen werden.

Zuschauer auf den Tribuenen am 20. Bergschwinget auf der Schwaegalp, aufgenommen am Sonntag, 11. August 2019, beim 20. Schwaegalp Schwinget im Kanton Appenzell Ausserrhoden. (KEYSTONE/Eddy Risch)
Publikumsmagnet: der Schwägalp Schwinget am Fusse des Säntis.Bild: KEYSTONE

Die Sichtbarkeit des Schwingens soll gewährleistet werden. Das staatstragende Fernsehen SRF hat die Produktion und Übertragung der fünf Teilverbands- und sechs Bergfeste sowie des Eidgenössischen Jubiläumsfests und des Kilchberger Schwingets zugesichert. Entweder live im «richtigen» Fernsehen (was sicher beim Jubiläumsfest und beim Kilchberger Schwinget der Fall sein wird) oder als Live-Stream. Die Kantonal- und Gauverbandsfeste werden auf privater Basis produziert und per Live-Stream auf anderen Kanälen gesendet. Entweder im Internet oder lokale TV-Stationen übertragen das Fest.

«Geisterfeste» stellen die Organisatoren vor eine enorme Herausforderung. Der Verkauf von Tickets ist die wichtigste Einnahmequelle. Zwar entfallen bei einem «Geisterfest» die Kosten für den Bau der Tribüne und das Aufstellen der Festhütte (Gastronomie). Aber die Einhaltung von Schutzkonzepten für die Schwinger und Funktionäre sowohl bei Wettkampf wie auch bei der Verpflegung (ein Fest dauert rund neun Stunden) verursachen hohe Kosten.

Organisatoren sind gefordert

Wenn alle Feste für TV- oder Livestream-Übertragungen produziert werden, öffnen sich neue Einnahmequellen durch Werbung. Werbung auf Mann (auf dem Schwinger) und Werbung im Schwenkbereich der Kameras auf dem Gelände. Das aber ist im Schwingen nicht erlaubt. Rolf Gasser sagt, dass es keine Lockerung der Werbeeinschränkungen gibt: «Wir haben Grundwerte, die wir nicht in Frage stellen.» Weitgehende Werbefreiheit gehört tatsächlich zu den «ewigen Tugenden» der «Sägemehl-Kultur» und unterscheidet das Schwingen wohltuend von allen anderen Sportarten.

Die Schwingerarena beim 6. Gang am Eidgenoessischen Schwing- und Aelplerfest (ESAF) in Zug, am Sonntag, 25. August 2019. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Gewaltige Tribünen wie beim Eidgenössischen 2019 in Zug braucht es 2021 nicht.Bild: KEYSTONE

Für einzelne Veranstalter ist es nicht möglich, unter diesen Umständen ein Fest durchzuführen. Beispielsweise haben die Veranstalter des Oberaargauischen Schwingfestes intern bereits beschlossen, das Fest an den Oberaargauischen Verband zurückzugeben, wenn kein Publikum zugelassen ist. Gasser ist sich dieser Problematik sehr wohl bewusst: «Wenn ein Fest an den Verband zurückgegeben werden muss, dann ist es Sache des Verbandes, das Fest auf eigene Rechnung durchzuführen.»

Das ist machbar, aber besondere Umstände erfordern besondere Massnahmen. Rolf Gasser sagt: «Es laufen auf verschiedenen Ebenen Gespräche, um die Kosten für die Infrastruktur zu senken. Denkbar ist beispielsweise, dass mehrere Feste am gleichen Ort durchgeführt werden oder dass eine bereits bestehende Infrastruktur – beispielsweise eine Eishalle – benützt wird.» Schon mehrmals sind Schwingfeste – sogar Teilverbandsfeste – in Eisstadien durchgeführt worden, unter anderem in Davos, Langnau, Langenthal, Bern, Rapperswil, Biel und Huttwil.

Ob es ein Jahr der «Geisterfeste» wird, hängt aber auch davon ab, ob die Behörden Zweikampfsport im Bereich des Breitensports überhaupt erlauben.

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quelle: keystone / peter schneider
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Das Eidgenössische Schwingfest
Video: srf
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