• Mit einem fulminanten Angriffspressing stellte die Schweiz die Kroaten in der Anfangsphase vor grosse Probleme. Die Kroaten konnten den Spielaufbau nur mit viel Risiko ins Mittelfeld tragen.
• Nach der Führung zog sich die Schweiz zunehmend zurück und spielten ihre Formation insgesamt tiefer. Damit kamen die Kroaten besser zurecht.
• Josip Drmic war nicht nur dank seiner beiden Tore der Mann des Spiels. Er beteiligte sich hervorragend am Pressing und war sehr agil.
Auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel war, so stellte die Partie der Schweiz gegen Kroatien wenige Monate vor der Weltmeisterschaft für beide Mannschaften ein kleines Zwischenziel in der Vorbereitung dar. Das Spiel sollte Aufschluss darüber geben, auf welche Spieler man sich in Brasilien verlassen kann, ob es noch grundlegende taktische Mängel gibt und welche Akteure sich eventuell noch ins Rampenlicht spielen können.
Grosse Experimente in punkto Formation gab es allerdings nicht. Beide Mannschaften begannen in einer 4-2-3-1-Formation, die keine grösseren Überraschungen bot. Zwischen den beiden Teams und ihren Systemen gab es jedoch einige klare Unterschiede. Bei der Schweiz waren es insbesondere der kroatischstämmige Josip Drmic und das Pressing, welche für Aufhorchen sorgten. Die Gäste hingegen hatten mit dem Pressing der Schweizer in der Anfangsphase sowie beim eigenen Angriffsvortrag teilweise enorme Probleme.
Nach der Halbzeit stabilisierten sich die Gäste aus dem Balkan jedoch. Besonders die Einwechslungen von Mario Mandzukic zur Halbzeit und Luka Modric und Eduardo da Silva ungefähr zehn Minuten danach sorgten für wichtige Veränderungen im Bespielen der gegnerischen Defensivarbeit.
Das Auffälligste, und über das gesamte Spiel hinweg auch das Spektakulärste, war wohl das enorm intensive Angriffspressing der Schweiz in den ersten Minuten. Die Kroaten kamen im Spielaufbau niemals risikolos ins Mittelfeld, verloren eine grosse Anzahl an Bällen in der eigenen Spielhälfte und schienen in dieser Phase hoffnungslos unterlegen. Aus taktikanalytischer Sicht war die Staffelung der Schweiz besonders spannend zu beobachten.
Meistens werden 4-2-3-1-Formationen bei gegnerischem Ballbesitz zu einem 4-4-2, in welchem die vier Mittelfeldspieler und die beiden Stürmer auf einer Linie agieren. Die Schweiz presste jedoch oftmals in einem kompakten 4-2-3-1, in welchem der Zehner, Granit Xhaka, immer wieder nach vorne wich oder eben die beiden Sechser unterstützte.
Vorne stellte Josip Drmic einen Innenverteidiger schon früh zu, lenkte Kroatiens Aufbauspiel auf den zweiten Innenverteidiger, wo dann Xhaka Druck ausübte. Die beiden Flügelstürmer kümmerten sich um Kroatiens Aussenverteidiger, dahinter sicherten Behrami und Inler auf der Doppelsechs die Mittelfeldräume. Die kreative Schaltzentrale mit Ivan Rakitic neben Mate Males und hinter dem Supertalent Mateo Kovacic kam dadurch nur selten zum Tragen.
Mit fortschreitender Spieldauer und besonders nach der Führung zogen sich die Schweizer allerdings verstärkt zurück. Sie spielten nun ihre Formation tiefer und passiver, was unter Umständen auch an der Ausdauer liegen könnte. Kroatien kam dann besser ins Spiel, hatte aber nach wie vor Probleme.
Diese Probleme lagen vorrangig daran, dass sie im Offensivspiel kaum in strategisch günstige Zonen kamen. In der Mitte sicherten Inler und Behrami die Räume gut, sie hielten sich eng vor der Abwehr auf und agierten mit einer grossen Dynamik. Selbst der überaus dribbelstarke Kovacic auf der Zehn kam nur vereinzelt zu guten Szenen.
Lange Zeit blieben Kroatiens Vorstösse somit einzig jene über die Flügel. Diese konnten sie nach Balleroberungen mit langen Bällen hinter die aufgerückten Aussenverteidiger der Schweiz spielen, welche jeweils sehr aktiv waren, um die einrückenden Bewegungen der Flügelstürmer zu unterstützen. Zentral konnte Kroatien aber isoliert werden und erhielt kaum Zugriff.
Defensiv hatten sie ähnliche Probleme. Im Gegensatz zum Pressing der Schweizer fehlte es den Kroaten an der Kompaktheit, ihre Kettenabstände waren in der Vertikale zu gross und sie liessen zu viele Pässe in die Zwischenlinienräume zu. Auch die Aggressivität im Herausrücken ging ihnen phasenweise komplett ab. In einer Szene in der 35. Minute konnte Djourou einfach durch das gegnerische 4-2-3-1 bis ins letzte Drittel durchlaufen, weil ihn schlichtweg niemand attackierte.
Doch trotz Mandzukic, Modric und Co. hiess der Star dieser Partie anders.
Mit zwei Treffern und einer alles in allem hervorragenden Leistung hiess der Match-Winner Josip Drmic. Der Stürmer zeigte insbesondere in der ersten Halbzeit eine hervorragende Leistung, beteiligte sich toll am Pressing und war auch bei eigenem Ballbesitz überaus agil. Seine beiden Tore standen exemplarisch für seine vielfältigen Eigenschaften.
Beim ersten Treffer tanzte er Kroatiens Corluka aus und konnte den Ball perfekt ins lange Eck setzen; beim zweiten Tor war es ein langer Ball unter Bedrängnis aus der eigenen Innenverteidigung, wo Drmic das Laufduell gegen die kroatische Abwehr gewann und das darauffolgende eins gegen eins mit dem Torwart perfekt löste. Im Pressing war er ebenfalls sehr aktiv, bewegte sich enorm viel und setzte Kroatiens Innenverteidiger unter Druck.
Auch im eigenen Aufbauspiel war er überaus beweglich. Immer wieder wich er auf den Flügel, gab situativ die Breite und sorgte dafür, dass Shaqiri einrücken könnte. Diese bewegliche Rolle spielt er zurzeit auch erfolgreich beim 1. FC Nürnberg und konnte sie gegen Kroatien ebenfalls zeigen. Für uns klar der Spieler des Spiels und eine Zukunftshoffnung für die Schweiz.