Ob ihr's glaubt oder nicht: Von 1955 bis 1970 ist Frauenfussball in Deutschland verboten. «Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand», lautete die offizielle Begründung des DFB.
Ans Verbot halten sich die deutschen Frauen allerdings nicht. Sie spielen weiterhin. In eigenen Ligen und Vereinen, die nicht dem DFB unterstehen. Ende der 60er-Jahre steigt die Toleranz wieder, von Gleichberechtigung ist das «schöne Geschlecht» aber noch meilenweit entfernt. Nichts demonstriert die damalige Einstellung und das Unverständnis der Männer zum Frauenfussball besser als ein Beitrag im «Aktuellen Sportstudio» des ZDF vom 29. März 1970.
Der damalige Moderator Wim Thoelke kommentiert einen Beitrag über ein Länderspiel mit unzähligen abschätzigen Kommentaren über die jungen Fussballerinnen. «Sehr zarte Rempeleien. Und da hat Mutter eine wunderbare Flanke nach halblinks gegeben. Junge, Junge, laufen Erna! Aber Erna ist nicht flink genug», lästert der spätere Moderator des TV-Hits «Der grosse Preis» mit süffisantem Unterton.
Als eine Spielerin auf den matschigen Boden fällt, tönt es so: «Die Zuschauer brauchen sich gar nicht aufzuregen, die Frauen waschen doch ihre Trikots selber. Wenn die Männer in den Schlamm fallen würden, das wäre schlimm, denn dann müssten die Frauen zuhause waschen. Ja und decken, decken, nicht Tischdecken, Mann decken. Frei von allen kleinlichen Sorgen um Haushalt, Mann und Kinder spielt der Libero da hinten.»
Chauvinistische Macho-Sprüche sind damals nicht nur am Stammtisch, sondern auch im Fernsehen offenbar noch salonfähig. Beim anschliessenden Interview mit den Fussballerinnen im Studio legt Thoelke nach. «Ich nehme an, das erste Spiel ist dann auch bald ausverkauft», stichelt der Moderator und er ist sich sicher: «Nach einem Anfangsreiz, wenn die Männer genug gelacht haben, schläft das Interesse dann bald ein.»
Thoelke will auch noch wissen, ob die «Mädchen» sich auch schon Übernamen gegeben haben. «Wie Uwe zum Beispiel.» Oder ob sie sich keine Sorgen um blaue Flecken an den Beinen machen. Als sie beides verneinen, lässt er die Damen zum Ballstoppen antreten: Der Moderator wirft den Ball, die Nationalspielerinnen müssen beweisen, dass sie ihn tatsächlich stoppen können. Mit den Worten «Das ist das Schöne an den Frauen, sie gehen auch mit dem Ball zärtlich um. Hoffentlich nicht nur mit dem Ball ...», beendet Thoelke die Übung.
Ein halbes Jahr nach der Ausstrahlung der TV-Sendung hebt der DFB das Frauenfussballverbot schliesslich endgültig auf. Es gibt allerdings noch einige Auflagen: So müssen die Frauenteams wegen ihrer «schwächeren Natur» eine halbjährige Winterpause einhalten, Stollenschuhe sind verboten und die Bälle sind kleiner und leichter. Eine Partie dauert zunächst auch nur 70 Minuten.
Am 10. November 1982 findet das erste offizielle Länderspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft statt. Gegner beim 5:1-Sieg ist die Schweiz, die für einmal toleranter ist als das nördliche Nachbarland. Die höchste heimische Spielklasse, die heutige Nationalliga A, wird bereits 1970 gegründet. Seit 1972 besteht die Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen.
Im Gegensatz zu Deutschland, das bisher zweimal Welt- und achtmal Europameister wurde, konnten die Schweizerinnen bislang noch keinen grossen Titel feiern. Anfang März 2017 gewannen sie mit dem Zypern-Cup allerdings erstmals ein «kleines» internationales Turnier, was als Bestätigung für den – mittlerweile wieder etwas gedämpften – Aufwärtstrend zu werten ist.
Frauen, die Auto fuhren wurden verhöhnt. Männer, die auf dem Beifahrersitz neben einer Auto fahrenden Frau sassen, galten nicht als echte Männer.
Abstimmen und wählen durften Frauen auch erst ab 1970.
Herr Blocher hat diese Zeit damals als junger Erwachsener erlebt und möchte sie zurück haben.
Die 70er und er. Vergangenheit.