Matthias Hüppi ist in den letzten Sekunden von Carlo Jankas Ritt bei der Lauberhorn-Abfahrt 2010 derart aus dem Häuschen, dass er sogar kurz auf Mundart wechselt. Auch wenn Carlo Janka später sagen sollte, dass er das Ziel-S nicht perfekt erwischt habe, ist die Schweizer Ski-Euphorie in den letzten Zügen von Jankas Lauberhorn-Ritt maximal.
Der Bündner absolviert eines der besten Rennen seiner Karriere. Nach einem weiten Satz am Hundschopf liegt er zum ersten Mal in Führung – zehn Hundertstel vor Manuel Osborne-Paradis. Als der entfesselte Schweizer dann auch noch mit fast 80 km/h aus dem Kernen-S saust, verschlägt es Matthias Hüppi ein erstes Mal so richtig die Stimme.
Schöner als Janka kann man das Kernen-S fast nicht absolvieren. Poesie auf Skiern. 57 Hundertstel Vorsprung sind der Lohn für das Janka-Gedicht. Für SRF-Co-Kommentator Bernhard Russi ist die Fahrt des Schweizers schlicht «genial». Nach dem Rennen sollte Janka im Siegerinterview zwar sagen: «Meine Linie beim Kernen-S ist sicher der Schlüssel zum Sieg gewesen.» Doch auch die folgenden Stellen meistert er brillant. Lauberhorn-Action zum Mit-der Zunge-Schnalzen.
Janka lässt sich die Butter in der Folge nicht mehr vom Brot nehmen. Er kann die Pace halten und fährt mit einem Vorsprung von 66 Hundertstel ins Ziel ein.
Der Vorsprung reicht. Die Fahrer nach Carlo Janka verpassen allesamt den Sprung in die Top 3. Der Obersaxer hat das geschafft, wovon jeder Schweizer-Abfahrer ein Leben lang träumt: Er siegt am Lauberhorn. Dennoch wird der «Iceman» wieder einmal seinem Spitznamen gerecht. Sein Jubel fällt höchst bescheiden aus, man könnte meinen, er freue sich gar nicht.
Aber dem ist natürlich nicht so. Auf die Frage des «Blick», ob er denn keine Emotionen habe, antwortet Janka: «Doch, sehr starke sogar. Aber ich bin nicht der Typ, der nach einem Erfolg im Zielraum tanzt. Das sollen andere tun.» Das Sieg-Erlebnis in Wengen sei auch für ihn speziell. Sicher. «Ein Heim-Rennen zu gewinnen und dazu noch die klassische Lauberhorn-Abfahrt – das ist etwas vom Grössten, was man als Skirennfahrer schaffen kann.»
Fragt man nach dem Rennen jedoch Marco Büchel – welcher an diesem Tag seine Lauberhorn-Dernière hat und mit 38 Jahren Dritter wird – was denn das Verrückteste sei, was er in seiner Karriere je erlebt habe, dann entgegnet dieser: «Einer gewinnt die Lauberhorn-Abfahrt und flippt im Zielraum nicht aus.»