Vor drei Monaten hat Michael Sam die amerikanische Sportszene mit seinem Coming-Out aufgemischt. Im Interview mit ESPN verkündete der 24-jährige College-Spieler von den Missouri Tigers der ganzen Nation, was bisher nur seine engsten Vertrauten und Teamkollegen wussten: «Ich bin ein stolzer schwuler Mann.»
Neben viel Lob, Gratulationen für seinen Mut und guten Wünschen hat die Aktion dem Verteidiger des Jahres in der Southeastern Conference der College-Liga auch Kritik eingebracht. Experten warnten, dass die macho-dominierte NFL noch nicht reif für den ersten bekennenden Schwulen sei. Ihrer Meinung nach würde es zwar niemand öffentlich zugeben, aber Michael Sam habe seine Chancen auf einen Profivertrag mit dem Outing verspielt.
Ein anonymer NFL-Assistenzcoach schätzte, dass 90% der Profi-Teams ihre Teamstimmung nicht mit einem schwulen Spieler belasten wollten: «Das ist die Realität. Es sollte nicht so sein, aber es ist so. Es gibt nichts sensibleres als die Stimmung in der Umkleidekabine. Und dort sind nun mal einige Jungs, die nicht die Reife haben, um mit dem Gedanken umzugehen, dass ein Schwuler in ihrer Mitte ist.»
Würde Michael Sam also das gleiche Schicksal erleiden, wie der NBA-Spieler Jason Collins? Der Center der Washington Wizards hatte sich 2013 als erster schwuler US-Profisportler in einer der grossen Ligen geoutet. Er bekam zwar Gratulationen von Präsident Barack Obama und anderen NBA-Stars wie Kobe Bryant und Dwayne Wade – aber anschliessend keinen Vertrag mehr bei seinem Verein. Erst im letzten Februar kehrte er dank eines Kurzzeitengagements bei den Brooklyn Nets in die NBA zurück.
Zu Beginn des NFL-Drafts sieht es ganz danach aus. Zwei Tage und sechs Runden verstreichen, ohne dass die Profiteams eines der grössten Defensiv-Talente des aktuellen Jahrgangs verpflichten will.
Thank you to the St. Louis Rams and the whole city of St. Louis. I'm using every once of this to achieve greatness!! pic.twitter.com/QESdOJVzsw
— Michael Sam (@MikeSamFootball) 10. Mai 2014
In der siebten und letzten Runde kommt es für Michael Sam dann doch noch zum grossen Happy End. Die St. Louis Rams, Super Bowl-Gewinner von 2000, fassen sich ein Herz und verplichten den ersten schwulen NFL-Spieler der US-Sportgeschichte als 249. Pick des Drafts von 2014. Der Profi-Vertrag wird Michael Sam rund 30 Millionen Dollar einbringen.
Wie gross der Stein ist, der dem frischgebackenen NFL-Star beim Erhalt dieser Nachricht vom Herzen fällt, zeigt die Videoaufnahme des erlösenden Telefonanrufs seines neuen Coaches. Michael Sam bricht in Tränen aus und kann sich kaum wieder fassen. Anschliessend tut er, was wohl jeder Sportler in seiner Situation tun will, und teilt sein Glück knutschend mit seinem Freund.
So proud of the @STLouisRams for showing there's nothing to be afraid of. Congratulations, @MikeSamFootball
— Ellen DeGeneres (@TheEllenShow) 11. Mai 2014