Weltmeisterin Fanny Smith ist 27 Jahre, Alex Fiva, der nationale Primus bei den Männern, bereits 33 Jahre alt. In absehbarer Zeit werden andere Namen bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und im Weltcup für Furore sorgen müssen. Die 19 Jahre alte Sixtine Cousin vielleicht. Oder der 23-jährige Niki Lehikoinen. Sie haben das Zeug dazu, künftig für Schweizer Erfolge in der noch jungen Sportart zu sorgen.
Trotzdem macht sich Dominic Reber Sorgen um die Zukunft. Der Berner Oberländer ist Chefcoach des SX Riders Teams. Er will, gemeinsam mit einem engagierten Team, über Nachwuchs- und FIS-Rennen ganz junge Fahrerinnen und Fahrer an die Pforte zur Weltspitze heranführen. Eine Arbeit, die laut Reber von Swiss Ski und den regionalen Verbänden zu wenig bis gar nicht wahrgenommen wird.
«Swiss Ski hat 16 Athletinnen und Athleten in den Kadern. Daneben gibt es noch ein Sichtungskader mit der Absicht, Fahrerinnen und Fahrer an den Europacup heranzuführen. Das war es dann auch schon. Für Skicrosserinnen und -crosser U16 und jünger besteht weder in einem Regionalverband noch bei Swiss Ski eine Struktur.» In diese Lücke springt das SX Riders Team, das aus Fahrerinnen und Fahrern aus der Zentralschweiz und aus dem Berner Oberland besteht.
Reber wünscht sich, dass die Erfassung und Förderung junger Skicrosser von den Regionalverbänden ähnlich konsequent betrieben wird, wie es bei den Alpinen der Fall ist. Während im Bereich Ski alpin die Selektion und die Leistungsabstufungen schon früh greifen, beginnt Ähnliches im Skicrosss heute erst im Alter ab 16 Jahren. «In Deutschland oder Österreich werden die Skicrosser früher in den Verbandsstrukturen gefördert, aus meiner Sicht ein klarer Vorteil. Das ist für mich als Trainer bisweilen frustrierend», sagt Reber, der das Traineramt in seiner Freizeit und neben einem 100-Prozent-Arbeitsverhältnis in einer Fensterproduktionsfirma ausübt.
«Es müssen ja keine neuen Strukturen geschaffen werden, die existieren bei Swiss Ski und den Regionalverbänden bereits für die Alpinen. Diese müssten aber für den Skicross angepasst werden. Man könnte mit Zwischenstufen sportliche Reize und Ziele setzen. Heute übernehmen eigentlich nur wir in einer Vorreiterrolle diese Aufgabe und übergeben beim Übergang ins FIS-Alter ausgebildete Athleten an den nationalen Verband.»
Ähnlich sieht es Sabine Frank, die beim SX Riders Team neben anderen Aufgaben für die Medienarbeit in der Zentralschweiz zuständig ist. «Wenn die jungen Skicrosser in den Strukturen der regionalen Verbände integriert wären, könnten diese im Sommer zum Beispiel auch von kostengünstigeren Angeboten in Trainingszentren profitieren. Im Konditionstraining liegen Synergien und Vorteile auf der Hand, wenn Alpine und Crosser gemeinsam an den Grundlagen für den Winter arbeiten», sagt sie.
Einig sind sich die Verantwortlichen des SX Riders Teams und Markus Wolf, Geschäftsführer von Swiss Ski, in Bezug auf die skitechnischen Voraussetzungen für Skicrosser. «Die Basisausbildung für die Skitechnik findet im Bereich Ski alpin statt», sagt Wolf. So gut wie alle in den Swiss-Ski-Kadern stehenden Skicrosser seien ehemalige Alpin-Athleten, die im Lauf der Karriere umgesattelt haben.
«Skicross scheint primär eine Talent-Transfer-Sportart zu sein. Noch offen ist der von den Sportlerinnen und Sportlern gewählte Zeitpunkt des Wechsels. Deshalb beobachten wir die Abläufe im SX Riders Team genau. Aktuell sind wir der Meinung, dass dieser Wechsel generell nicht schon im Alter von 12, 13 oder 14 Jahren stattfindet. Darum ist ein Ausbau der Strukturen im Nachwuchsbereich nicht unser primäres Ziel.»
Die aktuelle Situation hat zur Folge, dass durch den eher späten Umstieg die sportspezifische Basisarbeit für talentierte Athleten nicht wie bei den Alpinen bereits in den Regionalverbänden gemacht worden ist, sondern durch Swiss Ski erst relativ spät erfolgt. Wolf räumt ein, dass man dem Skicross im Rahmen der alpinen Ausbildung in den Vereinen und Regionalverbänden – der Berner Oberländische Skiverband führt bereits ein Skicross-Angebot für Athleten ab 16 Jahren – mehr Platz einräumen könnte. «Die Audi Skicross Tour soll hier auch als Anreiz dienen.»
Reber hört Wolfs Worte wohl, befürchtet aber, dass dem Skicross ähnliches widerfahren könnte wie vor vielen Jahren dem damaligen Trendsport Beachvolleyball: Nach anfänglichen Erfolgen folgte ein vorübergehendes Loch. «Aktuell ist die Schweiz im Skicross stark. Aber wenn Swiss Ski nicht aufpasst, dann wird die Schweiz, weil der Sport auch im Nachwuchsbereich international immer professioneller betrieben wird, den Anschluss verpassen und später den eingehandelten Rückstand wieder aufholen müssen», sagt Reber. (aargauerzeitung.ch)