Grösser kann ein Highlight kaum sein: Für die Schweizer Biathleten steht in diesem Winter eine Weltmeisterschaft im eigenen Land auf dem Programm. Vom 12. bis 23. Februar gastieren die Menschen, die die Kombination aus Langlauf und Schiessen am besten beherrschen, in der Biathlon-Arena kurz vor dem Dorf Lantsch/Lenz.
Auch Sebastian Stalder freut sich auf den Höhepunkt der Saison. Konkrete Ziele mag er sich aber noch nicht setzen, aus gutem Grund: «Das ist vor der Saison schlicht zu schwierig. Man weiss noch nicht, wie man in Form ist.» Etwas konkreter könne er seine Ziele dann nach den ersten Rennen formulieren. Trotzdem ist Stalder optimistisch für die neue Saison, die am 30. November in Finnland beginnt: «Wir haben im Sommer zusätzliche Intervall-Einheiten eingebaut und ich habe mich technisch nochmals verbessert.»
Einen Heimvorteil erhofft sich der mittlerweile in Alvaneu GR wohnhafte Zürcher vom Heimpublikum in der Lenzerheide. «Familie und Freunde, die sonst vielleicht nicht an einem Weltcup dabei sein können, werden dort sein», freut sich Stalder. Das sei schon letzte Saison beim Weltcup am gleichen Ort der Fall gewesen. «Es waren sehr viele Bekannte dabei und allgemein sehr viele Schweizer Fans mit roten Fahnen. Das pusht uns natürlich.»
Die Schweizer kennen natürlich die Strecke und den Schiessstand in der Lenzerheide besser als die Konkurrenz. Trotzdem sieht Stalder darin keinen riesigen Vorteil: «Im Biathlon können sich gerade am Schiessstand die Bedingungen mit dem Wind so schnell verändern. Dann ist es egal, wie oft du dort schon geschossen hast.»
Am Ende entscheidet sich ein Biathlon-Rennen in den Beinen – und im Kopf. «Es ist sicher mehr als 50 Prozent im Kopf», sagt Stalder. Ohne Beine gehe natürlich nichts, aber man könne sich mit dem Kopf zwingen, an oder über die Grenzen zu gehen, auch wenn es schmerze. «Der Körper hält relativ viel aus, es ist echt erstaunlich», erklärt der Salomon-Athlet mit einem Schmunzeln.
Am Schiessstand ist der Kopf ebenfalls entscheidend – auch wenn er ironischerweise keine Rolle spielen sollte. «Im Idealfall geht dir beim Schiessen gar nichts durch den Kopf, oder höchstens Gedanken über den Schiessrhythmus», sagt der 26-Jährige, der seine Gewehrschäfte selbst baut. Aber es sei extrem schwierig, an nichts zu denken. «Insbesondere wenn man alles getroffen hat und dann zum letzten Schuss ansetzt», ergänzt Stalder. An seine besten Rennen könne er sich kaum mehr erinnern, weil er derart im Tunnel gewesen sei.
Zum Wintersport kam der Zürcher über seine Eltern. «Sie waren im Skiclub Bachtel stark engagiert», erklärt Stalder. Das Langlaufen kam deutlich vor dem Schiessen, mit dem er erst mit zwölf Jahren begonnen hat. Dennoch haben ihn bei den Olympischen Sommerspielen in Paris natürlich auch die Sportschützen fasziniert. Ob er sich das auch mal vorstellen könnte? «Es würde mich schon interessieren, wie ich mit ihrem Equipment abschneiden würde.»
Dass er dereinst auch an den Olympischen Sommerspielen teilnehmen wird, glaubt Stalder trotzdem nicht: «Es ist ein komplett anderer Sport.» Die Sportschützen hätten das Ziel, immer die Zehn zu treffen, bei den Biathleten gehe es einfach darum, die Scheiben abzuräumen, egal ob der Treffer am Rand sei oder nicht. «Die Profischützen haben sicher noch etwas mehr Talent als wir.»
Dann doch lieber Biathlon mit einer Weltmeisterschaft im eigenen Land.