Wer das Bangkoker Gefängnismuseum betritt, sieht Folterwerkzeuge und nachgestellte Hinrichtungsszenen. Das Museum steht in einem Park – dort, wo einst die Mauern einer Haftanstalt emporragten. Das Innere des hellen Gebäudes gibt beklemmende Einblicke in ein dunkles Kapitel thailändischer Justizgeschichte. Es zeigt Torturen, denen Häftlinge unterzogen wurden, bis diese Strafen 1908 abgeschafft wurden.
Ausgestellt wird zum Beispiel ein Ball aus Rattan mit nach innen gerichteten Nägeln. Früher wurden Häftlinge dort hineingezwängt, heute sitzt eine menschengrosse Puppe darin. Elefanten kickten dann den Ball durch die Gegend. «Takraw» hiess diese Foltermethode – benannt nach einer asiatischen Ballsportart.
Ein Zellentrakt des ehemaligen Gefängnisses wurde erhalten. Vieles erinnert an die Grausamkeiten, die sich hier zugetragen haben: Teller, auf denen den zum Tode Verurteilten ihr letztes Mahl serviert wurde. Ein Holzkreuz, an dem sie zur Hinrichtung festgebunden wurden. Ein Wärter schoss ihnen dann mit einer Maschinenpistole von hinten ins Herz. Diese Szene wird hier nachgestellt – bis 2003 war sie noch Praxis in Thailand. Inzwischen nutzt man Giftspritzen.
«Der Tourismus wird zunehmend sensationsheischend», sagt Jim Algie. Er ist Autor des Buches «Bizarres Thailand», in dem er die dunklen Seiten des Landes beschreibt. Kriminalität, Sex-Industrie, Schwarze Magie. «Die Tourismusbehörden wollen Besuchern ein Disneyland-Bild des Landes vermitteln, nur die heiteren und glänzenden Seiten», sagt er. Doch das sei eine veraltete Herangehensweise. «Reisende wollten heutzutage authentische Erlebnisse.»
Die bekommen sie im Siriraj Medical Museum gewiss. Die Räume liegen auf dem Gelände der ältesten medizinischen Fakultät Thailands. Wer sie betritt, braucht einen «ziemlich starken Magen», wie Nick Bushell, ein Backpacker aus London, es ausdrückt. Zu sehen gibt es mumifizierte Serienmörder, Leichen in unterschiedlichen Sezierungsphasen, Fotos von Unfällen, deformierte Föten in grossen Gläsern, menschliche Gehirne oder auch konservierte siamesische Zwillinge.
Die Sammlung umfasst Bereiche wie forensische Medizin, Pathologie oder auch Parasiten. Ursprünglich sollte sie Medizinstudenten dienen. Heute ist das Museum ein beliebtes Touristenziel. Im vergangenen Jahr zog es 20'000 ausländische Besucher an – das sei ein Viertel aller Eintritte gewesen, sagt der Museumsdirektor Tumtip Sangruchi: Weil die Objekte so rar seien, habe man beschlossen, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
«Man bekommt diese Dinge selten zu sehen», sagt Cara Hull, eine Biologiestudentin aus Australien. «Viele Universitäten haben sie, aber die Menschen haben nicht immer Zugang dazu.» Chris Lock, ein britischer Tourist, ist von dem Anblick schockiert. «Das habe ich nicht erwartet», sagt er.
Den Trend zum Grusel-Tourismus gibt es auch anderswo. Im benachbarten Kambodscha strömen Touristen zum Tuol-Sleng-Genozid-Museum in Phnom Penh, das die Rote Khmer als Foltergefängnis nutzten, oder den Massenhinrichtungsstätten «Killing Fields».
In Vietnam besichtigen Reisende die Kriegsschauplätze. In Grossbritannien gibt es an der University of Central Lancashire seit 2005 sogar ein Institut, das sich mit dem sogenannten dunklen Tourismus befasst. Tourist Bushell erklärt, warum er sich in den Ferien Babyleichen anguckt: «Wir wollten unbedingt mal etwas Anderes sehen.» Er sei auch schon in einem Todesstrafenmuseum. «Das war aber weniger anschaulich.» (whr/sda/dpa)