Nicht einmal im Tod sollen die mutmasslichen Putschisten Frieden finden: Ein steiniges Brachland direkt neben einer Baustelle in einem Vorort von Istanbul soll ihre letzte Ruhestätte werden. Einer der aufständischen Soldaten wurde auf dem «Friedhof der Verräter» bereits beigesetzt.
Nur ein Erdhaufen weist auf das Grab von Mehmet Karabekir hin, einen Grabstein gibt es nicht. Der Soldat soll während des Putschversuchs einen Lokalpolitiker getötet haben. Seine Familie hatte sich geweigert, sich um den Leichnam zu kümmern.
«Der tote Körper wurde in einem Krankenwagen hergebracht. Er wurde von einer Handvoll Menschen beerdigt und das war's», schildert ein Zeuge die Beisetzung. Neben Karabekirs Ruhestätte wurden bereits drei weitere Gräber ausgehoben.
Insgesamt wurden nach Regierungsangaben 24 Putschisten während der Gefechte in der Nacht zum 16. Juli getötet. Der «Friedhof der Verräter» ist für Zivilisten nicht zugänglich, Journalisten dürfen ihn nur in Begleitung eines Sicherheitsmanns besuchen.
Nach Angaben von Istanbuls Bürgermeister Kadir Topbas wurde die Idee für den Friedhof in einer Sitzung des Stadtrats geboren. «Wer diese Nation verrät, darf niemals in Frieden ruhen, auch nicht in seinem Grab», sagte Topbas türkischen Medien.
Auch die nationale Religionsbehörde Diyanet hält den Umgang mit den Putsch-Soldaten für gerechtfertigt. Diese hätten das Gesetz mit «Füssen getreten», erklärte Diyanet. «Sie haben die Erlösung oder Gebete ihrer muslimischen Brüder nicht verdient.» Ausnahmen könne es nur für Soldaten oder Sicherheitskräfte geben, die zur Teilnahme an dem Putsch gezwungen worden seien.
Der «Friedhof der Verräter» sorgt aber auch für Kritik. Das Recht auf eine würdevolle Bestattung stehe allen Menschen zu – egal, was sie getan haben, argumentieren die Gegner.
«Die Entscheidung für den Friedhof wurde hastig und im Eifer des Gefechts getroffen», sagt auch der emeritierte Theologieprofessor und frühere AKP-Abgeordnete Necip Taylan. Der Putschversuch habe eine tiefe Wunde in der türkischen Gesellschaft hinterlassen. «Aber ich denke nicht, dass es eine gute Idee war, einen solchen Friedhof zu schaffen.»
Andere sehen in der trostlosen Ruhestätte die gerechte Strafe für die Putschisten. «Sie verdienen die Bezeichnung Verräter», sagt etwa der Taxifahrer Yasar.
Die Stadtverwaltung ging inzwischen einen kleinen Schritt auf die Kritiker zu und entfernte das zunächst eigens angebrachte Schild mit der Aufschrift «Friedhof der Verräter». Die Religionsbehörde hatte dies empfohlen, aus Rücksicht vor den Familien der Toten. (sda/afp)