«Dies ist kein Videospiel, dies ist die Realität!», ruft Beni Thurnheer begeistert ins Mikrofon. Keine halbe Stunde ist im St.Jakob-Park gespielt, da führt das kleine Basel gegen den Riesen Liverpool mit 3:0. Unfassbar!
Als Fussball-, aber bestimmt nicht FCB-Freund, bin ich an diesem Abend im Stadion und lasse mich wie die 29'533 anderen Zuschauer von meinem Sitz reissen. Von Zauberfuss Hakan Yakin, vom stürmischen Aussenverteidiger Thimotée Atouba, von den argentinischen Tormaschinen Julio Hernan Rossi und Christian Gimenez.
Schon ein Unentschieden bringt die Basler in die Zwischenrunde der Champions League, aber sie suchen von Beginn an den Sieg. «A Night To Remember» solle es werden, hatte Trainer Christian Gross vor der Partie ausgerufen, eine Nacht, an die man sich lange erinnern würde. Das Vorhaben gelang, wie sich herausstellen sollte.
Denn die Fans im Stadion und vor dem TV sehen, wie der FCB schon in der 2. Minute in Führung geht. Rossi schiebt den Ball nach einer feinen Kombination und einem Querpass von Hakan Yakin ins Liverpooler Tor. Der Sturmlauf geht weiter, Gimenez (22.) nach einem Steilpass Yakins und Atouba im Anschluss an einen abgewehrten Yakin-Freistoss sorgen nach 29 Minuten dafür, dass das Joggeli kocht.
«Im Gegensatz zu Liverpool waren wir von der ersten Minute mit Herz und Seele beim Spiel dabei», sagte Goalgetter Gimenez nach der Partie. Nach dem 3:0 habe er gedacht, dass Basel das Spiel nun über die Zeit bringen müsse.
Aber die Reds haben noch nicht aufgesteckt. Nur mit einem Sieg können sie noch weiterkommen und so treten die Engländer nach der Pause auf. Ein Doppelschlag durch Danny Murphy und Vladimir Smicer – plötzlich führt Basel nur noch 3:2 und es bleibt noch eine halbe Stunde zu spielen. «Leider haben wir uns in der zweiten Halbzeit selbst in Schwierigkeiten gebracht. Aber das ist Fussball», analysierte Verteidiger Bernt Haas. «Am Schluss ist mir fast das Herz stehen geblieben.»
Denn fünf Minuten vor dem Ende gleicht Liverpool das Spiel tatsächlich noch aus. Michael Owen holt einen Handspenalty heraus, schiesst ihn selber und trifft im Nachschuss, nachdem Pascal Zuberbühler den ersten Versuch noch parieren kann.
«Ich war schon froh, als der Abpfiff kam», sagte ein erleichterter Trainer Gross, als der französische Schiedsrichter Claude Colombo die Partie nach vier Nachspielminuten endlich beendet hat.
«An diese Nacht werde ich mich immer erinnern», wusste Bernt Haas schon nach dem Schlusspfiff. Es wurde, was Trainer Christian Gross sich erhofft hatte: «A Night To Remember».
Ein rauschendes 3:3 – die Fussballschweiz ist begeistert. «Neunzig Minuten für die Ewigkeit», jubelt die «Basler Zeitung» und schreibt vom «schönsten Abend der Basler Fussball-Geschichte». Auch der Kommentator vom «Tages-Anzeiger» schwärmt in den höchsten Tönen: «Verrückter, dramatischer, nervenaufreibender kann ein Fussballspiel nicht sein. Und war sicher nie eines in der Schweiz auf diesem Niveau.»
Sportminister Samuel Schmid, nicht gerade für überschäumendes Temperament bekannt, sagt: «Basel ist super. Wir dürfen stolz auf den FCB sein. Es war ein Wahnsinnserlebnis und die Stimmung war einzigartig.» Yakin und Rossi erhalten vom «Blick» die Bestnote 6, alle anderen Basler werden mit einer 5 bewertet.
Fernsehreporter Beni Thurnheer kommt sich unmittelbar nach dem Spiel vor «wie auf dem elektrischen Stuhl. Ein Riesengenuss in der ersten Halbzeit und dann das grosse Leiden und Zittern in der zweiten Halbzeit. Ich bin ganz erschöpft.»
Rückblickend bezeichnet «Beni National» seine Kommentarleistung als eine der besten seiner Karriere, derart sei er vom Geschehen auf dem Rasen inspiriert worden. 2008 sagt er in der «Basler Zeitung» über das 3:3 des FCB gegen Liverpool: «Von der Dramatik her war das einmalig. Da war ich richtig gut drauf. Dieses Spiel müsste man zeigen, wenn ich gestorben bin.»