Nach dem Beschluss zur Entsendung von rund 300 Soldaten als Militärberater in den Irak hoffen die USA auf einen möglichst kurzen Einsatz. «Wir führen amerikanische Truppen nicht für einen langen Aufenthalt zurück in den Irak, und sicherlich nicht, um an Kampfhandlungen teilzunehmen», sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Freitag.
Es handle sich um eine «diskrete, gemässigte, vorübergehende Regelung», um sich ein besseres Bild von der Lage im Land zu machen. «Es ist keine Besetzung, es ist keine Invasion», betonte Kirby. Einen Zeitrahmen für den Einsatz gebe es allerdings noch nicht.
Die US-Berater sollen im Lauf der nächsten Woche im Irak ankommen, um die irakischen Militärs in ihrem Kampf gegen den Vormarsch der Terrormiliz ISIS (Islamischer Staat im Irak und Grosssyrien) zu unterstützen.
Sie sollen nach Angaben der «New York Times» etwa Ziele für Luftangriffe gegen die Terrormiliz prüfen. Die Islamisten der ISIS verbreiten seit Anfang vergangener Woche Angst und Schrecken in der Region und stellen Bilder von Massenexekutionen ins Internet. Sie haben dutzende Menschen, zumeist Ausländer, in ihrer Gewalt.
Obama will die 300 beratenden Soldaten ohne Zustimmung vom Kongress in den Irak schicken. «Die Massnahmen, die der Präsident bisher getroffen hat, erfordern keine zusätzliche Genehmigung vom Kongress», sagte Obamas Vize-Sprecher Josh Earnest am Freitag. Die Regierung würde sich in der Frage aber weiterhin mit führenden Politikern im Senat und Abgeordnetenhaus abstimmen.
Sowohl Demokraten als auch andere Abgeordnete hatten Obama nach seiner Ankündigung, Militärberater ins Land zu schicken, innenpolitisch den Rücken gestärkt – und erklärt, dass der Präsident zu diesen Schritten befugt sei. Eine längerfristige Stationierung von Soldaten oder ein grösserer Einsatz müsse aber vom Kongress abgesegnet werden, sagte der demokratische Senator Chris Murphy.
Eine Schlüsselfigur im Irak-Konflikt ist der umstrittene irakische Regierungschef Nuri al-Maliki, der zu Beginn des Islamistensturms hilflos wirkte. Erst unter dem Druck der sunnitischen Milizen nahm der Schiit Gespräche mit führenden Vertretern der Minderheit auf. Die Sunniten werden seit Jahren von allen wichtigen politischen Posten ferngehalten. Nach Informationen der US-Regierung schickte der Iran, Unterstützer von Maliki, eine «kleine Zahl» von Agenten in den Irak. «Es gibt einige iranische revolutionäre Agenten im Irak, aber ich habe keine Anzeichen für Bodentruppen oder grössere Einheiten gesehen», so Kirby offenbar in Anspielung auf die für Auslandsoperationen zuständige Al-Quds-Brigade der Revolutionsgarden.
US-Aussenminister John Kerry reist vermutlich schon an diesem Wochenende in die Region, um den Konflikt möglichst diplomatisch zu entschärfen. Am Sonntag beginnt Kerry eine sechstägige Reise durch den Nahen Osten und Europa und startet dabei in Jordanien. Auch beim NATO-Aussenministertreffen in Brüssel will Kerry anwesend sein, anschliessend reist er nach Paris.
Im syrisch-irakischen Grenzgebiet haben indes Kämpfer der radikalislamistischen ISIS drei strategisch wichtige Städte erobert. Damit kommt die sunnitische Extremistengruppe ihrem Ziel näher, die von ihr kontrollierten Gebiete in beiden Staaten zu verbinden. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte am Freitag, die Sunniten-Gruppe habe die am Euphrat gelegenen Städte Muhassan, Albulil und Albuomar eingenommen. Von ihnen aus könnte die ISIS den Militärflughafen von Deir al-Zor angreifen sowie den Ort Al-Majadin. Sollte auch er fallen, wäre in der ölreichen Provinz nur noch Abu Kamal als grössere Stadt nicht unter ihre Kontrolle. «Sie preschen voran», sagte ein Vertreter der Beobachtungsstelle. (rar/sda)