Am Sonntag hat Donald Trump zugegeben, dass er in einem Telefongespräch mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, die Sache mit Joe Biden angesprochen habe. Trump wirft dem ehemaligen US-Vize-Präsidenten und seinem wichtigsten Herausforderer bei den nächsten Wahlen vor, die Ukraine genötigt zu haben, einen Staatsanwalt zu entlassen, der gegen seinen Sohn Hunter ermittelt hat.
Nun hat die «Washington Post» enthüllt – und die «New York Times» hat es bestätigt –, dass Trump vor diesem ominösen Telefonanruf seinen Stabschef Mick Mulvaney angewiesen haben soll, 391 Millionen Dollar Hilfsgelder an die Ukraine zu blockieren. 250 Millionen Dollar stammen dabei vom Verteidigungs-, 141 Millionen Dollar vom Aussenministerium.
Die Ukraine-Affäre entwickelt sich weit dramatischer und schneller als die Russland-Affäre. Hier die wichtigsten Eckdaten der letzten Tage:
Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen hat vor rund einem Jahr vor dem Kongress ausgesagt, dass Trump niemals direkte Befehle erteile, sondern seine Wünsche indirekt übermittle. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass der US-Präsident seinem ukrainischen Gegenüber ein direktes Quidproquo angeboten hat, will heissen: Hilfsgelder gegen eine Untersuchung gegen Biden.
Doch es zeigt sich immer klarer, dass Trump indirekt ein solches Geschäft anbot. So soll er Selenskyj mehrmals vorgeschlagen haben, seinen aktuellen Anwalt und Mann fürs Grobe, Rudy Giuliani, zu empfangen.
Die neuesten Enthüllungen haben auch bei Nancy Pelosi, der Mehrheitsführerin der Demokraten im Abgeordnetenhaus, einen Gesinnungswandel bewirkt. Bisher hat sie ein Impeachment strikte abgelehnt, weil sie mit guten Gründen befürchtete, es würde mehr politischen Schaden als Nutzen anrichten.
Am Sonntag jedoch hat Pelosi in einem Brief an die Abgeordneten angedeutet, es sei nun an der Zeit, einen Gang höher zu schalten. Sie will heute die Fraktion der Demokraten zu einer Sondersitzung zusammenrufen, um über das weitere Vorgehen zu diskutieren.
Bereits jetzt spricht sich eine Mehrheit der demokratischen Abgeordneten für ein Impeachment aus. Eine starke Minderheit befürchtet jedoch, in diesem Fall ihren Sitz bei den nächsten Wahlen 2020 zu verlieren. Viele dieser Abgeordneten stammen aus konservativen Wahlbezirken und haben sich teilweise nur knapp gegen ihre republikanischen Rivalen durchsetzen können.
Doch auch bei diesen sogenannten «Blue Dog Democrats» kippt die Stimmung. Auf der Meinungsseite der «Washington Post» ist heute ein Kommentar von sieben neu gewählten, gemässigten Abgeordneten der Demokraten erschienen. Darin schreiben sie, dass nun ein Impeachment des Präsidenten nicht mehr zu vermeiden sei, und begründen es wie folgt:
Und was macht Trump? Das, was er immer tut: Er vertröstet die Medien und erklärt, er werde vielleicht das Transkript des ominösen Telefongesprächs veröffentlichen. Aus der leidigen Affäre mit seiner Steuererklärung wissen wir, dass er es niemals tun wird.
Diesmal kommt er damit möglicherweise nicht durch. Am Donnerstag muss der Geheimdienstchef Maguire vor dem Kongress antraben. Weigert er sich offenzulegen, was der Whistleblower gemeldet hat, dann ist dies höchstwahrscheinlich der Startschuss für ein Impeachment-Verfahren gegen den Präsidenten.