Jura Ost und Zürich Nordost: Diese beiden Standorte schlägt die Nagra für die Lagerung sowohl von schwach- und mittelradioaktiven als auch von hochradioaktiven Atomabfällen vor. Nicht nur im Standortkanton Zürich, auch in Schaffhausen und im grenznahen Süddeutschland ist man alarmiert. Der Aargauer Regierungsrat hat sich «ausserordentlich überrascht» gezeigt.
Vier weitere Gebiete, die ebenfalls für den Bau eines geologischen Tiefenlagers untersucht wurden, dürften damit aus dem Spiel sein. Es handelt sich um Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden und Wellenberg. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hatte in einer ersten Etappe insgesamt sechs Standorte identifiziert, welche als Endlager geeignet schienen.
Die am Freitag vorgelegte Empfehlung der Nagra umfasst nun lediglich zwei Standorte. Beide eigneten sich sowohl für ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle als auch für hochradioaktive Abfälle oder für ein Kombi-Lager, heisst es in einer Mitteilung.
Die Berichte und Analysen, auf welche die Nagra ihren Entscheid stützt, werden nun den Bundesbehörden zur Überprüfung und den Standortkantonen zur Stellungnahme unterbreitet. 2016 soll eine öffentliche Anhörung durchgeführt werden. Voraussichtlich Mitte 2017 wird der Bundesrat auf Grundlage aller Ergebnisse entscheiden, ob er den von der Nagra vorgeschlagenen Gebieten zustimmt. Ein definitiver Standortentscheid soll 2027 fallen. Das letzte Wort hat das Volk.
Der Regierungsrat des Kantons Zürich findet die Einschränkung auf nur noch zwei mögliche Standorte zu früh, wie er in einer Mitteilung schreibt. Der Kanton Zürich habe immer betont, dass das Tiefenlager am sichersten Standort gebaut werden müsse, heisst es in der Mitteilung. Gleichzeitig halte der Regierungsrat fest, «dass er ein geologisches Tiefenlager auf Kantonsgebiet nach wie vor ablehnt».
Besorgt zeigte sich die Regionalkonferenz Zürich Nordost. Die Einengung auf nur noch zwei Standorte erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass in Zürich Nordost ein Tiefenlager realisiert werde. Das Partizipationsverfahren werde für die regionale Bevölkerung noch wichtiger. Und auch die Zusammenarbeit von Region, Kanton, Bund und Nagra müsse gestärkt werden.
Der Aargauer Regierungsrat hat sich «ausserordentlich überrascht» gezeigt, dass die Nagra die Standortsuche für ein Atomendlager bereits jetzt stark einengte. Im Aargau ist ein Endlager im Gebiet Jura Ost (Bözberg) geplant. Es brauche ein «faires und glaubwürdiges» Standortverfahren.
Man sei weniger überrascht, dass der Aargau noch als Standortkanton in der Diskussion sei, sagte Regierungsrat und Baudirektor Stephan Attiger (FDP) am Freitag vor den Medien in Aarau. Aber die Eingrenzung auf die Standorte Jura Ost und Zürich Nordost sei schon überraschend.
«Wir wollen kein Atomendlager», machte Attiger klar: «Wir wollen das nicht.» Es dürfe kein politischer Entscheid sein. Aber der sicherste Standort müsse geprüft werden. Der Aargau werde die Berichte der Behörden genau prüfen und dann ausführlich Stellung nehmen.
Der Waldshuter Landrat Martin Kistler stellte mit Besorgnis fest, dass beide jetzt vorgeschlagenen Standorte nahe der Grenze liegen. Aufgrund der Unterlagen, die auch die deutsche Seite erhalte, werde man sehr genau die Gründe für das vorläufige Ausscheiden der grenzferneren Standorte prüfen. Zudem kritisierte Kistler gemäss einem Communiqué die zu enge Definition der Standortregion.
Voraussichtlich Mitte 2017 wird der Bundesrat auf Grundlage aller Ergebnisse entscheiden, ob er den von der Nagra vorgeschlagenen Gebieten zustimmt. Ein definitiver Standortentscheid soll 2027 fallen. Das letzte Wort hat das Volk. (whr/sda)