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Kriegsschiffe für Russland, Ärger für Frankreich

Zwei Kriegsschiffe vom Typ Mistral will die sozialistische Regierung in Paris an Russland verkaufen.
Zwei Kriegsschiffe vom Typ Mistral will die sozialistische Regierung in Paris an Russland verkaufen.Bild: AP
Ukraine-Krise

Kriegsschiffe für Russland, Ärger für Frankreich

29.06.2014, 06:4929.06.2014, 07:56
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Das Geschäft sorgt für mächtigen Ärger: Inmitten der Ukraine-Krise und trotz der Androhung verschärfter Sanktionen gegen Moskau hält Frankreich an einem Milliarden-Rüstungsgeschäft mit Russland fest. Zwei Kriegsschiffe vom Typ Mistral will die sozialistische Regierung in Paris an Russland verkaufen. Vor allem die USA machen Druck, diesen Deal auf Eis zu legen. Doch schon ab Montag werden etwa 400 russische Marine-Soldaten zum Training an den Helikopter-Trägern in Frankreich erwartet.

«Wenn Frankreich sein Wort nicht einlöst, werden sich die abwenden, die französische Rüstungsgüter kaufen wollen.»
Yves Boyer, Stiftung für strategische Forschung

«Im Prinzip kommen die russischen Besatzungen am Montag an und wir sind bereit, sie zu empfangen», verkündete am vergangenen Freitag der Generaldirektor der Werft STX im westfranzösischen Saint-Nazaire. Dort wurden und werden die beiden Helikopter-Träger «Wladiwostok» und «Sewastopol» gebaut. Der erste soll bereits im Oktober an Russland geliefert werden. Die Gesamtsumme des Vertrags liegt bei 1,2 Milliarden Euro. 500 Arbeitsplätze hängen daran.

Verbunden mit anderen Rüstungsgeschäften

Aber für Frankreich geht es noch um mehr: Auf dem Spiel stehen der Ruf und die Verlässlichkeit der französischen Verteidigungsindustrie, die derzeit über eine Reihe lukrativer Verträge verhandelt. «Wenn Frankreich sein Wort nicht einlöst, werden sich die abwenden, die französische Rüstungsgüter kaufen wollen», sagt Yves Boyer von der Stiftung für strategische Forschung.

Eine Annullierung des Geschäfts mit Russland könnte seiner Ansicht nach Folgen haben insbesondere für den geplanten Verkauf von 126 Rafale-Kampfflugzeugen durch das französische Unternehmen Dassault Aviation an Indien, das im Rüstungsbereich enge Verbindungen zu Moskau pflegt. Frankreichs Präsident François Hollande machte denn auch auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise im Mai deutlich, dass der 2011 abgeschlossene Vertrag mit den Russen «derzeit nicht in Frage gestellt» werde. Doch Washington warnt die französische Regierung unablässig vor dem Geschäft.

US-Präsident Barack Obama brachte erst Anfang Juni seine «Besorgnis» über die Aufrechterhaltung solcher Rüstungsverträge zu einem Zeitpunkt zum Ausdruck.
US-Präsident Barack Obama brachte erst Anfang Juni seine «Besorgnis» über die Aufrechterhaltung solcher Rüstungsverträge zu einem Zeitpunkt zum Ausdruck.Bild: Jim Mone/AP/KEYSTONE

US-Präsident Barack Obama brachte erst Anfang Juni seine «Besorgnis» über die Aufrechterhaltung solcher Rüstungsverträge zu einem Zeitpunkt zum Ausdruck, zu dem Russland «das internationale Recht gebrochen» und sich die Halbinsel Krim einverleibt habe. Auch NATO-Partner insbesondere in Osteuropa sind wenig erfreut über den Deal.

Vertrag der Privatwirtschaft

Auf französischer Seite ziehen sich die Verantwortlichen gerne hinter dem Hinweis zurück, es gehe um ein Privatgeschäft, denn der Vertrag sei zwischen Industrieunternehmen abgeschlossen worden. Ausserdem brauche man keine Lektionen von aussen. «Die Frage stellt sich dann, wenn das erste der beiden Schiffe exportiert werden soll, also im Oktober/November», heisst es gebetsmühlenartig im Verteidigungsministerium in Paris. Die bisherigen europäischen Sanktionen würden solche Geschäfte nicht umfassen.

Die USA sind nicht erst seit der Ukraine-Krise gegen das französische Rüstungsgeschäft. Schon zur Vertragsunterzeichnung im Juni 2011 hatte Washington seine Besorgnis über eine Lieferung solcher Schiffe durch ein NATO-Land zum Ausdruck gebracht. Die Mistral sind die grössten französischen Kriegsschiffe nach dem Flugzeugträger Charles de Gaulle; sie können 16 Helikopter, 13 Panzer, etwa 100 Fahrzeuge und 450 Soldaten zu einem Einsatzort bringen.

Putin lockt mit neuen Bestellungen

«Wenn Frankreich entscheidet, den Vertrag zu annullieren, kann es das tun. Wir werden dann Entschädigung verlangen.»
Russlands Präsident, Wladimir Putin

Dass Russland immenses Interesse an der Lieferung der französischen Kriegsschiffe hat, machte erst kürzlich Präsident Wladimir Putin persönlich deutlich. Vor seinem Frankreich-Besuch Anfang Juni warnte er im Sender Europe 1: «Wenn Frankreich entscheidet, den Vertrag zu annullieren, kann es das tun. Wir werden dann Entschädigung verlangen.»

Kiew: Ukrainer protestieren gegen das Rüstungsgeschäft.
Kiew: Ukrainer protestieren gegen das Rüstungsgeschäft.Bild: EPA

Eine Annullierung würde sich zudem nicht gerade positiv auf die Rüstungskooperation auswirken. Denn Russland, kündigte der listige Putin den mit ihrem schwachen Wirtschaftswachstum kämpfenden Franzosen an, sei sogar bereit, «neue Bestellungen zu unterschreiben». (sza/sda/afp)

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