Zuerst hat die Trump-Regierung die Anzahl der chinesischen Journalisten in den USA von 160 auf 100 reduziert. Die Antwort aus Peking liess nicht lange auf sich warten: Am Dienstag sind Journalisten der «Washington Post», der «New York Times», des «Wall Street Journal» die Akkreditierungen entzogen worden, will heissen, sie werden ausgewiesen.
Die Trump-Regierung rechtfertigt ihre Ausweisung damit, dass die chinesischen Journalisten in Tat und Wahrheit Spione seien. (160 Korrespondenten sind tatsächlich verdächtig viel.) Die chinesische Regierung behauptet derweil, was der US-Präsident längst tut: Die betroffenen Journalisten hätten Fake-News verbreitet.
Der Kleinkrieg um die Journalisten ist nur die Spitze eines Eisberges. Die beiden Präsidenten Trump und Xi giessen derzeit Öl ins Feuer eines schwelenden Konflikts zwischen den beiden Supermächten. Zuerst war es primär ein Handelskrieg, in den Zeiten von Covid-19 ist es ein Virenkrieg geworden.
Trump bezeichnet das Coronavirus wahlweise als «China-Virus» oder «Wuhan-Virus».
Das ist offensichtlich unsinnig, denn Viren besitzen keine Nationalität. Von Journalisten darauf angesprochen, erwiderte der Präsident ungerührt: «Ich sage bloss, woher das Virus kommt. Es kam aus China. Deshalb ist es ein zutreffender Begriff.»
Die Trump-Regierung wirft China auch vor, das Ausmass der Epidemie lange vertuscht zu haben. Und: Das Coronavirus sei de facto eine neue Waffe in der Auseinandersetzung der beiden Supermächte geworden und werde auch gezielt eingesetzt, um Präsident Trump politisch zu schaden.
Peking seinerseits lässt sich nicht lumpen und greift auf abstruse Verschwörungstheorien zurück. Das Virus sei nicht auf einem Wildtier-Fleischmarkt in Wuhan auf Menschen übertragen worden. Vielmehr sei es vom US-Militär in China verbreitet worden.
Die Propaganda-Schlacht zwischen Washington und Peking ist lächerlich und deplatziert. Bonnie Glaser, China-Expertin beim Center for Strategic and International Studies, erklärt denn auch:
Schon 2016 war China-Bashing ein zentraler Aspekt von Trumps Wahlkampf. Das Coronavirus bietet nun einen geeigneten Anlass, diese Kampagne hinsichtlich der Wahlen 2020 wieder aufleben zu lassen.
Unterstützt wird Trump dabei von seinem Hofsender Fox News. Vor allem der Moderator Tucker Carlson führt einen regelrechten Propaganda-Krieg gegen die Chinesen. Abend für Abend hämmert er seinen Zuschauern ein, wie eine angebliche Washingtoner-Elite das Land verraten und in den Fernen Osten verkauft habe.
Die Propagandaschlacht ist auf beiden Seiten ein gezieltes Ablenkungsmanöver. Präsident Xi hat die Epidemie tatsächlich lange unter dem Deckel behalten und so ihre Ausbreitung begünstigt. Ob Covid-19 selbst mit den drastischen Massnahmen bereits eingedämmt ist, wird sich weisen müssen.
Präsident Trump hat die Gefahr des Coronavirus ebenfalls lange verharmlost. Er mache sich deswegen überhaupt keine Sorgen, erklärte er noch am 22. Januar und versicherte: «Wir haben alles unter Kontrolle.»
Später sprach Trump an einer seiner Rallys im Zusammenhang mit Covid-19 von einem «schlechten Witz» der Demokraten. Ende Februar erklärte er vor Journalisten, das Coronavirus werde «wie ein Wunder» bald verschwinden.
Nun hat Trump eine Spitzkehre auf einem Bierdeckel vollzogen. «Ich habe schon immer gewusst, dass es eine Pandemie ist», versicherte er gestern an einer Pressekonferenz. «Ich habe es immer als sehr gefährlich angesehen.»
So lächerlich der Propaganda-Krieg ist, so real ist die Gefahr, die vom Coronavirus ausgeht. Moderne Volkswirtschaften leben vom Konsum, und dieser Konsum ist gerade in den USA dramatisch eingebrochen. Das führt nicht nur zu Crashs an den Finanzmärkten, sondern lähmt auch die reale Wirtschaft.
Inzwischen sprechen Ökonomen davon, dass die amerikanische Wirtschaft im zweiten Quartal um zehn Prozent einbrechen könnte.
Die Trump-Regierung will nun mit einem 850-Milliarden-Dollar-Hilfspaket das Schlimmste abwenden. Um den Konsum zu stützen, erwägt sie dabei, an alle Haushalte einen Scheck von 1000 Dollar zu verteilen.
Ökonomen verweisen darauf, dass im Zweiten Weltkrieg die jährliche Verschuldung der USA auf 26 Prozent des Bruttoinlandprodukts geklettert ist. Sorgen um ein Staatsdefizit sind daher derzeit fehl am Platz. Es herrscht Kriegswirtschaft.