Gannett, Tribune Company und E.W. Scripps, einst drei grosse Player im amerikanischen Zeitungsmarkt, haben ihr Printgeschäft von TV- und Internetaktivitäten getrennt. Robert Murdoch hat diesen Schritt mit seiner News Corporation schon vor einiger Zeit getan, ebenso TimeWarner.
Der Grund für dieses Tun ist schnell erklärt: Das einst hoch profitable Printgeschäft ist heute zu einem Klotz am Bein geworden und verwässert den Gewinn der Medienkonzerne. Die Aktionäre setzen die Verleger unter Druck, sich von Zeitungen und Magazinen zu trennen. «Print ist fix und fertig», bilanziert der Medienexperte David Carr in der «New York Times».
Dabei sah es noch vor Jahresfrist geradezu rosig aus. Amazon-Gründer und Milliardär Jeff Bezos hatte sich für 250 Millionen Dollar die «Washington Post» gekauft, zusammen mit der «New York Times» und dem «Wall Street Journal» die wohl angesehenste Zeitung der USA. Warren Buffett erwarb derweil kleinere Zeitungen im grossen Stil, und er ist nicht bekannt dafür, sein Geld in den Sand zu setzen.
Alles wird gut, jubelte die Branche. Allen Unkenrufen zum Trotz werden die Zeitungen überleben. Heute weiss eigentlich niemand mehr, warum Bezos die «Washington Post» gekauft hat, und auch Buffetts Zeitungskäufe werden eher unter dem Titel «Leidenschaften eines älteren Herrn» abgebucht als unter «gelungene Investitionen».
Mit Zeitungen Geld zu verdienen, ist heute tatsächlich sehr schwer geworden: Druck- und Verteilkosten verschlingen mindestens soviel wie die Redaktion. Gleichzeitig schrumpfen die Einnahmen, weil die Auflagen sinken und die Werbung abwandert. Die Folgen sind fatal: Um nicht vollends in den roten Zahlen zu ertrinken, werden die Redaktionen abgespeckt, während gleichzeitig die Preise teilweise massiv angehoben worden sind. Ein riskantes Unterfangen: «Man kann auf Dauer nicht gleichzeitig Preise drastisch erhöhen und Leistungen kürzen, ohne dass dies folgenlos bleibt», erklärt der Zeitungsforscher Rudolf Stöber in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» (FAS).
Drei Journalisten des renommierten Blattes haben am vergangenen Wochenende die Situation der deutschen Printmedien unter die Lupe genommen. Sie kommen ebenfalls zu einem desolaten Schluss: Zu Beginn der 80er Jahre betrug die Gesamtauflage der deutschen Zeitungen noch gut 30 Millionen Exemplare, heute sind es noch 17 Millionen.
Allein zwischen 2004 und 2014 schrumpfte die verkaufte Auflage der Tages-, Sonntags- und Wochenzeitungen um mehr als sechs Millionen Exemplare. Und ja, auch die Werbeeinnahmen sind gesunken, von 3,6 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2013.
Im Zeitungsland Schweiz hat sich der «Bannwald der Demokratie» – wie Verleger und Journalisten gerne prahlen – ebenfalls bedrohlich gelichtet. Die letzten Jahre waren geprägt von Konzentrationen und dem Verschwinden von regionalen und nationalen Titeln, verbunden mit einem massiven Abbau von Journalisten.
Gleichzeitig wurde das Geschäftsmodell umgekrempelt. Ringier wird immer mehr zum Eventmanager und Online-Anbieter von Tierfutter. Tamedia baut den digitalen Rubrikenbereich aus – und über die Strategie der «NZZ» rätseln selbst die Experten.
Print war einst ein sehr gutes Geschäft. Die Gewinnmargen lagen zu den besten Zeiten in einem Bereich, der selbst Investmentbankern die Schamröte ins Gesicht getrieben hätte. Diese Zeiten sind vorbei und werden nie mehr wiederkehren.
Nicht nur das Print-Geschäftsmodell ist kaputt, auch die Lesegewohnheiten haben sich radikal geändert. Der Mensch, der heute noch am Morgen bei Kaffee und Gipfeli gemütlich seine Zeitung liest, ist wahrscheinlich in Rente. Alle anderen beziehen ihre Informationen am Smartphone in Bahn und Bus oder am PC im Büro.
Was bedeutet dies für den Journalismus? Die FAS- Autoren prophezeien zwei mögliche Entwicklungen:
In den USA macht derzeit das Modell von BuzzFeed Furore. Diese Online-Publikation wurde 2006 von Jonah Peretti in New York gegründet. Anfänglich war es ein Labor für das, was man «virale Inhalte» nennt, alle möglichen Arten von Listen und alle möglichen Arten von Tiervideos.
Heute beschäftigt BuzzFeed rund 550 Angestellte, darunter Journalisten von renommierten Publikationen. Soeben ist der auf Start-up-Unternehmen spezialisierte Fund Andreessen Horowitz mit 50 Millionen Dollar eingestiegen. Insgesamt wird der Wert von BuzzFeed auf 850 Millionen Dollar geschätzt.
BuzzFeed will ein seriöses Informationsmedium werden. Es begeht dabei jedoch ganz andere Wege als die traditionellen Tageszeitungen. Die Inhalte werden nicht mehr primär über eine eigene Homepage, sondern über die sozialen Medien – vor allem über Facebook – verbreitet. Facebook sei die neue Titelseite des Internets, heisst es bei BuzzFeed.
Gleichzeitig will man Schritt für Schritt vom Image des Trivialen wegkommen. So erklärt Chris Dixon von Andreessen Horowitz gegenüber der «New York Times»: «BuzzFeed und ich sind gleichermassen überzeugt, dass die Menschen smart sind und Inhalt von höchster Qualität wollen.»