Der gemeine Europäer tut ja gerne so, als hätte er mit dem gewöhnlichen Amerikaner nichts gemein. Doch in Tat und Wahrheit schreibt uns Washington etwa über Facebook vor, was anstössig ist und was nicht: Prüderie und US-Moralvorstellungen kommen hierzulande gerne durch die Hintertür.
Doch das Prinzip der Vorreiterschaft der Vereinigten Staaten kann auch positiv sein – etwa wenn es um Marihuana geht. Weil in immer mehr Bundesstaaten Gras straffrei ge- und verkauft wird, steigt auch in Europa die Chance auf eine Legalisierung. Und in den USA herrscht in Sachen Haschisch und Co. Goldgräberstimmung.
Satte 2,7 Milliarden Dollar hat die Branche laut «ArcView Research» im Jahr 2014 (legal) umgesetzt. Im Vorjahr waren es mit 1,5 Milliarden Dollar noch 74 Prozent weniger – kein anderer Industriezweig wächst in den USA schneller. «Es ist kaum vorstellbar, dass ein seriöser, aufmerksamer Geschäftsmann noch nicht über die Möglichkeiten dieses Marktsegments nachgedacht hat», fasst «ArcView»-CEO Troy Dayton zusammen.
Die Zahl der Konsumenten legaler Cannabis-Produkte wird für das Jahr 2014 auf 1,5 Millionen Personen geschätzt. Ihre Ware wird bis dato in vier Staaten legal verkauft: Colorado, Washington, Alaska und Oregon. In Washington DC ist die Legalisierung beschlossen, aber noch nicht umgesetzt. Bis 2020 werden 14 Bundesländer hinzukommen, so die Prognose.
Hinzu kommen diverse Staaten, in denen Marihuana von Medizinern verschrieben werden darf. Den Löwenanteil des Umsatzes bestreitet deshalb mit Kalifornien ein Staat, in dem Cannabis nicht per se unproblematisch ist. Nur der Besitz kleiner Mengen ist straffrei, doch weil Kalifornien schon 1996 medizinisches Marihuana freigegeben hat, gibt es dort heute eine gewisse Kiff-Kultur.
Es dürfte bloss eine Frage der Zeit sein, bis Lobbyvertreter der US-Cannabisindustrie erwirken, dass für den Export lästige Verbote in Europa fallen. Wer hierzulande gerne mal die «grüne Brille» aufsetzt, kann also beruhigt durchatmen und gaaaanz entspannt in die Zukunft schauen.
Wie dieser junge Mann, der besagte Ware zum ersten Mal probiert hat.