KMU sind der Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Deshalb hat der Bundesrat rasche und unbürokratische Massnahmen beschlossen, um ihnen zu helfen, den durch das Coronavirus verursachten unfreiwilligen Winterschlaf zu überstehen.
Die Betriebe können schon morgen bei ihrer Hausbank oder bei der Postfinance ein zinsfreies Darlehen von bis zu 500’000 Franken beantragen. Die Geldinstitute gehen dabei kein Risiko ein, der Bund bürgt vollumfänglich. Völlig willkürlich werden die Darlehen jedoch nicht vergeben. Das Darlehen darf 10 Prozent des Jahresumsatzes nicht übersteigen, und die Unternehmen müssen nachweisen, dass sie aufgrund der Pandemie wesentliche Umsatzeinbussen erleiden.
Bei Überbrückungskrediten von mehr als einer halben Million Franken tragen die Banken 15 Prozent des Risikos. Im Gegenzug dürfen sie dafür einen Zins von 0,5 Prozent verlangen. Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Millionen Franken fallen nicht unter dieses Programm.
Die Bundeshilfe kommt keinen Moment zu früh. Das Coronavirus hat die Schweizer Volkswirtschaft bereits kräftig durchgeschüttelt. Mehr als 27’000 Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet. Davon sind 400’000 Mitarbeiter betroffen. Diese Zahlen werden in den kommenden Tagen noch weiter ansteigen.
Prekär ist teilweise auch die Situation der rund 110’000 Selbstständigen. Sie sind am schlechtesten abgesichert. Beispiel Taxifahrer: Weil sie weiter arbeiten dürfen, haben sie keinen Anspruch auf Entschädigung des Bundes, obwohl ihr Umsatz gegen null tendiert.
Im Allgemeinen zielen die Massnahmen des Bundesrates jedoch darauf hin, in der Schweiz eine Art allgemeine Lohngarantie für die nächsten Monate einzuführen. Das macht sehr viel Sinn. So kann gewährleistet werden, dass aus dem etwas verspäteten Winterschlaf der Wirtschaft keine Depression wird, die grosse Teile des Mittelstandes in den Abgrund reisst.
Selbst wenn die optimistischen Annahmen eintreten und der Coronavirus-Spuk im Sommer vorbei sein wird, werden von den 42 Milliarden Franken des Bundes nicht viel übrig bleiben. «Die direkten Sozialleistungen ohne Liquiditätshilfen könnten den Bund in einem solchen Fall grob geschätzt 5 bis 7 Milliarden Franken pro Monat kosten», schreibt Hansueli Schöchli in der NZZ.
Zum Glück kann sich die Schweiz das leisten. Seit 2003 ist die Staatsverschuldung von 124 Milliarden Franken auf 96 Milliarden Franken gesunken. Das entspricht 27 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP).
Im internationalen Vergleich ist das ein absoluter Spitzenwert. Der Spielraum für weitere Verschuldung ist daher gross. Gemäss Berechnungen der UBS-Ökonomen kann die Schweiz rund 140 Milliarden Franken Schulden aufnehmen, ohne ihre AAA-Wertung als erstklassiger Schuldner zu verlieren – und das bei rekordtiefen Zinsen, ja vielleicht sogar Negativzinsen.
Sollte der Im-Sommer-ist-alles-vorbei-Fall eintreten, wird dieser Spielraum jedoch nicht nötig sein. Eine Rezession lässt sich zwar nicht mehr verhindern, sie ist jedoch zu verkraften: Gemäss den Ökonomen der CS wird das Schweizer BIP im laufenden Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen. Das Staatssekretariat für Wirtschaftsfragen (Seco) kommt auf ein Minus von 1,3 Prozent, das BAK Basel auf 2,5 Prozent. Allgemein wird angenommen, dass die Wirtschaft danach sehr schnell wieder auf Touren kommt.
Im internationalen Vergleich ist das Hilfspaket des Bundes keineswegs überrissen. Es entspricht etwa 6 Prozent des BIP. Das Zwei-Billionen-Dollar-Paket, das der US-Senat soeben bewilligt hat, entspricht hingegen rund 10 BIP-Prozent.
Wegen eines mickrigen Sozialsystems und eines desolaten Gesundheitssystems können sich die Amerikaner nicht auf die sogenannten automatischen Stabilisatoren (Arbeitslosenversicherung, etc.) verlassen. Deshalb müssen sie zum sogenannten Helikoptergeld greifen. Will heissen: Fast jeder amerikanische Erwachsene wird bald von der Regierung einen Scheck in der Höhe von 1200 Dollar erhalten. Für Kinder sind es 500 Dollar.
Was aber, wenn wir das Virus nach wie vor unterschätzen? Einer, der dies befürchtet, ist der ehemalige Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Philipp Hildebrand. Er schreibt in der «Financial Times»:
Wie im Krieg wird deshalb der normale Lauf der Dinge über Bord geworfen werden müssen. Hildebrand geht davon aus, dass bald alle Staaten dazu übergehen müssen, Helikoptergeld zu verteilen. «Eines ist klar: Das Ausmass der öffentlichen Gelder, die wir privaten Haushalten und Unternehmen zukommen lassen müssen, ist noch nie da gewesen», so Hildebrand.
Hildebrand scheut auch nicht davor zurück, ein in Stein gemeisseltes Tabu umzustossen: die Unabhängigkeit der Notenbanken. Er schreibt: