Glauben wir den Ökonomen der Credit Suisse, wird bald alles wieder gut. Sollte im Sommer das Coronavirus wieder verschwunden sein, werden wir bald zur Normalität zurückkehren. Claude Maurer, Leiter der Makroanalyse bei der CS, spricht von einer «schiefen V-Kurve», will heissen: Die Schweizer Wirtschaft wird nach einer kurzen Verzögerung wieder zu Hochform auflaufen.
Basis für die optimistische Prognose der Bankanalysten ist das Fiskalprogramm des Bundes. Es umfasst insgesamt rund sechs Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und füllt damit die Lücke, welche die Virus-Krise reisst und noch reissen wird.
Ingesamt werden wir somit mit einem blauen Auge davonkommen: Gemäss CS-Studie wird das BIP im laufenden Jahr zwar um 0,5 Prozent einbrechen, im nächsten Jahr wird es bereits wieder um 2 Prozent wachsen.
Selbst für Bankökonomen ist dies eine erstaunlich optimistische Sicht. Zum Vergleich: Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) rechnet mit einem Einbruch von 1,3 Prozent für 2020.
Glauben wir Jaqueline Badran, ist gar nichts gut. Die Zürcher Unternehmerin und SP-Nationalrätin schimpft wie ein Rohrspatz: «Die Banken machen ein Bombengeschäft, die kleinen Selbstständigen gehen pleite.» Worum geht es?
In der Schweiz gibt es rund 110’000 kleine Selbstständige. Das umfasst alles, vom Coiffeurmeister über den Handwerker bis zum Pilates-Studio. Diese können nun via Banken ein Darlehen von bis zu 500’000 Franken beantragen. Die Banken können dabei einen noch zu bestimmenden Zins verlangen – wahrscheinlich wird er unter einem Prozent liegen –, ohne dafür ein Risiko zu tragen. Der Bund haftet vollumfänglich.
Dieser Kredit ist gemäss Badran reine Augenwischerei. «Das nützt nichts. Dann gehen diese Betriebe einfach zwei, drei Monate später pleite», sagt sie.
Unterstützung erhält sie dabei vom grünliberalen Berner Nationalrat Jürg Grossen. Gegenüber der NZZ erklärte dieser, die Obergrenze der vorgesehenen Liquiditätshilfen von jeweils 10 Prozent des Jahresumsatzes seien «wohl zu tief», wenn die Krise mehr als ein, zwei Monate dauere. Auch das zugesicherte Grundeinkommen von 3320 Franken hilft da nicht weiter.
Badran und Grossen fordern daher vom Bund, dass er nachbessere. Dass er beispielsweise einen Mieterlass für von Corona geschädigte Betriebe erlasse.
Dass die Massnahmen des Bundes bei den Kleinen weniger wirken, bestätigt auch der CS-Ökonom Maurer. «Sie müssen die grössten Opfer bringen», sagt er, verweist aber auch auf die zahlreichen Spezialtöpfe im Massnahmenpaket.
Es geht nicht nur um die Höhe der Darlehen. Es ist ein Streit darüber im Gange, ob Darlehen der richtige Weg seien. Wäre es nicht einfacher und sinnvoller, den Corona-geschädigten Betrieben direkt unter die Arme zu greifen?
Selbst der Präsident der Finanzdelegation des Parlamentes, der Zuger CVP-Ständerat Peter Hegglin, erklärt gemäss NZZ, dass der Bund in einer späteren Phase «vielleicht auf eine Rückzahlung verzichten werde».
Nach Meinung prominenter Ökonomen wäre es daher sinnvoll, nicht Darlehen zu gewähren, sondern direkt Cash zu verteilen. Beatrice Weder di Mauro, die bekannteste Schweizer Ökonomin, teilt diese Ansicht. Sie ist derzeit President of the Centre for Economic Policy Research.
Weder di Mauro hat bereits zwei E-Bücher zu den wirtschaftlichen Folgen des Virus mitverfasst. In der «Financial Times» spricht sie sich klar für direkte Cash-Zahlungen aus, mit der Begründung:
Um diesen Schock aufzufangen, reicht ein Vorgehen nach den gängigen Lehrbüchern der Volkswirtschaft nicht mehr aus. Die Schweiz kann zwar dank den automatischen Stabilisatoren und der erfolgreichen Anwendung für die Zuwendungen für Kurzarbeit vorläufig auf Helikoptergeld verzichten.
Geht es um die Unterstützung der Selbstständigen, sind Formalismus und Knausrigkeit fehl am Platz. «Die Unterscheidung von Fiskal- und Geldpolitik [Fiskalpolitik = monetäre Massnahmen des Bundes, Geldpolitik = Massnahmen der Notenbank, Anm. d. Verf.] fällt weg», so Weder di Mauro. «Im Krieg fallen die verschiedensten Unterscheidungen weg.»
Wenn es beim 19. April bleibt und danach langsam wieder alles hochgefahren werden kann, wird die zur Verfügung stehende Unterstützung in den meisten Fällen ausreichen.
Bei einem längeren Unterbruch, wiegen Umsatzausfälle, übrige Lohn- und Nebenkosten, etc. zu schwer und es Bedarf weiterer Gelder. Dann könnten sogar die zur Diskussion stehenden 100 Milliarden knapp werden.
Meine Hoffnung für alle ist, dass wir am 19.04. das Gröbste überstanden haben!
Da teilt sich dann auch irgendwo die Spreu vom Weizen.