In der Schweiz dominiert die Beschattungsaffäre um den früheren Credit-Suisse-Manager Iqbal Khan die Schlagzeilen seit Tagen. Doch mittlerweile ist es eine globale Story, und genau das ist gefährlich für die Credit Suisse: Ihr Image wird mit jeder Spekulation zusätzlich ramponiert.
Heute steigt die «Financial Times», die wichtigste Wirtschaftszeitung Europa, gross in die Detektiv-Geschichte ein. Zu diesem Blatt haben CEO Thiam und seine engsten Vertrauten, darunter Kommunikationschef Adam Gishen, eigentlich einen guten Draht.
Ganz im Gegensatz zu den Schweizer Zeitungen, für die sich Thiams Zirkel nie interessiert hat, was sich jetzt rächt: Der in Zürich gut vernetzte Widersacher Noch-CS-Angestellte Iqbal Khan, der per 1. Oktober zur UBS wechselt, hat PR-mässig leichtes Spiel, und so erscheint in den Medien bislang vor alle seine Version der Geschehnisse: Beschattung durch furchteinflösssende Gestalten, Verfolgungsjagd durch Zürich, Drohungen, Todesangst.
Doch auf die «Financial Times» kann Thiam diesmal offenbar nicht zählen. Das Blatt schreibt heute, es habe mit zwei Personen gesprochen, die über die Untersuchung informiert seien, welche die Hintergründe der Beschattungsaffäre klären soll und die von CS-Präsident Urs Rohner persönlich geleitet wird. «Top-Jobs, derjenige von Thiam eingeschlossen, könnten in Gefahr sein», sagen diese Personen. Einer werde gehen müssen, oder zumindest werde es angemessene Sanktionen geben.
Nur vermeintlich entlastend für Thiam – beziehungsweise belastend für den Abtrünnigen Khan – sind Hinweise, die auch die Redaktion von CH Media erhalten hat, wonach Khan tatsächlich davon geredet habe, bei einem Wechsel alte Kollegen mitzunehmen. Khan sprach nach seiner Entscheidung, die CS zu verlassen, nicht nur mit der UBS, sondern auch mit Julius Bär, Lombard Odier und Goldman Sachs.
Laut «Financial Times» hat Khan in einigen Gesprächen die Rekrutierung von CS-Topleuten angesprochen. Er habe betont, sein Erfolg bei der CS sei eine Team-Leistung. In solchen Gesprächen bewegt man sich in Grauzonen; doch dass Khan dabei seine Vereinbarung mit der CS gebrochen hat, dafür gibt es keine Belege. Gegenüber CH Media betont auch ein hochrangiger UBS-Manager, Khan habe sich gemäss UBS-Informationen stets korrekt verhalten.
Auf Bloomberg-TV äusserte sich erstmals UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber zum Fall. Die Khan-Affäre betreffe die UBS nicht. «Khan ist noch nicht bei uns», sagte Weber. Die UBS beobachte nur und kommentiere nicht. «Wir sind hier nicht Partei.»
Weniger entspannt dürfte die Stimmung im CS-Verwaltungsrat sein, denn mittlerweile werden auch Aktionäre nervös. Der Kursverlauf der CS-Aktie diese Woche ist schlechter als jener der UBS und von Bankenindizes, dabei hatte die CS bis vor dem Beschattungsskandal besser performt.
Ein Investor sagt der «Financial Times», die CS-Führung sei zurzeit unter enormem Druck: «Man kann die Panik spüren.» Denn die Credit Suisse, letztlich aber der Bankenplatz Zürich seien durch die Affäre arg beschädigt.
Braucht es einen Befreiungsschlag, ist Thiam seinen Job bald los? Für das gut informierte Finanzportal «Insideparadeplatz», das als erstes Medium über die Affäre berichtete, steht jedenfalls fest: «Thiam ist am Ende.» Das Portal spekuliert bereits, Thomas Gottstein könne Nachfolger werden. Gottstein leitet die CS Schweiz. (bzbasel.ch)