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Trotz miesem Winter boomen in der Schweiz die Ski-Schulen

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Ferien können so schön sein: Frontalunterricht in der Skischule. Bild: KEYSTONE
Wintersport

Trotz miesem Winter boomen in der Schweiz die Ski-Schulen

Bergbahnen klagten im Januar und im Februar über Frequenzeinbrüche. Trotzdem haben Schneesportschulen nicht weniger Arbeit. Im Gegenteil: Viele konnten die Zahl der Lektionen gar erhöhen.
24.03.2014, 06:5824.03.2014, 07:10
Roman Seiler, die Nordwestschweiz
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Grau und verhangen präsentiert sich der Himmel über Küsnacht ZH. Am Bahnhof lacht auf einem Plakat der Zermatter Skischulleiter Ralph Schmidhalter die Reisenden an. «Sonne küsst Schnee» ist der Slogan und der blaue Himmel und das verschneite Matterhorn machen einen gluschtig, noch eine Lektion bei seinen Schneesportlehrern zu buchen.

Ihre Lektionen sind wieder gefragter, ergab eine Umfrage der «Nordwestschweiz». «Das ist ebenso erfreulich wie überraschend», sagt Sprecherin Daniela Bär von Schweiz Tourismus. Ihrer Meinung nach könnte dazu beigetragen haben, dass die Vermarktungsorganisation Skilehrer gezielt als Werbebotschafter einsetzt. Die Skilehrer vermitteln eben mehr als nur die richtige Technik. Sie zeigen auch die schönsten Pisten, die leckersten Restaurants und die hipsten Schnee-Bars. Und insbesondere Erwachsene fühlen sich mit ihnen sicherer im Schnee.

So konnte die Zermatter Schneesportschule die Zahl der Halbtageslektionen wieder leicht steigern. Dies gilt auch für Davos und St. Moritz im Kanton Graubünden. «Wir haben diesen Winter um fast zehn Prozent zugelegt», sagt Christian Schmid, Skischulleiter in Wildhaus SG. Andere Schulen wie Gstaad konnten die Frequenzen zumindest halten.

Dabei ist das Umfeld unerfreulich: Zum einen fahren immer weniger Schweizer Ski. Zum anderen klagten viele Bergbahnen im Januar und Februar über rückläufige Transportfrequenzen. Ein Faktor war das schlechte Wetter, ein zweiter zeitlich verschobene Sportferien. Letzterer half den Skischulen: Sie leiden nämlich darunter, dass sie in den Spitzenwochen zwischen Weihnachten und Neujahr, den Sportferien und an Ostern die Nachfrage nicht abdecken können. Verteilt sich das besser, wirkt sich dies positiv auf ihren Umsatz aus. «Daher hatten wir Anfang März doppelt so viele Schüler wie im Vorjahr», sagt der Obertoggenburger Schmid.

Man holt das Kind im Unterland ab

Im bündnerischen Arosa liegt die Schule laut Yvonne Wüthrich, der Sprecherin der örtlichen Tourismusorganisation, im zweiten Winter hintereinander auf Rekordkurs. Grund dafür ist die Aktion «Skischule inklusive». Gäste, die mindestens zwei Übernachtungen in daran beteiligten Hotels und Ferienwohnungen buchen, können Kinder gratis in die Skischule schicken. Davon profitiere der ganze Ort. So hätten viele der 3000 Neugäste, welche in der Saison 2012/13 die Skischule genutzt haben, auch in diesem Winter ein paar Tage in Arosa verbracht.

Verändert hat sich das Verhalten der Gäste der Skischulen. «80 Prozent der Lektionen geben wir Kindern im Gruppenunterricht», sagt Gaby Aellen, Marketingleiterin des Dachverbands der Ski- und Snowboardschulen sowie der Schneesportlehrer, Swiss Snowsports: «Eltern schätzen nicht nur, dass ihre Sprösslinge schnell lernen, wie man Ski fährt oder auf einem Snowboard steht. Die Eltern haben auch mehr Freizeit für sich selber.»

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Skischulen erleben einen Boom. Bild: KEYSTONE

So holt die Skischule Ybrig im Kanton Schwyz beispielsweise während der Winterferien Kinder täglich in den Kantonen Aargau und Zürich ab und fährt sie mit Bussen zur Talstation des Gebiets Hochybrig. Abends brächten sie die Kinder «müde und glücklich» wieder zurück, sagt die Ybriger Skischulleiterin Fränzi Taugwalder-Hubli: «Kinder sind unser Nachwuchs. Wir müssen dafür sorgen, dass sie Freude am Wintersport haben.»

«Kinder sind unser Nachwuchs. Wir müssen dafür sorgen, dass sie Freude am Wintersport haben.»
Ybriger Skischulleiterin Fränzi Taugwalder-Hubli

Kinder besuchen den Unterricht mit ihren Gspänli selbst dann, wenn das Wetter schlecht ist. Erwachsene sind wählerischer: Sie besuchen praktisch kaum mehr den Gruppenunterricht, sondern buchen einen Privatlehrer. Allerdings immer kurzfristiger und meist nur dann, wenn das Wetter schön ist. Eine Ausnahme bilden vermögende Gäste in den Spitzenzeiten von Nobelkurorten wie Gstaad, St. Moritz und Zermatt. Franco Moro, Skischulleiter in St. Moritz, sagt: «Es gibt Familien aus dem Mittleren Osten, die zehn Lehrer aufs Mal beschäftigen. Die arbeiten dann zwei Wochen durch.»

Das Salär ist prekär

Dank solchen Gästen können «gestandene, einheimische Skilehrer, die drei Sprachen sprechen», auch eine Familie ernähren. Doch das wird immer schwieriger: Der Verdienst ist in den letzten 10 bis 20 Jahren kaum mehr angestiegen. Der Davoser Skischulleiter Daniel Ammann sagt: «Skilehrer im Alter von 35 bis 55 Jahren können daher je länger je weniger von ihrem Beruf leben. Viele Frauen und Männer springen ab, sobald sie eine Jahresstelle oder eine Familie haben.» Dies geschehe meist, bevor sie 30 Jahre alt werden. «Dafür steigen Jungsenioren ein», sagt Ammann. «Etwa nach einem Burnout. Oder gut verdienende Banker, die sich früh pensionieren lassen. Sie machen es zum Plausch.»

«Etwa nach einem Burnout. Oder gut verdienende Banker, die sich früh pensionieren lassen. Sie machen es zum Plausch.»
Davoser Skischulleiter Daniel Ammann

Skilehrer sind Tagelöhner. Sie haben Arbeit auf Abruf. Doch die Ausbildung zum Skilehrer ist teuer. Wer sie mit dem eidgenössischen Fachausweis abschliesst, zahlt mindestens 6500 Franken. Dazu kommen Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung. Je nachdem, wie viele Einsätze er absolvieren kann, verdient der Schneesportlehrer danach zwischen 3000 und 5000 Franken. Der Verdienst ist hart umkämpft, insbesondere in den Nobelkurorten, wo mehrere Schulen bestehen. Laut dem Zermatter Skischulleiter Ralph Schmidhalter gibt es in Zermatt über 500 Skilehrer: «Vier oder fünf Skischulen erträgt es hier. Aber nicht neun wie heute.» Auch in Verbier und Crans-Montana gebe es ein Überangebot: «Daher wird es schwieriger für einen Skilehrer, von seinem Beruf zu leben.»

Es gibt zwar insgesamt nicht weniger Arbeit, aber die Nachfrage verteilt sich zunehmend auf wenige Wochen. «Daher sind die Schulen auch auf Lehrer angewiesen, die nicht voll arbeiten», sagt Gaby Aellen von Swiss Snowsports: «Beispielsweise auf einheimische Hausfrauen.» Oder Studenten aus dem Unterland.

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