Titan, der grösste Mond des Ringplaneten Saturn und der zweitgrösste im ganzen Sonnensystem, ist eine fremde Welt. Und er ist nicht gerade ein Ort, wo man seine Ferien verbringen möchte. Der Mond hat zwar eine Atmosphäre und dazu Meere, Seen und Flüsse, doch die bestehen nicht aus Wasser, sondern aus flüssigen Kohlenwasserstoffen. Vor allem aber ist es dort ungemütlich kalt: Die durchschnittliche Oberflächentemperatur liegt bei 94 °Kelvin, das sind minus 179 °C.
Dennoch gilt der Eismond als erdähnlichster Himmelskörper im Sonnensystem. Nicht nur Science-Fiction-Autoren haben sich deshalb gefragt, wie Leben auf dem Titan aussehen könnte. Sicher ist, dass es nicht dasselbe kohlenstoffbasierte Leben sein kann, wie es auf der Erde existiert.
US-Wissenschaftler von der Cornell University haben versucht, Leben in dieser feindlichen chemischen Umwelt zu simulieren. Die Ergebnisse hat das Team um James Stevenson, Jonathan Lunine und Paulette Clancy nun im Fachjournal Science Advances publiziert. Methanbasiertes Leben könnte demzufolge auf Titan auf sauerstofffreien Zellen beruhen. Stoffwechsel, Reproduktion und weitere Prozesse dagegen könnten den Verhältnissen gleichen, die wir schon von irdischem Leben kennen.
Die Forscher simulierten in ihren Berechnungen einen wichtigen Baustein des Lebens, nämlich eine Zellmembran – also eine Zellhülle, die abgrenzt, bestimmte Stoffe aber durchlässt. Auf der Erde sind es Phospholipid-Doppelschicht-Membranen, die die organische Substanz der Zellen umschliessen. Aus solchen Membranen bestehende Einheiten werden «Liposome» (griech. für «Fett-Körper») genannt.
Für das Leben auf Titan berechneten die Wissenschaftler analog dazu sogenannte «Azotosome» (frz.-griech. für «Stickstoff-Körper»), die aus Stickstoff bestehen. Diese Azotosome funktionieren in flüssigem Methan problemlos bis zu einer Temperatur von minus 180 °C. Gemäss den Ergebnissen der Forscher «zeigen sie die gleiche Stabilität und Flexibilität wie ihre irdischen Gegenstücke, die Liposome».
Würde es in solchen methanbasierten und sauerstoffreien Zellen zu analogen Stoffwechsel- und Reproduktionsvorgängen kommen wie beim irdischen Leben? Die Wissenschaftler hoffen, dies in künftigen Simulationen zeigen zu können. (dhr)