Im Mittelmeer ist es sehr laut. Und dies ausgerechnet in wichtigen Lebensräumen gefährdeter Meerestiere. Das zeigt eine Studie mit Schweizer Beteiligung, die erstmals flächendeckend Lärmquellen im Mittelmeer kartiert hat.
Eine neue Karte der Lärm-Hotspots im Mittelmeer zeigt, wo diese mit Schutzgebieten und wichtigen Lebensräumen von Walen und Delfinen überlappen, wie die Organisation OceanCare mit Sitz in Wädenswil ZH am Donnerstag mitteilte.
Akut lärmbelastet seien unter anderem das Meeressäugerschutzgebiet Pelagos im Ligurischen Meer, die Strasse von Sizilien, Teile des Hellenischen Grabens und die Gewässer zwischen den Balearen und dem spanischen Festland.
Während den vergangenen zehn Jahren habe die seismische Aktivität durch die Suche nach Öl und Gasvorkommen signifikant zugenommen. Der Einsatz von Schallkanonen, die 260 Dezibel zum Meeresboden hin aussenden, betraf 2005 noch 3,8 Prozent der Oberfläche des Mittelmeers, 2013 waren es bereits 27 Prozent.
Zu jedem Zeitpunkt seien ausserdem mindestens 1500 Schiffe unterwegs, was Freizeitschiffe und Fischerboote noch nicht vollumfänglich berücksichtige. Informationen zu militärischen Aktivitäten wie Manövern und dem Einsatz von Sonarsystemen seien kaum öffentlich zugänglich, aber soweit vorhanden in den Bericht eingeflossen.
«Wir stehen mit diesem Bericht am Anfang einer akustischen Beurteilung des Lebensraums Mittelmeer. Es konnte erst ein räumlich und zeitlich unvollständiger Teil der Lärmquellen identifiziert werden», erklärte die an dem Bericht beteiligte Silvia Frey von Ocean Care in der Mitteilung.
Spaniens Regierung hat die Bedrohung mittlerweile erkannt. Das spanische Umweltministerium hat kürzlich angekündigt, dass die Gewässer zwischen den Balearen und dem spanischen Festland als Migrationskorridor für Wale und Delphine unter Schutz gestellt werden sollen.
Es bestehe weiterer wissenschaftlicher Aufklärungsbedarf, wie laut es im Mittelmeer effektiv sei und welche Lärmobergrenze akzeptabel und ungefährlich sei. «Trotzdem ist dieser erste Überblick bemerkenswert und das Ausmass der Lärmquellen bedenklich», so Frey.
Der ebenfalls am Bericht beteiligte Manuel Castellote von der US-amerikanischen Atmosphären- und Ozeanbehörde (NOAA) wies darauf hin, dass der Bericht kaum die Spitze des Eisbergs erfasst habe. Ein wichtiger Faktor sei die grosse Zahl «stiller» Mittelmeerländer – still beim Informationsaustausch, aber nicht beim Unterwasserlärm.
Für den Bericht «Übersicht der Lärm-Hotspots im Mittelmeer» haben die Wissenschaftler von OceanCare, NOAA, sowie der französischen Umweltberatungsfirma SINAY SAS und der Universität Pavia in Italien Daten aus den Jahren 2005 bis 2015 zusammengetragen. Darunter befinden sich Daten von 1446 Häfen, 228 Ölplattformen, 830 seismischen Explorationsgebieten, sieben Millionen Schiffspositionen und 52 Windfarmprojekten. (sda/meg)