Erreicht eine Frau das Alter, in dem sie Kinder bekommen kann, weitet sich ihr Becken – offenbar, um Komplikationen bei Geburten zu vermeiden. Wie eine Schweizer Studie zeigt, verbreitert sich der weibliche Beckengürtel ab Beginn der Pubertät deutlich. Erst ab einem Alter von etwa 40 Jahren gleicht es sich wieder der Beckenform von Männern an.
Um die Entwicklung des Beckens im Laufe des Lebens zu rekonstruieren, untersuchten Forscher um die Anthropologin Marcia Ponce de León von der Universität Zürich die Becken von insgesamt 275 gesunden Menschen bis zum Alter von 95 Jahren per Computertomographie (CT). Zwar fanden sie leichte Unterschiede zwischen den Geschlechtern schon ab der frühen Kindheit, ausgeprägt aber wurden diese erst mit der Pubertät.
«Ab dem Alter von etwa zehn Jahren ändert sich die Entwicklung bei Frauen substanziell, während die männliche Entwicklung ihren früheren Verlauf fortsetzt», schreibt das Team in den «Proceedings of the National Academy of Sciences». «Um das Alter von 40 bis 45 Jahren ändert sich die weibliche Entwicklung erneut, in eine Richtung, die der männlichen Entwicklung weitgehend entspricht.»
Demnach verlagern sich bei Frauen im Alter von 15 bis 25 Jahren etwa das Kreuzbein und die Sitzbein-Schambein-Region. Dabei werden der Beckenausgang und die Abstände zwischen den Hüftpfannen breiter. «Insgesamt münden diese Entwicklungsveränderungen in einen breiten, für die Geburt günstigen Geburtskanal», resümiert das Team. Die dafür geeignetste Morphologie erreiche das Becken im Alter von 25 bis 30 Jahren. Ob eine Frau ein Kind bekommen hat oder nicht, hat der Studie zufolge keinen Einfluss auf die Form des Beckens.
Die Forscher vermuten, dass die besondere Becken-Morphologie in einem Zusammenspiel von Hormonen und bestimmten Genen bestimmt und bis zur Menopause aufrechterhalten wird, insbesondere von Sexualhormonen wie Östrogen. «Wir postulieren, dass das weibliche Becken sehr empfindlich für eine Umformung durch Veränderungen der Hormon-Werte ist», schreiben sie.
Allerdings stelle sich die Frage, warum das Becken nicht grundsätzlich breiter angelegt sei. Frühere Erklärungsansätze hatten dies damit begründet, dass ein schmaleres Becken günstiger für den aufrechten Gang sei. Das glauben die Schweizer Forscher jedoch nicht.
Stattdessen vermuten sie, dass ein schmaleres Becken zwar einerseits Geburten erschwert, aber andererseits eher die Stabilität des Beckenbodens gewährleistet. «Während des Lebens einer Frau wird das Dilemma zuerst in eine Richtung entschärft, indem der Geburtskanal während der fruchtbarsten Phase breiter wird, und dann in die andere, indem die Masse nach der Menopause enger werden.»
(jme/dpa)