Immer mehr Krankheitserreger werden resistent gegen Medikamente. Experten sind sich einig: Neue Antibiotika müssen her. Forscher der Uni Zürich arbeiten mit Kollegen an einem vielversprechenden Wirkstoff.
Jährlich sterben schätzungsweise 700'000 Menschen, weil gängige Antibiotika gegen die immer häufiger vorkommenden multiresistenten Erreger nicht mehr helfen. Zu diesem Schluss kam ein kürzlich veröffentlichter Expertenbericht. Die Entwicklung neuer Antibiotika sei dringend notwendig, hiess es.
Ein Forscherteam um Erik Böttger von der Universität Zürich arbeitet nun mit der Innovative Medicines Initiative (IMI) der Europäischen Kommission und des Europäischen Pharmaverbands EFPIA zusammen, um die Erforschung eines vielversprechenden Wirkstoffkandidaten voranzutreiben. Dies teilte die Uni Zürich am Montag mit.
Mikrobiologe Erik Böttger ermöglicht mit seiner Forschung neue Stoffe gegen resistente Keime. http://t.co/i1EYQpBYqr pic.twitter.com/axEleprbcw
— Universität Zürich (@uzh_news) 7. Juli 2015
Böttger beschäftigt sich schon seit zehn Jahren mit der Substanzklasse der sogenannten Aminoglykoside, die das Wachstum von Bakterien hemmen. Viele dieser Substanzen weisen jedoch schwere Nebenwirkungen auf, insbesondere eine irreversible Schädigung des Gehörs. 2012 berichteten Böttger und Kollegen jedoch, dass das Aminoglykosid Apramycin diesen Nebeneffekt nicht hat.
Diesen vielversprechenden Wirkstoffkandidaten, den Böttger gemeinsam mit Kollegen von der ETH Zürich und der Wayne State University bearbeitet hat, soll nun im Rahmen des Enable-Programms der IMI weiter geprüft werden. Dieses Europäische Forschungsprogramm hat sich zum Ziel gesetzt, neue Wirkstoffe gegen die wachsende Bedrohung der resistenten Erreger zu entwickeln.
«Die Initianten von Enable kamen auf uns zu, weil sie in Apramycin ein grosses Potential als Mittel gegen multiresistente Krankheitserreger sehen», sagte Böttger gemäss der Mitteilung.
Das Enable-Konsortium stelle einen «namhaften Millionenbetrag» für die weitere Prüfung von Apramycin zur Verfügung, schrieb die Uni Zürich weiter. In zwei bis drei Jahren sollen Ergebnisse aus pharmakologischen und toxikologischen Untersuchungen vorliegen. Besteht der Wirkstoff diese Testphase, sei er bereit für den Einsatz in klinischen Studien am Menschen, bei denen seine Verträglichkeit und Wirksamkeit geprüft werden.
Böttger zeigt sich zuversichtlich, dass dabei keine negativen Überraschungen zutage treten werden: Die Substanzklasse der Aminoglykoside sei sehr gut erforscht und die bekannte schwere Nebenwirkung auf das Gehör sei durch die Vorarbeiten bei Apramycin bereits ausgeschlossen worden. «Ich rechne nicht mit Problemen», so der Forscher, «Sollten sie aber wider Erwarten auftreten, haben wir noch alternative Substanzen in der Hinterhand.»
Um den Wirkstoff durch die klinischen Studien bis zum fertigen Medikament zu führen, haben Böttger und drei seiner Kollegen vor Kurzem eine Start-Up Firma gegründet, die Juvabis GmbH. Sollte Apramycin alle Tests bestehen, könnte das neue Antibiotikum bereits in fünf Jahren marktreif sein.
(sda)