Alles begann am 27. Mai 1962. Damals brach in einer Kohlenmine unter dem beschaulichen Städtchen Centralia im US-Bundesstaat Pennsylvania ein Feuer aus. Zuerst hielt sich das Ungemach in Grenzen. Die rund 1200 Einwohner des Bergbaustädtchens merkten nicht viel von dem heissen Geschehen unter ihren Füssen.
Löschversuche mit Wasser und Lehm unmittelbar nach Ausbruch des Brandes fruchteten nichts. Auch 122'500 Tonnen Flugasche und 90'200 Kubikmeter Sand, die 1965 in den Boden gepumpt wurden, halfen nichts. Obwohl man bis heute rund 70 Millionen Dollar für Löschversuche ausgegeben hat, gelang es nicht, das Feuer dauerhaft einzudämmen. In den gewaltigen verlassenen Anthrazitkohleminen fand es Nahrung, frass sich immer weiter und übersprang alle Hindernisse.
Um den Brand wenigstens im Auge zu behalten, wurden seit 1966 mehr als 2000 Löcher in den Boden gebohrt. Messungen, die zwischen 1970 und 1980 durchgeführt wurden, ergaben an bestimmten Stellen Temperaturen von über 1000 Grad Fahrenheit (538° C). Der Rekord lag sogar bei 732 Grad Celsius.
Sieben Jahre, nachdem das Feuer ausgebrochen war, verliessen die ersten Familien Centralia. Sie wurden von der Angst vor dem Erstickungstod vertrieben; ihre Häuser befanden sich so nah am Brandherd, dass sie befürchten mussten, dass Kohlenmonoxid (CO) in ihre Wohnungen eindrang. Das farb-, geruch- und geschmacklose Gas ist giftig und kann innerhalb kurzer Zeit tödlich wirken.
Hatten manche Bewohner noch eine Weile Witze über ihre ungemütliche Lage gemacht, wurde der Ton Ende der Siebzigerjahre zusehends besorgter. Das Feuer im Untergrund breitete sich stetig weiter aus. 1979 mass der Tankwart eine Temperatur von 78 Grad Celsius unter seinem Benzintank – er musste sein Geschäft wegen Explosionsgefahr schliessen.
1981 wurde dann auch dem Letzten klar, dass es in Centralia nicht mehr viel zu lachen gab. Am Valentinstag stürzte ein zwölfjähriger Schüler in eine Spalte, die sich unter seinen Füssen auftat. Nur weil er sich an einer Wurzel festhalten konnte, verschlang ihn der heisse Boden nicht. Im gleichen Jahr hob sich der Asphalt auf der Route 61 aufgrund der Hitze und bildete Risse, die schliesslich gross genug waren, dass ein Auto darin verschwinden konnte. Die Gemeinde musste den Highway sperren.
Nun zeigte sich, dass der Brand ein bedeutend grösseres Problem war als anfänglich angenommen. Die wütenden Einwohner gingen auf die Strasse – doch sie blieben ohne Chance. Über 660 Millionen Dollar, so schätzte eine Firma 1983, würde es kosten, das Feuer endgültig zu besiegen. Das war dem Staat zu teuer; stattdessen empfahlen die Behörden die Evakuierung des Städtchens.
Ende 1983 begann die Umsiedlung der mittlerweile noch 1100 Einwohner. Die leerstehenden Häuser und auch die Kirche wurden abgerissen. Einige Unentwegte weigerten sich jedoch, ihre Heimat zu verlassen und blieben in Centralia, das sich immer mehr in eine Geisterstadt verwandelte. 1992 wurden sie enteignet und gelten seither als illegale Bewohner.
Mittlerweile brennt das Feuer seit 54 Jahren. Es verhielt sich in dieser Zeit stets unberechenbar; manchmal frass es sich schnell durch den Untergrund, manchmal nur langsam. Im Schnitt wuchs der Brand mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 22 Metern pro Jahr. Inzwischen hat er mehrere Kohlenflöze erfasst.
Warum das Feuer ausbrach, ist nicht restlos geklärt. Kohlenbrände entstehen oft spontan; wenn Kohle mit Sauerstoff in Kontakt kommt und die aus der Oxidation entstehende Wärme nicht abgeleitet wird, kann es zur Selbstentzündung kommen.
Möglicherweise war aber – Ironie des Schicksals – ausgerechnet die Freiwillige Feuerwehr von Centralia für den Brand verantwortlich: Sie hatte auf Geheiss des Stadtrats eine Müllkippe in Brand gesteckt, um sie «aufzuräumen». Von dort kroch die Glut in die Kohlenmine und war fortan nicht mehr zu stoppen.
Wie lange das Feuer noch weiterkokelt, ist ebenfalls unklar. Fachleute schätzen, dass es noch bis zu 300 Jahre dauern könnte, bevor der Brand von allein erlischt. Und im Boden liegt noch genügend Kohle für ein Jahrtausend. Centralia wird also noch ein Weilchen eine Geisterstadt bleiben.
Nicht nur in Centralia brennt die Erde. Rund um den Globus gibt es zahlreiche Erdgas- und Kohlefeuer, von denen längst nicht alle auf menschliches Zutun zurückzuführen sind. Einige Beispiele sind in der Bildstrecke zu sehen: