Der Nordpol ist die – imaginäre – Heimat von Santa Claus. Dieses Jahr hätte der Weihnachtsmann seine Geschenke auch mit einem Boot statt mit einem Schlitten verteilen können: Die Temperatur in der Arktis erreichte rekordhohe Werte. In einer Jahreszeit, in der im hohen Norden für gewöhnlich ewige Nacht und klirrende Kälte herrscht, ist das Polareis nicht gewachsen, sondern geschmolzen.
Eine 150 Kilometer südlich des Nordpols gelegene Messstation registrierte am 22. Dezember eine Temperatur von 0 Grad Celsius, berichtete die Washington Post. Üblich wäre zu dieser Jahreszeit eine Durchschnittstemperatur von minus 30 Grad. Seit dem 20. Dezember hat die Arktis 238'000 Quadratkilometer Eis verloren, so Quartz. Das entspricht in etwa der Fläche Grossbritanniens.
Grund für die unübliche Wärme ist ein heftiger Sturm östlich von Grönland, der warme Luft nach Norden schaufelte. Zachary Labe, ein Doktorand an der Universität Kalifornien, hat auf Twitter Satellitenbilder veröffentlicht, die zeigen, wie das Eis in nur einem Tag zurückgegangen ist. Das sei «ziemlich dramatisch», meint Labe.
While 1-day satellite obs for #seaice are noisy, this is a pretty dramatic retreat in the last 24 hours near the Franz Joseph Islands pic.twitter.com/roMgqabNCc
— Zack Labe (@ZLabe) 22. Dezember 2016
Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1958 wurde nur einmal ein ähnlich heftiger Wärmebruch verzeichnet – Mitte November dieses Jahres. Auch damals gelangte warme Luft nach Norden und sorgte für schmelzendes Polareis. Derart extreme Wetterphänomene gelten als absolute Ausnahme.
Klimaforscher warnen jedoch, dass sie bis 2040 regelmässig vorkommen werden, wenn die Erderwärmung nicht gestoppt wird. Das arktische Packeis schrumpft seit Jahrzehnten, wie ein Video der NASA zeigt. Mit dramatischen Folgen für die Tierwelt, insbesondere Eisbären und Rentiere. Geht es im gleichen Stil weiter, könnte die Arktis in den 2040er Jahren im Sommer eisfrei sein.
Verschwunden ist die winterliche Kälte allerdings nicht. Sie hat sich nach Nordamerika verzogen, und nach Sibirien. Dort wurden in den letzten Tagen Temperaturen bis minus 60 Grad gemessen. (pbl)
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