Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Oft merken wir gar nicht, dass sich gewisse Dinge jeden Tag wiederholen. Der Eine belegt im Zug immer das gleiche Abteil, während ein Anderer der Türaufhalter der Nation ist.
Normen geben Leitplanken und erleichtern das Zusammenleben. Andererseits werden Gepflogenheiten von einer Generation zur nächsten weitergegeben, ohne dass man sie hinterfragt oder der aktuellen Zeit anpasst.
Ohne eine wertende Position einnehmen zu wollen, begab ich mich auf die Suche nach «alten Zöpfen» und dem Umgang damit: Abschneiden, so belassen oder leicht umfrisieren – entscheidet selber:
Mal im Ernst: Wir leben im 21. Jahrhundert, alle schreien nach Gleichberechtigung und unsere Gesellschaft strebt das Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau an. Warum ist es für einige Frauen immer noch selbstverständlich, vom Mann eingeladen zu werden? Klar ist das eine schöne Geste, aber wirft uns solch ein Automatismus in der Geschlechteremanzipation nicht Meilen zurück?
Es gilt als Zeichen des Respekts, dass man die Kopfbedeckung während des Essens abnimmt. Andererseits werden Hüte sonst in der Gesellschaft überall toleriert, warum dann nicht auch beim Essen?
Man sitzt mit einer grösseren Gruppe im Restaurant. Allen wurde das Essen bereits serviert, nur eine Person hat noch keinen Teller vor sich. «Fangt ruhig an, euer Essen wird nur kalt.» Natürlich fängt niemand an. Das ist unhöflich. Heisst es.
Und schon wieder sitzen wir am Esstisch. Es bleibt nur noch ein Stück Pizza übrig. Obwohl du es gerne nehmen würdest, lässt du es liegen, weil du Angst hast, unhöflich zu sein. Aber wenn alle so denken, ist es doch schade um das letzte Stück, das dann regelmässig liegen bleibt, oder?
Warum soll ich mir eine Serviette auf den Schoss legen, nur weil ich in einem teuren Edelschuppen sitze? Beeinflussen die Essenspreise etwa meine Tischmanier, bzw. die Fähigkeit, meine Pasta zu essen?
Warum werden auf Tote ständig Lobeshymnen gehalten und an Beerdigungen nur die positiven Eigenschaften des Verstorbenen betont? Muss ich eine Person plötzlich gern haben, nur weil sie tot ist? Hätte man nicht ein viel authentischeres Bild, wenn man ehrlich wäre und sich zum Beispiel schmunzelnd an die Schwächen des Toten zurückerinnern würde?
Früher hatte man Angst, dass beim Gähnen die Seele dem Körper entfliehen könnte. Heute wird die Hand nur noch aus Höflichkeit zum gähnenden Mund gehoben. Ist das überhaupt noch nötig?
Dicht gefolgt von jemandem ist es natürlich naheliegend, die Türe aufzuhalten.
Aber Türsteher zu spielen, für eine Person, die noch weit entfernt ist, macht wenig Sinn. So bringt man den anderen doch nur in eine blöde Situation, weil dieser dann rennen muss ...
Da hat man sowieso nur zwei Tage in der Woche frei, an denen man Zeit hätte, den Schrank aufzubauen oder ein Bild aufzuhängen und dann fällt einer davon weg. Der Sonntag als Ruhetag hat seinen Ursprung in der Religion. Da heutzutage sowieso nur noch ein kleiner Teil regelmässig in die Kirche geht, wäre es doch naheliegend, die Sonntagsruhe abzuschaffen, oder?
Klar, wir wissen, dass es nach den neusten Benimmregeln nicht mehr adäquat ist «Gesundheit» zu sagen, vielmehr sollte sich der Niesende entschuldigen und die Umherstehenden dies mit einem Nicken quittieren. Doch die meisten von uns wünschen sie noch, die Gesundheit. Und dabei galt der Wunsch eher einem selber, entstand er doch zu Zeiten der Pest, die sich durch Tröpfcheninfektion (zum Beispiel beim Niesen) schnell verbreitete.
Es sollte auch kein Muss sein, dass jemand bezahlt nur weil er/sie ein bestimmtes Geschlecht hat oder mehr verdient..
Den Sonntag aus Religiösen Gründen als Ruhetag zu haben ist nicht mehr wirklich aktuell, aber trotzdem ist ein Ruhetag in der Woche eine gute Sache.