Wissen
Raumfahrt

Sterne bilden sich vermutlich zehnmal schneller als gedacht

Sterne bilden sich vermutlich zehnmal schneller als gedacht

07.01.2022, 11:1907.01.2022, 11:19
cepheïden rs puppis astronomie nasa
Bild: nasa

Die Reifezeit von Sternen könnte gemäss einer neuen Studie bedeutend kürzer sein als bisher vermutet. Beobachtungen von chinesische Forschern legen nahe, dass sich eine Gaswolke zehnmal schneller als bisher angenommen zu einem Sternenembryo entwickelt.

Die Wissenschaftler haben mit Hilfe des Five-hundred-meter Aperture Spherical radio Telescope (FAST) - dem grössten Radioteleskop der Welt - die Gaswolke Lynds 1544 mit ihrem Sternenembryo untersucht. Sie zoomten den prästellaren Kern in der nur 450 Lichtjahre entfernten Taurus-Molekülwolke heran - einer riesigen Brutstätte für Sterne. Dabei stellten sie fest, dass sich der winzige Embryo, auf den sie fokussierten, dank schwacher Magnetfelder zehnmal schneller bildet als angenommen.

Magnetische Kräfte halten die Materie an ihrem Platz und verlangsamen so den Verdichtungsprozess, der dank der Schwerkraft zu einem prästellaren Kern führt, der dicht genug ist, um zu kollabieren und die Kernfusion zu entfachen.

Magnetkraft schwächer als gedacht

Vor der Inbetriebnahme von FAST im vergangenen April hatten Forscher Lynds 1544 mit dem schwächeren Arecibo-Radioteleskop in Puerto Rico untersucht. Sie massen die Magnetfelder in den dünnen Gasschichten weit ausserhalb und auch die stärkeren Felder im Inneren des Kerns. In der äusseren Schicht dominiert die Magnetkraft, im Kern die Schwerkraft, weil der Kern 10'000 Mal dichter ist als die äussere Schicht. Was fehlte, waren Messungen im Zwischenbereich.

Mit dem FAST - einer riesigen Schüssel in einem natürlichen Becken im Südwesten Chinas - gelang das nun. Es zeigte sich, dass die Magnetfeldstärke im Zwischenbereich nicht stärker ist als in der äusseren Schicht. «Wenn die Standardtheorie funktionieren würde, müsste das Magnetfeld viel stärker sein, um einer 100-fachen Zunahme der Wolkendichte zu widerstehen. Das ist nicht der Fall», sagt Di Li, der leitende Wissenschaftler von FAST und Erstautor der Studie.

Der Kampf zwischen Schwerkraft und Magnetfeld wird demnach nicht erst im Kern, sondern bereits in der Wolke von der Schwerkraft «gewonnen». «Dort (in der Wolke) bilden sich die Sterne, nicht im dichten Kern», erläutert Paola Caselli vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, die nicht an der Forschung beteiligt war. «Wenn dies auch in anderen Gaswolken der Fall ist, wird es für die Sternentstehungsgemeinschaft revolutionär sein».

(aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Kollision der Galaxien: Milchstrasse und Andromeda
1 / 10
Kollision der Galaxien: Milchstrasse und Andromeda
Der Ist-Zustand: Milchstrasse (das fast vertikale Sternenband rechts) und Andromeda-Galaxie (links) nähern sich gegenseitig mit rund 110 Kilometern pro Sekunde an. (bild: nasa)
quelle: nasa
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So sieht eine Pizza-Party im Weltall aus
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
Polarisierung nimmt zu, Toleranz nimmt ab – weil wir mehr Freunde haben
Die gesellschaftliche und politische Polarisierung hat zugenommen, und zwar weltweit. Österreichische Komplexitätsforscher haben einen möglichen Grund für diese Entwicklung ausgemacht.
Die einen machen Migranten für nahezu sämtliche Probleme verantwortlich, die anderen sehen in jeder zuwanderungskritischen Äusserung bösartige Hetze – und beide reden kaum noch miteinander. Es scheint, dass sich die gesellschaftlichen und politischen Echokammern immer weiter voneinander entfernen und die Polarisierung stetig zunimmt. Woran liegt das?
Zur Story