3000 bis 6000 Sterne sind am Nachthimmel bei günstigen Verhältnissen – also bei klarem Himmel und ohne Lichtverschmutzung – von blossem Auge zu erkennen. Allesamt erscheinen sie uns als mehr oder weniger hell leuchtende kleine Punkte. In Wirklichkeit sind manche von ihnen wahre Giganten, die teilweise mehrere hundert Sonnenmassen aufweisen. Hier präsentieren wir 9 Fakten über diese faszinierenden Himmelskörper.
Es gibt verschiedene Riesensterne – sogenannte Rote Riesen, Blaue Riesen und Gelbe Riesen sowie die entsprechenden Überriesen und Hyperriesen. Überriesen sind noch grösser als Riesen und auch massereicher; sie können bis zu 1500 Sonnenradien und bis zu 40 Sonnenmassen erreichen. Ihre Leuchtkraft ist beachtlich; sie kann jene der Sonne um bis zu 100'000 Mal übersteigen. Hyperriesen weisen ein ähnliches Volumen wie Überriesen auf, sind aber noch weit massereicher und leuchtstärker.
Die Farbe dieser Sterne steht in engem Zusammenhang mit der Temperatur an ihrer Oberfläche. Die heissesten sind die Blauen Riesen, die bis zu 40'000 °C erreichen können, gefolgt von den Gelben Riesen (etwa 4000 bis 8000 °C) und den verhältnismässig kühlen Roten Riesen (weniger als 4300 °C). Grüne Riesensterne gibt es hingegen nicht.
Die Sterne können sich allerdings verändern. Unsere Sonne ist derzeit ein Gelber Zwerg, wird sich aber zu einem Roten Riesen aufblähen, wenn ihr Vorrat an Wasserstoff für die Kernfusion erschöpft ist. Dies dürfte etwa dann eintreten, wenn sie zehn Milliarden Jahre alt ist; gegenwärtig hat sie erst 4,5 Milliarden Jahre auf dem Buckel.
Rund 10 Milliarden Mal würde unsere Sonne in diesem Giganten Platz finden. Stephenson 2-18 hat einen Radius, der etwa 2150 Mal grösser ist als jener der Sonne – also rund 1,5 Milliarden Kilometer. Um sich eine Vorstellung von der gewaltigen Grösse dieses Sterns zu machen: Befände er sich an der Stelle der Sonne in unserem Sonnensystem, würde seine Photosphäre – die unterste Schicht der Sternatmospäre, quasi die Oberfläche – noch über die Umlaufbahn des Saturn hinausreichen. Ein Airbus A 330 würde mit seiner Reisegeschwindigkeit von 870 km/h mehr als 1200 Jahre benötigen, um diesen Stern im Nonstopflug zu umrunden.
Der Rote Überriese befindet sich in einem Cluster mit 25 anderen Riesensternen in der Konstellation Scutum (Schild) in der Milchstrasse, ist aber 18'900 Lichtjahre von der Erde entfernt. Auf Platz zwei der Liste der grössten Sterne steht derzeit LGGS J004539.99+415404.1, der sich in unserer Nachbargalaxie Andromeda befindet. Der Radius dieses Sterns ist 1980 bis 2377 grösser als der Sonnenradius. In der Grossen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie der Milchstrasse, ist der drittgrösste bekannte Stern zu finden, MSX LMC 597. Sein Radius entspricht 1882 bis 1953 Sonnenradien.
Erstaunlicherweise ist die Gravitation auf der Oberfläche eines Roten Riesen nicht so gross, wie man aufgrund seiner schieren Grösse annehmen könnte. Die Schwerkraft ist nicht vom Volumen, sondern von der Masse abhängig. Während die Gewichtskraft eines Menschen mit 75 Kilogramm Masse auf der Erde 736 N (Newton) beträgt, wäre sie auf einem Roten Riesen mit einer Sonnenmasse und 70 Sonnenradien lediglich 4 N. Auf der Oberfläche unserer Sonne hingegen wären es erdrückende 20'500 N.
Dieser Vergleich zeigt, warum Rote Riesen so viel Masse verlieren: Das Material an der Oberfläche dieser Giganten ist einer so geringen Gravitation unterworfen, dass bereits kleine Energiemengen dazu führen, dass Partikel ins All entweichen können.
Hyperriesen sind sehr massereich und sind die hellsten Sterne im All; einige von ihnen leuchten millionenfach so hell wie die Sonne. Dies hat seinen Preis: Der hohe innere Energieumsatz führt dazu, dass diese Sterne trotz ihrer gewaltigen Masse nur eine Lebensdauer von wenigen Millionen Jahren aufweisen. Ein Riese von 20 Sonnenmassen benötigt beispielsweise lediglich acht Millionen Jahre, bis sein Wasserstoffvorrat aufgebraucht ist. Die nächste Phase, in der Helium fusioniert wird, dauert dann nur noch eine Million Jahre. Noch massereichere Sterne mit über 100 Sonnenmassen verbrennen ihren Kernbrennstoff noch schneller; ihre Lebensdauer beträgt nur gerade ein bis drei Millionen Jahre. Rote Zwerge, die häufigsten Sterne im Weltall, haben dagegen eine Lebensdauer von zwanzig Milliarden bis zu einer Billion Jahren (das Weltall ist erst 13,8 Milliarden Jahre alt).
Diese Giganten brüten in ihrem bis zu einer Milliarde Grad heissen Kern immer weitere Elemente, bis der Fusionsprozess aufhört, weil der Kern nur noch aus Eisen besteht. Nach ihrer kurzen Lebensdauer explodieren Hyperriesen in einer Hypernova, bei der die äusseren Schichten ins All geschleudert werden, während der extrem kompakte Kern zu einem Neutronenstern oder gar zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Bei einer Hypernova, die abgesehen vom Urknall die stärksten Explosionen im All sind und eine Supernova um das Hundertfache übertreffen, strahlen Hyperriesen einen kurzen Moment so hell wie eine ganze Galaxie.
163'000 Lichtjahre von der Erde entfernt – bereits nicht mehr in der Milchstrasse, sondern in der Grossen Magellanschen Wolke – befindet sich im Tarantula-Nebel der Stern R136a1. Diese in den Achtzigerjahren entdeckte Sonne ist erst eine Million Jahre alt und ist der hellste und massereichste aller bekannten stabilen Sterne – doch der Radius dieses Schwergewichts ist nur gerade 30 Mal grösser als jener der Sonne. R136a1, der vermutlich um die 265 Sonnenmassen besitzt, ist an seiner Oberfläche mehr als 40'000 Grad heiss und strahlt zehn Millionen Mal heller als die Sonne. Würde er sich an der Stelle unserer Sonne befinden, würde er diese beinahe so stark überstrahlen wie die Sonne den Mond.
Obwohl Rote Überriesen im Vergleich zu Gelben und Blauen Giganten – wie unter Punkt 1 erwähnt – eine eher kühle Oberflächentemperatur aufweisen, können sie über eine enorme Leuchtkraft verfügen. Diese riesigen Sonnen waren oft in ihrer Jugend schon Riesensterne; im Stadium des Überriesen können sich ihre Hüllen auf tausend Sonnendurchmesser ausdehnen. Diese gewaltige Oberfläche strahlt dann trotz der vergleichsweise geringen Temperatur riesige Lichtmengen ab.
So weist etwa Antares, ein Roter Riesenstern im Sternbild Skorpion, eine Oberflächentemperatur von lediglich 3400 Grad auf – weniger als unsere Sonne, deren Oberfläche etwa 5800 Grad beträgt. Mit seinem fast 500 Mal grösseren Durchmesser leuchtet der 600 Lichtjahre entfernte Antares aber rund 10'000 Mal so stark wie unser Zentralgestirn. Zieht man neben dem sichtbaren Licht auch noch den Infrarotbereich in Betracht, strahlt er sogar 65'000 Mal mehr Energie ab als die Sonne. In der Rangliste der hellsten Sterne an unserem Nachthimmel steht Antares auf dem 16. Platz.
Wie der aus Punkt 5 bekannte R136a1 befindet sich auch VFTS 102 im Tarantula-Nebel in der Grossen Magellanschen Wolke. Er gilt mit einer Winkelgeschwindigkeit von etwa 600 km/s (2'160'000 km/h) als der am schnellsten rotierende Stern – er dreht sich 300 Mal schneller um die eigene Achse als die Sonne. Dies bedeutet, dass ein Punkt auf seinem Äquator mit 2 Millionen km/h um den Mittelpunkt kreist. Der Stern mit einer Masse von ungefähr 25 Sonnen kommt damit der Grenze gefährlich nahe, ab der die Zentrifugalkräfte ihn auseinanderreissen würden.
Da sich VFTS 102 zudem mit einer anderen Geschwindigkeit durchs All bewegt als andere Sterne in der Region, vermuten die Astronomen, dass er eine spezielle Vorgeschichte hat: Möglicherweise handelt es sich um einen sogenannten Ausreisserstern, der zuvor Teil eines Doppelsternsystems war. Er könnte dann, als sein Partner in einer Supernova explodierte, ins All hinausgeschleudert worden sein. Ein Pulsar in relativer Nähe von VFTS 102 könnte der Überrest dieses explodierten Begleiters sein. Dieser Begleiter könnte auch die Ursache für die hohe Rotationsgeschwindigkeit von VFTS 102 gewesen sein: Die beiden Sterne könnten sich so nahe umkreist haben, dass Materie vom Begleiter zu VFTS 102 gelangte und damit dessen Rotation beschleunigte.
Betelgeuse (auch Beteigeuze oder α Orionis) ist mit blossem Auge am Nachthimmel erkennbar – von der Erde aus gesehen ist er der zehnthellste Stern. Der Rote Überriese bildet die Schulter des Himmelsjägers Orion und ist nach Rigel der zweithellste Stern dieser auffälligen Konstellation. Es gibt keinen anderen Roten Überriesen, der von der Erde aus so gut zu sehen ist, da er sich in nur etwa 640 Lichtjahren Entfernung befindet. Betelgeuse ist so gross, dass das Volumen der Sonne eine Milliarde Mal Platz in ihm finden würde. Wäre er im Zentrum unseres Sonnensystems, befänden sich sämtliche inneren Planeten inklusive des Mars in seinem Inneren.
Betelgeuse, dessen Helligkeit in zwei unregelmässigen Zyklen von jeweils sechs Jahren und etwa 425 Tagen schwankt, versetzte die Astronomen im Oktober 2019 in Aufregung, als sie einen plötzlichen starken Helligkeitsverlust registrierten. Ursache der ungewöhnlichen Schwäche der Leuchtkraft – sie erreichte im Februar 2020 mit 40 Prozent der durchschnittlichen Stärke den niedrigsten Wert seit Beginn der Messungen – war eine riesige heisse Materialwolke, die der Stern ins All hinausgestossen hatte und die danach sein Licht abschirmte. Anfänglich hatte man spekuliert, Betelgeuse könne womöglich bald in einer Supernova explodieren, denn manche Astronomen rechnen damit, dass dies innerhalb der nächsten tausend Jahre geschehen wird – in kosmischen Dimensionen ein Wimpernschlag.
Unsere Sonne ist nahezu perfekt rund. Bei einer Messung im Jahr 2012 betrug die Differenz des Durchmessers zwischen den Polen und am Äquator lediglich 10 Kilometer, und dies bei einem Durchmesser von knapp 1,4 Millionen Kilometer. Würde die Sonne auf die Grösse eines Strandballs schrumpfen, wäre diese Differenz kleiner als die Dicke eines menschlichen Haars. Die Sonne ist die perfekteste natürlich geformte Kugel, die wir kennen.
Dies gilt jedoch nicht für Riesensterne. Diese verlieren ständig viel Masse ins Weltall – der Blaue Hyperriese Eta Carinae verlor beispielsweise zwischen 1840 und 1860 jedes Jahr ungefähr eine Sonnenmasse, wie Astronomen rekonstruieren konnten. Der ständige Materieverlust führt dazu, dass die Sonnenscheiben dieser Riesen keinen klar abgegrenzten Rand aufweisen. Dies macht es auch schwieriger, die Grösse von Überriesen und Hyperriesen zu bestimmen.
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