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Wie der Tessiner Emilio Balli im 19. Jahrhundert um die Welt reiste

Illustration zur Sonderausstellung «Die Weltreise von Emilio Balli 1878-1879» im Museo di Valmaggia in Cevio, Tessin.
«Die Weltreise von Emilio Balli 1878-1879», so heisst eine Sonderausstellung im Museo di Valmaggia in Cevio.Screenshot: museovalmaggia.ch

Die verrückte Geschichte des Tessiners, der im 19. Jahrhundert um die Welt reiste

Emilio Balli (1855–1934) war ein leidenschaftlicher Naturwissenschaftler, der nach einer Weltumrundung seinen Heimatkanton mitprägte.
22.04.2023, 20:4722.04.2023, 20:49
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Nur wenige Jahre, bevor der damals 23-jährige Tessiner Emilio Balli auf Weltreise ging, war «Reise um die Erde in 80 Tagen» von Jules Verne erschienen.

Der praktisch noch druckfrische Reise- und Abenteuerroman inspirierte, wie viele andere, auch den jungen Schweize zu seiner 472 Tage dauernden Weltreise.

Im Übrigen sei er der einzige Tessiner gewesen, der sich auf einer derartig grossangelegte Expedition begeben habe, schreibt das Museo di Valmaggia zur Ausstellung.

«Erst ab den 1870er-Jahren wurde es möglich, als Tourist die Welt zu bereisen. Dennoch ist es ein komplexes Abenteuer und nicht ohne Risiken, aber vor allem wirtschaftlich für wenige machbar.»

Auf Inserat gemeldet

Für Balli wurde die Weltumrundung möglich, weil sein Vater Valentino Alessandro als Kaufmann in Holland reich geworden war. Als jüngstes von elf Kindern am 27. April 1855 in Locarno geboren, hatte Emilio ein Internat im italienischen Monza besucht und anschliessend Naturwissenschaften an der Universität von Löwen in Belgien studiert.

Von Pioniergeist getrieben, meldete er sich auf eine Zeitungsannonce, die eine Weltreise für Forscher anbot. Diese fand schliesslich zwischen 1878 und 1879 statt.

«Es ist eine Erfahrung, der er sich mit der Reife, Entschlossenheit und Neugier des Gelehrten stellt und das Beste daraus macht.»

Zeugnisse von Ballis Reise werden nun im Museum in Cevio im oberen Maggital gezeigt: sein akribisch geführtes Reisetagebuch, Briefe an seine Brüder und Fotografien; hinzu kommt eine Sammlung von Erinnerungsstücken, wie Muscheln, Kräuter und Blumen, ausgestopfte Tiere und Münzen sowie verschiedene Gegenstände, die er in den verschiedenen «Kuriositätenläden» erworben hatte, wie es heisst.

Amerika hatte Balli per Zug durchquert; zu sehen sind deshalb auch alte Holzsitze aus einem Zug. Das untere Stockwerk ist den verschiedenen Erinnerungsstücken gewidmet.

Die Ausstellung erstreckt sich über insgesamt acht Säle mit wandfüllenden Fotografien. Die unterschiedliche Farbgebungen der Säle widerspiegeln die Besonderheiten der einzelnen Länder. Beispielsweise ist der Raum, der Japan gewidmet ist, rot, oder jener über Amerika blau.

Er gründete unter anderem ein Museum und den Tessiner Alpenclub

Nach seiner Rückkehr – er kam am 26. September 1879 in Marseille an – wurde Balli «zu einer prominenten Figur im Tessin», schreibt das Museum weiter. Durch seine Erfahrungen bereichert, habe er sich besonders in den Disziplinen Archäologie, Numismatik und den Naturwissenschaften hervorgetan.

Auf seine Initiative hin wurde am 13. Mai 1900 das Museum für Archäologie und Naturgeschichte in Locarno gegründet. Er war dort während mehrerer Jahre Direktor.

Zudem gilt Balli als Mitbegründer der Kantonalen Landwirtschaftlichen Gesellschaft (1885), des Tessiner Alpenclubs (1886) und der Tessiner Gesellschaft der Naturwissenschaften (1903).

Balli starb am 29. November 1934 in Locarno. Er ist auf dem Friedhof von Cavergno begraben.

Genfer Beteiligung
An der wissenschaftlichen Konzeption der Ausstellung «Die Weltreise von Emilio Balli 1878-1879» im Tessin war die Fakultät für Geographie und Umwelt der Universität Genf beteiligt. Diese Mitarbeit findet im Rahmen des dort angesiedelten Forschungsprojekts «Faire le monde – die ersten Weltenbummler und Weltreisen (1869-1914)» statt, das vom Schweizer Nationalfonds finanziert wird.

Die Ausstellung im Museo di Valmaggia wird am 22. April eröffnet und dauert bis 31. Oktober 2023.

Quellen

(dsc/sda)

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