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Jeden Tag die kleine Horrorshow. Warum ich mir trotzdem nichts anderes vorstellen kann als Kinder zu haben und zu arbeiten

«Ich will aber lieber mein T-Shirt» – manchmal sind es die kleinen Probleme, die berufstätige Eltern ganz schön in die Bredouille bringen können. Eine Mutter erzählt. 
«Ich will aber lieber mein T-Shirt» – manchmal sind es die kleinen Probleme, die berufstätige Eltern ganz schön in die Bredouille bringen können. Eine Mutter erzählt. Bild: Shutterstock
Erfahrungsbericht

Jeden Tag die kleine Horrorshow. Warum ich mir trotzdem nichts anderes vorstellen kann als Kinder zu haben und zu arbeiten

Ich bin watson-Mitarbeiterin und ich habe eine Familie. Ich arbeite 80 Prozent und betreue daneben meinen Sohn und meine Tochter. Wie das geht? Das frage ich mich manchmal auch.
08.05.2014, 10:1821.05.2015, 21:09
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Natürlich kann ich es nicht: Einen verantwortungsvollen Job haben und eine gute Mutter von zwei Kindern sein. Aber ich versuche es, gemeinsam mit meinem Mann. Meistens gelingt es uns recht gut. Und manchmal ist es eine kleine Horrorshow.

Unser Modell: Wir arbeiten beide 80 Prozent, an je vier Tagen die Woche. Unsere Kinder – im Alter von 3 und fast 5 Jahren – besuchen an drei Tagen die Kita. An jeweils zwei Tagen unter der Woche werden sie von uns betreut, am Wochenende sind wir beide für sie da.

«Kinder werden krank, brechen sich einen Arm oder legen sich sonst irgendwie quer zur durchdachten Regie.»

Meistens. Denn wir haben beide auch Wochenendeinsätze. Wenn sich dann unsere Arbeit überschneidet, kommen – verdankenswerterweise – die Grosseltern zum Zug. Die fahren dann durch die halbe Schweiz oder lassen sich die Kinder für ein Weekend nach Hause bringen.

Die straffe Regie der Horrorshow

Familie und Beruf zu vereinen ist für mich eine kleine Horrorshow, weil es einerseits Nerven braucht und andererseits auch viel Spass macht. Sicher ist: Es wird nie langweilig, obwohl die kleine Horrorshow eigentlich eine sehr straffe Regie hätte: Aufstehen, News konsumieren, Kinder wecken, anziehen, Frühstück vorbereiten, selber duschen, anziehen, schminken, frühstücken, aufräumen, Zähne putzen (selber und zweimal Kinder), Schuhe und Jacke anziehen (selber und zweimal Kinder), Kinder in die Kita bringen, zur Arbeit fahren, arbeiten, zur Kita fahren, Kinder holen, Kinder zuhause waschen, Abendessen, Kinder ins Bett bringen, halbe Stunde News konsumieren, schlafen gehen. 

Doch es wäre zu schön – und eben keine richtige Horrorshow – wenn die Tage wirklich so verlaufen würden. Stattdessen werden die Kinder krank, brechen sich einen Arm oder legen sich sonst irgendwie quer zur durchdachten Regie. Kinder sagen Dinge wie «Mama, ich muss Gaggi» oder «Wo ist mein Auto mit den Flames, ich muss das unbedingt dem Vincent zeigen» oder «Dieses T-Shirt kann ich nicht anziehen, ich will das mit den Mönsterli drauf». Und das sagen sie immer zwei Minuten bevor man das Haus verlassen sollte, um pünktlich an einer Sitzung zu erscheinen. 

«Ohne mein Auto mit den Flames geh ich nicht!» – es gibt eine «höhere Macht», der sich manchmal auch Eltern beugen müssen.
«Ohne mein Auto mit den Flames geh ich nicht!» – es gibt eine «höhere Macht», der sich manchmal auch Eltern beugen müssen.Bild: Shutterstock

Auto suchen, T-Shirt wechseln

Dazu muss man wissen: Einmal «grosses Geschäft» dauert mindestens zehn Minuten. Einmal Auto suchen – nicht irgend eins, sondern das mit den Flames – ebenfalls. Einmal Tochter davon überzeugen, dass das Mönsterli-T-Shirt in der Wäsche ist, mündet bei ihr in einem Wutausbruch. An ein pünktliches Starten ist nicht mehr zu denken.

«Familie und Beruf zu vereinen ist für mich eine kleine Horrorshow, weil es einerseits Nerven braucht und andererseits auch viel Spass macht.»

Dann beginnt der Nervenkitzel in der kleinen Horrorshow: Schaffe ich es rechtzeitig zur Arbeit? Wie entschuldige ich mich? «Mein Kind hatte einen Tobsuchtsanfall» ist eine schlechte Ausrede, vom «grossen Geschäft» ganz zu schweigen. Dann ist es mir noch lieber, ich müsse dem Chef beichten, dass ich zuhause bleiben muss, weil eins der Kinder krank ist. 

Der Psychostress im Büro

Der Psychostress kann aber durchaus auch im Büro auftreten, denn auf einer Online-News-Redaktion lassen sich die wenigsten Dinge auf den nächsten Tag verschieben, die Präsenz der Journalisten ist sehr wichtig. Dann geht es um Fragen wie: Wie haue ich um halb sechs aus dem Büro ab, weil ich die Kinder holen muss, während in der Welt gerade der Teufel los ist? Wie sag ich meinen Mitarbeitern, dass ich sie auf der Stelle hängen lassen muss, weil bei meinem Sohn in der Kita der Brechdurchfall ausgebrochen ist und ich ihn holen muss? 

Und wie sag ich meinem Mann, dass meine Sitzung wichtiger ist als seine, und er sich heute um den ganzen Kinderkram kümmern muss? Und dass ich auch um halb acht Uhr abends noch nicht fertig bin mit der Arbeit?

«Wie sag ich meinem Mann, dass ich auch um halb acht Uhr abends noch nicht fertig bin mit der Arbeit?»

Wie hält sie das bloss aus?

Nervige Kinder, Psychostress, quälende Entschuldigungen: Sie denken jetzt sicher: «Warum tut sie sich das an?» Sie könnte doch zuhause bleiben mit ihren Kindern, oder einen weniger anspruchsvollen Job machen. Hab ich alles schon überlegt, kommt gar nicht in Frage! 

Erstens, weil ich meinen Mann nicht hängen lassen will mit einem Vollzeitjob, mit dem er die Familie alleine finanzieren müsste. Er soll seine Zeit mit den Kindern verbringen können, genau wie ich. Ich unterstütze ihn, er mich. Und zweitens bin ich nicht der Typ, der in den eigenen vier Wänden den ganzen Tag mit seinen Kindern absitzt. Und drittens gibt es kaum Führungsjobs mit weniger als 60 Prozent.

Effiziente, aber nicht perfekte Mitarbeiter

«Alle haben letztlich ihre Freude daran: Nicht zuletzt unsere Chefs, weil sie effiziente und motivierte Mitarbeiter haben.»

Dann doch lieber die kleine Horrorshow. Wobei ja alle letztlich ihre Freude daran haben: Unsere Kinder, weil sie flexibel sind und wissen, dass das Leben anspruchsvoll und schön zugleich ist. Weil sie in der Kita und später im Hort ein Bezugsfeld haben, das wir ihnen nicht bieten könnten. Mein Mann und ich, weil wir beide arbeiten und unsere Kinder betreuen können. 

Unsere Chefs, weil sie in uns motivierte und effiziente Mitarbeiter haben, die so wenig perfekt sind, wie sie selber. Unsere Mitarbeiter, die sehen, dass es geht – wenn auch manchmal etwas schief läuft. Unsere (Volks-)Wirtschaft, weil nicht nur Frauen ausgebildet werden, sondern weil sie auch als Arbeitskräfte eingesetzt werden können, dort, wo sie gebraucht werden. Und nicht zuletzt unsere Eltern, die Grosis und Opas dieser Welt, weil sie nicht selten wirklich gebraucht werden. 

Allen, die es sich noch überlegen, oder die immer noch skeptisch sind, ob Familie und Beruf vereinbar sind, kann ich nur sagen: Es geht. Es macht Spass. Und es wird nie langweilig. 

Dieser Inhalt wurde von der watson-Redaktion erstellt und gesponsort von der AXA Winterthur.

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