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Abgaben von Landsleuten erpresst: Schweiz ermittelt gegen eritreische Botschaft 

Abgaben von Landsleuten erpresst: Schweiz ermittelt gegen eritreische Botschaft 

27.08.2015, 11:0227.08.2015, 11:08
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Eritreische Botschaft in Genf: Ins Visier der Ermittler gerückt.
Eritreische Botschaft in Genf: Ins Visier der Ermittler gerückt.Bild: KEYSTONE

Noch vor zwei Wochen winkte das Bundesamt für Polizei (Fedpol) ab: Man ermittle nicht wegen Gerüchten über eine Diaspora-Steuer des eritreischen Regimes, weil die Beweislage zu dünn sei. Niemand aus der eritreischen Gemeinschaft in der Schweiz sei zur Aussage bereit, sagte eine Fedpol-Sprecherin gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung». 

Jetzt haben sich die Vorzeichen offenbar geändert: Wie die SRF-«Rundschau» am Mittwoch berichtete, hat das Fedpol Ermittlungen gegen die eritreische Botschaft in der Schweiz aufgenommen. Mario Gattiker begrüsste dies: Es müsse nun eine lückenlose Aufklärung stattfinden, so der Direktor des Staatssekretariats für Migration.

Im Fokus steht die Praxis, Landsmänner in der Schweiz zu schröpfen, indem beispielsweise die erforderlichen Papiere für eine Rückreise nach Eritrea – wegen Beerdigungen oder des Besuchs von Verwandten – nur gegen Abgabe einer Steuer ausgestellt wird. Die Steuer beträgt laut übereinstimmenden Berichten zwei Prozent des Einkommens – und fliesst wohl – so die Mutmassung von Oppositionellen – in die Taschen von Funktionären.

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Bericht der dänischen Immigrationsbehörde

Ein weiteres Thema der Rundschau war der Bericht der dänischen Immigrationsbehörde, der Ende 2014 für Aufsehen gesorgt hatte. Darin stand, dass Eritreern bei einer Rückführung ins Heimatland keine Gefahr drohe. Der Bericht führte bei rechten Parteien in ganz Europa zur Forderung nach einer Änderung der bisherigen Asylpraxis bei Eritreern aus. Grossbritannien hat seine Asylpraxis in Reaktion auf den dänischen Bericht verschärft.

Der Leiter der dänischen Eritrea-Mission, die 2014 das Land besuchte und auf deren Eindrücke der Bericht beruht, kritisiert nun eine «Instrumentalisierung» seiner Arbeit. Die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerückt, zudem hätten seine Vorgesetzten Druck auf ihn ausgeübt, um die Lage in Eritrea in ein positives Licht zu rücken. 

Beklagt die Instrumentalisierung seiner Arbeit: Jens Olsen, ehemaliger dänischer Chefberichterstatter.
Beklagt die Instrumentalisierung seiner Arbeit: Jens Olsen, ehemaliger dänischer Chefberichterstatter.bild: screenshot/srf

«Unsere Arbeit wurde missbraucht», beklagt Jens Olsen in der Rundschau. Er könne nicht hinter dem Bericht stehen, so Olsen, der seit 20 Jahren für Dänemark die Facht-Finding-Missionen und Länderberichterstattungen durchführte. 

Auch wenn Dänermark aufgrund von Mängeln und Fehlern den Bericht mittlerweile nicht mehr verwendet –  Olsen ist nach der Kritik an seinen Vorgesetzten seinen Job los. 

Auch in der Schweiz forderten SVP-Exponenten gestützt auf den Bericht der dänischen Immigrationsbehörde, die Asylvergabe bei Eritreern restriktiver zu gestalten. Das Staatssekretariat für Migration betont aber, den dänischen Bericht nicht als Grundlage für die Asylpraxis bei Eritreern zu verwenden. (wst)

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«Die SNB ist mitschuldig an dem Leid, das uns angetan wird»
Orlando Carriqueo wollte am Freitag an der Generalversammlung der Schweizer Nationalbank eine Rede halten und erklären, warum die SNB für das Leid, das den Mapuche in Argentinien widerfährt, verantwortlich ist. Die SNB verweigerte ihm den Zutritt. Darum sagt er im Interview, was die Schweizer Bevölkerung über die Geschäfte der SNB wissen muss.

Sie sind den ganzen Weg von Argentinien nach Bern gereist für nur drei Minuten Redezeit, die Sie an der Generalversammlung der Schweizer Nationalbank (SNB) beanspruchen wollten. Die SNB hat Ihnen den Zugang am Freitag allerdings verwehrt. Sie seien nicht befugt, an der GV zu sprechen. Wie geht es Ihnen nach dieser Nachricht?
Orlando Carriqueo: Ich bin nicht überrascht. Ich habe erwartet, dass man uns keinen Zugang gewähren wird, obwohl wir von der Klimaallianz alle entsprechenden Unterlagen, Bevollmächtigungen und Unterschriften vorweisen konnten.

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