«Bin ich schwul?», fragt Ruedi M. den Esoterik-Experten der «Glückspost» – und erhält eine Antwort, die einen Shitstorm auslöst
Immer am Donnerstag erscheint die «Glückspost» aus dem Hause Ringier. Und in jeder Ausgabe beantwortet Esoterik-Experte René Tischler die Fragen der Leser und Leserinnen. Heute wollte Ruedi M. wissen: «Bin ich schwul?». Er sei sich unschlüssig, ob er eine gleichgeschlechtliche Beziehung wagen solle.
Die Antwort hat es in sich und verbreitet sich rasch via Facebook. In vier Thesen, die Körper, Geist und Seele kombinieren, versucht der «PSI-Experte», die Frage zu beantworten.
Unzensiert und ungekürzt:
- «Die Mutter raubt dem Buben Energie, weil sie von ihm Liebe und Beachtung will. Daraus folgt eine Abwehr.»
- «Der Körper ist auch ein biomagnetisches Energiesystem: Sind die Pluy- und Minuszonen verschoben, passt es zwischen Mann und Frau nicht mehr.»
- «Veränderungen im Gehirn durch Unfall können zur Änderung der sexuellen Vorlieben führen.»
- «Karmische Gründe: Man fühlt sich mit seinem Geschlecht nicht wohl. Die Ursache liegt in früheren Leben.»
«Vielleicht hat er auch als Kind zu lange die Flamingos im Zoo angeschaut»
Seit das Büro HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich) den Beitrag auf Facebook geteilt hat, prasselt Häme und Wut über die «Glückspost» herein: «Vielleicht hat er auch als Kind zu lange die Flamingos im Zoo angeschaut», versucht ein User die mögliche Homosexualität von Ruedi M. zu erklären.
Doch die Wut überwiegt. Wie sich ein anderer User über die Antwort enerviert, sei «fehlgeleitet», wer sowas schreibe und habe «keine Ahnung vom Innenleben eines normal homosexuellen Menschen». Eine weitere Reaktion auf den Beitrag: «Nein. Das ist nicht echt. Das darf nicht echt sein.»
«Einen anderen Zugang zur Thematik»
Doch, es ist echt. Offenbar wurde die Redaktion der «Glückspost» mit wütenden Mails eingedeckt. Auf Facebook macht ein Screenshot die Runde, auf dem sich eine Mitarbeiterin der «Glückspost» zu rechtfertigen versucht.
Die Antwort des Eso-Experten halte einer wissenschafltichen Sicht nicht stand. Es gehe darum, «einen etwas anderen Zugang zu dieser Thematik» zu zeigen. «Dahinter steht aber auf keinen Fall die Absicht, homosexuelle Menschen in irgend einer Weise zu diskriminieren oder als anormal abzustempeln.» Der Ursprung dieser Entschuldigung ist allerdings ungeklärt – die Verfasserin des Schreibens taucht in keinem Impressum auf.
Für eine Stellungnahme waren weder die «Glückspost»-Redaktion noch Eso-Experte René Tischler erreichbar.
Kuriositäten ausm Netz. Glückspost. Glaubste gar nicht. https://t.co/asLEjUoefa
— Santiago Seoane (@gallegoFR) 10. Juli 2014