Erektionsstörungen verunsichern Betroffene zutiefst. Bild: Shutterstock
20.03.2015, 13:4420.03.2015, 13:58
Mit Biotechnologie gegen erektile Dysfunktion: ETH-Wissenschaftler tüfteln an einer Methode, um Männern, die unter Erektionsstörungen leiden, zu helfen. Zum Einsatz kommen eine Spritze und blaues Licht.
Zuerst wird ein Genkonstrukt in den Schwellkörper des Penis gespritzt, das auf blaues Licht reagiert. Sobald es diesem ausgesetzt wird, wandelt sich ein Vorläufermolekül (Guanosintriphosphat GTP) in den Botenstoff zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) um.
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© KEYSTONE/TI-PRESS/GABRIELE PUTZU
Dieser in vielen menschlichen Organen vorkommende Stoff sorgt dafür, dass sich spannungsabhängige Kalziumkanäle schliessen. Dadurch sinkt der Kalziumgehalt, die Muskelzellen erschlaffen und der Blutfluss in den Schwellkörper nimmt zu: Der Penis wird steif.
Erektion ohne sexuelle Stimulation
Entwickelt haben die Methode Forschende um Martin Fussenegger, Professor für Biotechnologie und Bioingenieurwissenschaften am Departement Biosysteme (D-BSSE) der ETH Zürich in Basel. Die Gentherapie löse zuverlässig Erektionen aus, schreibt die Hochschule in einer Mitteilung vom Freitag. Danach baut ein Enzym cGMP langsam ab, so dass die Erektion mit der Zeit abklingt.
Sexuelle Stimulation ist so überflüssig. Die cGMP-Produktion wird allein durch die Lichtbestrahlung ausgelöst. Bei erektiler Dysfunktion kommt es bei normaler sexueller Stimulierung nicht zu einer Erektion.
Bei Ratten erfolgreich getestet
Jüngst testeten die Wissenschaftler die Gentherapie erfolgreich an Rattenmännchen, wie sie in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts «Angewandte Chemie International Edition» berichten. Das blaue Licht wirkte in den meisten Fällen wie ein Schalter, mit dem sich die Erektion der Ratten «anknipsen» liess. Bei einigen Tieren führte die Stimulation gar zur Ejakulation.
Fussenegger ist überzeugt, dass sich die Therapie auf den Menschen übertragen lässt, da das System der Erektion bei allen Säugetieren sehr ähnlich ist. Das Spritzen des Genkonstrukts sollte für potenzielle Anwender kein Hemmnis sein, «da bereits heute Injektionen in den Schwellkörper zur Standardtherapie gehören».
Blaues Licht statt blaue Pille: Tests an Ratten verliefen erfolgreich. Bild: z.V.g. Prof. M. Fussenegger/ETH Zürich
Auch Nebenwirkungen seien kaum zu erwarten. «Der Schwellkörper ist ziemlich schmerzunempfindlich», sagt der ETH-Professor. Zudem sei der Schwellkörper vom restlichen Blutkreislauf weitgehend abgekoppelt und die Gefahr gebannt, dass das Genkonstrukt sich im Körper verteilt.
Mit einer medikamentösen Therapie liesse sich die neue Methode allenfalls ergänzen, um die Erektion zu verlängern. Fussenegger schätzt, dass sie sich beim Menschen durchsetzen wird, da sie «sehr einfach und kostengünstig» ist.
Industriepartner gesucht
Betroffene müssen sich aber noch eine Weile gedulden. Bis die ETH-Methode marktreif ist, dürfte es laut Fussenegger noch rund fünf Jahre dauern. Für die klinischen Tests, die sehr aufwendig sind, suchen die Wissenschaftler derzeit noch nach Industriepartnern.
Obwohl Erektionsstörungen ein Tabuthema sind, sind sie verbreitet. Laut Angaben der ETH ist von den über 60-jährigen Männern jeder zweite betroffen. Als Hauptursachen für erektile Dysfunktion gelten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Hormonstörungen sowie Nebenwirkungen von Medikamenten. (dhr/sda)
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