Schweiz
Solothurn

Kindesentführung in Solothurn: Polizei nimmt Vater fest – die beiden Kinder sind auf den Philippinen

Kindesentführung in Solothurn: Polizei nimmt Vater fest – die beiden Kinder sind auf den Philippinen

27.07.2015, 11:1427.07.2015, 18:03
Mario Fuchs
Mehr «Schweiz»
Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

«Am Samstag ist es eigentlich ganz ruhig abgelaufen», erzählt der 46-Jährige im Interview mit «Tele M1». «Wir gingen zuerst in den Klettergarten in Kloten, danach gingen wir zum Flughafen, haben unser Gepäck eingecheckt.» 

Seine Frau sei danach zur Grenzkontrolle. «Da wurden die Boarding Cards kontrolliert, die Pässe aber nicht», erzählt Kast. Eigentlich hätte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) die Pässe einziehen wollen: «Das ging aber in der Hitze des Gefechts vergessen.» 

Seine Frau sei am Flughafen in Tränen ausgebrochen und habe noch lange an der Grenze stehenbleiben wollen. «Da sagte ich ihr: Du musst jetzt verschwinden, das ist gefährlich hier.» Mit Qatar Airways reisten die 29-jährige Mutter und die Töchter Alina (2) und Queen Sebell Alapag (6) via Doha nach Manila auf die Philippinen. So viel er wisse, seien sie dort gut angekommen, berichtet der Vater. 

Am Montagvormittag kündigte er auf Facebook an, er werde sich nun der Polizei stellen.

«So meine Kinder sind sicher vor der KESB. Habe sie auf die Philippinen gebracht und mit dem Wohnwagen eine falsche Fährte gelegt. Ich stelle mich jetzt der Polizei». 

Noch als das Regionalfernsehen «TeleM1» und andere Medienvertreter in Sisseln bei Kast zu Hause waren, nahm die Polizei ihn fest. Kast sagte: «Ich stelle mich jetzt und bade das Ganze aus. Wenn das alles vorbei ist, baue ich meiner Familie und mir eine Zukunft auf den Philippinen auf.» 

Jetzt auf

Wie die Gerichte des Kantons Aargau am Montag in einer Mitteilung informierten, hatte das Familiengericht Laufenburg den Eltern nach einer Gefährdungsmeldung im September 2014 die Obhut über die Kinder entzogen und diese in einem Kinderheim untergebracht. Seit März 2015 wohnten sie in der sozial- und heilpädagogischen Wohngruppe «Du + Ich» in Trimbach SO. 

Christian Kast sagt, seine Frau habe einige Fehler gemacht. «Sie hat die Schweizer Mentalität nicht gekannt und die Kinder gingen beispielsweise alleine nach draussen zum Spielen.» Daraufhin hätten Nachbarn angerufen. 

Seine Frau habe zudem «philippinisches Temperament»: «Sie hat Sachen in der Wohnung herumgeworfen, und das just zu dem Zeitpunkt, als die Kesb zu uns nach Hause kam. Sie sahen die Unordnung und nahmen uns die Kinder gleich weg.» 

Als die Kinder in der Wohngruppe platziert worden seien, habe er sie zuerst eine, später zwei Stunden pro Woche mitnehmen dürfen. «Ich arbeitete bewusst darauf hin, dass ich sie entführen kann», bestätigt Kast. 

Um die Behörden auf eine falsche Fährte zu locken, habe er seinen Wohnwagen an einer Tankstelle in Kloten abgestellt. Er habe Angst gehabt und verhindern wollen, dass seine Frau unterwegs noch in Doha festgenommen werden würde. Auf den Philippinen fehle es seiner Familie an nichts: «Mit meinem Schweizer Lohn haben meine Kinder dort unten das beste Leben.» 

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
25 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Tizi88
27.07.2015 16:16registriert Juli 2015
Ich verstehe sehr wohl, dass man sich sofort auf die Seite der Eltern und im besonderen der Familie stellt und sich dabei gegen eine gewissermassen anonyme Organisation richtet. Jedoch kennt ihr die Fakten nicht. Auch wenn sich hier Leute melden, die der Meinung sind, dass Ihnen die Kinder unbegründet weggenommen worden sind, bin ich mir sicher, dass es auch in diesen Fällen gute Gründe gab. Vielleicht ist euch nicht bewusst, was ihr getan habt, da ihr es selber so als Kinder erlebt habt und es euch ja nun trotzdem "gut" geht. Sowas wie psychische Misshandlung fällt auch den Täter meist nur schwer auf, da es nicht unbedingt böswillig sein muss, sondern es vielmehr den gelernten Mustern entspricht. Trotzdem habe ich am eigenen Leibe erfahren, wie sehr es auf das Selbstbewusstsein und die Eigenliebe schlägt. Und es hat gut 25 Jahre gedauert, bis ich mir der Misshandlung bewusst wurde... Unterschätzt das bloss nicht!!!
397
Melden
Zum Kommentar
avatar
Baba ♀️
27.07.2015 18:09registriert Januar 2014
Hätte es vor 45 Jahren eine KESB gegeben, wäre ich meinen Eltern wohl auch entzogen worden. Ich habe stundenlang mit meiner Freundin alleine(!) draussen gespielt! Sorry, aber diese Entwicklung, dass Kinder jede einzelne Sekunde beaufsichtigt werden, zur Schule gebracht, abgeholt - einfach permanent unter Überwachung sind, ist krank, krank, krank. Und Nachbarn, die solches melden sind's genauso.

Herr Kraft, Sie haben sich erfolgreich gewehrt gegen Willkür und Bevormundung! Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie eine schöne, gefreute, gemeinsame Zukunft ohne Einmischung von Nachbarn und Behörden.
4011
Melden
Zum Kommentar
avatar
so wie so
27.07.2015 15:22registriert Juli 2015
Wie viele von den Kritikern haben Einsicht in die Arbeit der KESB? Wohl kaum einer. Ein Kindesentzug ist niemals ungerechtfertigt. Er ist das letzte Mittel, zudem ein Amt greift. Klar, die Eltern fühlen sich immer unschuldig. Hier schlagen sich wieder alle auf die Seite der Eltern. Kennt ihr sie? Habt ihr echt das Gefühl, dass im KESB Leute aus Spass anderen die Kinder wegnehmen? Wie beim Fall Flaach. Dort war nicht der Entzug der Fehler, sondern dass man die Kinder zurück gab. Die Mutter war ja wohl hochgradig psychisch krank. Und daran ist nicht das KESB Schuld.
4117
Melden
Zum Kommentar
25
Bundesgericht kippt Entscheid des Schaffhauser Kantonsrats

Niederlage für die bürgerliche Mehrheit im Schaffhauser Kantonsrat: Das Bundesgericht hat einen Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung aufgehoben, weil er die Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verletzt.

Zur Story