
Sag das doch deinen Freunden!
Jokerit Helsinki wird erst am 31. Dezember nach Hause fliegen. Hoffentlich bleiben die Finnen bis dahin alle einigermassen nüchtern. Denn die «Frustverarbeitung» der Skandinavier ist legendär und hat dem Spengler Cup den heikelsten Zwischenfall der Geschichte beschert.
Kein anderer Skandal wurde so sorgfältig geheim gehalten wie der «Brämabüeler-Alptraum». Der Skiunfall von Jokerit-Star Juha «The Bird» Lind am Silvestertag 1996.
Der damals 22-jährige finnische Center schwemmte am 30. Dezember in einer zünftigen Fete mit seinen Teamkollegen die verpasste Finalqualifikation weg. Zu später Stunde führte er mit Trockenübungen im Hotel «Europe» an der Piano-Bar zum Gaudi der Kollegen und Gäste die Kunststücke vor, die er am nächsten Tag auf den Davoser Skipisten probieren wollte.
Es war wahrlich ein grosser Abend. Damals war Waltteri Immonen (heute Assistent in Zug) Leitwolf des Teams. Es gab damals für den besten Spieler nach jeder Spengler Cup-Partie 20 Gramm Gold von der UBS («Gold for the Best»). Immonen, wie es sich für einen Captain gehört, wollte seinen Jungs eine Runde spendieren. Aber er hatte kein Geld mehr und versuchte mit den 20 Gramm Gold zu bezahlen, die damals einen Gegenwert von rund 400 Franken hatten. Er hatte Glück. Er durfte sein Gold behalten. Ein Schweizer Hockey-Fan aus dem Tessin bezahlte für ihn die Runde.
Nun denn, es ging hoch zu und her. Noch nicht ausgenüchtert, mietete Juha Lind am Silvester-Morgen eine Skiausrüstung. Wie er in seinem Zustand überhaupt an eine Ski-Ausrüstung kommen konnte, ist bis heute ein Rätsel geblieben. Er geriet beim Brämabüel am Jakobshorn von den markierten Pisten ab, löste ein Schneebrett aus, konnte sich nicht mehr aus dem Schnee befreien und wäre, zumal alkoholisiert, innert kurzer Zeit erfroren. An gleicher Stelle, weitab von allen markierten Pisten, war ein paar Jahre zuvor eine Deltaseglerin tödlich verunglückt. Ihr Lebenspartner, ein geübter Skifahrer, suchte an diesem Silvester die Unfallstelle auf und fand den finnischen Nationalspieler. Purer Zufall.
Juha Lind entkam dem weissen Tod um ein paar Minuten. Er musste mit dem Helikopter ins Spital geflogen werden, wo die Ärzte eine Unterkühlung feststellten.
Als die Mannschaft am Silvesterabend heim nach Finnland reiste, hatte Juha Lind immer noch nicht Betriebstemperatur. Auf eigene Verantwortung holte Präsident Harry Harkimo den coolen Lind aus dem Spital, damit er mit der Mannschaft heimfliegen konnte – nur so konnte der Zwischenfall auch in der Heimat geheimgehalten werden. Da Juhas Vater Arvi Lind in Finnland ein bekannter TV-Moderator ist, hätte ein Bekanntwerden der ganzen Sache die Dimensionen einer mittleren Staatsaffäre bekommen.
Der «Brämabüeler-Alptraum» kam dem finnischen Nationalstürmer noch einmal hoch, als ihm ein paar Monate später, während der A-WM 1997 in Finnland, ein vorwitziger Schweizer WM-Bummler nach dem Training zurief: «Hallo, sind sie nicht der berühmte finnische Skifahrer?»
Es war der gleiche Schweizer, der in der Piano-Bar für Waltteri Immonen die Runde bezahlt hatte.
Und einmal mehr sei erwähnt, dass es glückliche Fügungen im Leben gibt.