Ich, 22 Jahre, kann den YouTuber-Hype nicht ganz nachvollziehen. Aber mein 13-jähriges Ich fände die YouTuber der Stunde grandios
Ganz ehrlich: Wie ihr, liebe User, sind auch wir bei watson oftmals geteilter Meinung, wenn's um YouTuber geht. Sind sie berühmt? Falls ja, wofür genau? Dass sie ihr Leben via Video preisgeben und über die neusten Modetrends tratschen? Darüber sollen wir berichten?
Eilmeldung! YouTuber stellt Video ins Netz!
YouTube-Star Dagi Bee hat zu Ostern ein Video produziert, in welchem — Achtung, gemäss der «Bild» könnte dies der grosse Durchbruch werden! — ihre neunjährige Schwester Lena zu Gast ist. Zusammen pusten sie Eier aus, bemalen sie und haben mega viel Spass zusammen, yay. So weit, so gut.
Warum dieses Video eine Meldung wert ist, versuche ich jetzt mal zu erklären
Fast sieben Minuten habe ich zugesehen, wie eine 20-Jährige mit ihrer kleinen Schwester Ostereier dekoriert. Die Spannung mässig, der Inhalt – naja.
Dann erinnere ich mich jedoch an mein 13-jähriges Ich. Heilige Kuh, war ich Fan von Britney, Christina, J.Lo! Die winzigste Info über meine Idole hab ich mir reingesaugt. Dank meines «Bravo»-Abos war ich bestens informiert über die neusten Skandale und Lebensweisheiten. Und wisst ihr, was damals die geilste Sendung war? «MTV Cribs»! In dieser grossartigen Sendung zeigten Promis ihre bescheidenen Häuser und befriedigten so mein Bedürfnis nach Nähe zu den Stars — ganz gemütlich vom Sofa aus.

Warum YouTuber eben doch Stars sind
Sendungen wie «MTV Cribs» waren Vorläufer der Generation YouTube — es waren die ersten Formate, in welchen der Star mit MIR und nicht mit einem Moderator spricht. Ein unglaubliches Gefühl von Nähe, das für Teenies unersetzbar sein kann!
YouTuber machen genau das Gleiche: Während die einen vor der Kamera futtern, ihre Haare machen oder über Beziehungsprobleme philosophieren, wird Dagi Bee zur «Freundin, die man nie haben wird», wie Gunda Müller von «Huffington Post» im Porträt über die 20-Jährige schreibt. Wäre ich nochmals 13 Jahre alt, ich fänd's grandios!
Hautnah dabei, wann ich will
Während Teenie-Gina also eine grausame Woche auf die neuste «Cribs»-Folge warten musste, verfolgen die Teens von heute ihre Stars, wenn's grad passt: In der Mittagspause, vor dem Fussballtraining oder während einer öden Familienfeier — mit dem Handy sind sie mobiler und flexibler, als ich es mir je erträumen konnte.
Diese Nähe, man meint, sie sei fast nicht mehr steigerbar. Aber falsch gedacht: Sogenannte Question&Answer-Videos oder Livestreams bringen die YouTuber auf die gleiche Ebene wie ihre Fans. Sie beantworten Fragen, geben Rat und hören manchmal auch einfach zu. Stelle ich mir vor, Britney und Konsorten würden dasselbe tun ... Schon mein 22-jähriges Ich flippt schier aus, was würde dann mein 13-jähriges tun?
Oft wird argumentiert, YouTube-Stars wie Dagi Bee und ihre Kollegen hätten kein Talent und würden nur blödes Geplapper vor der Webcam ablassen. Lasst euch von mir als Video-Praktikantin versichern: Einfach ist das nicht! Die wenigsten können spontan so natürlich vor der Kamera agieren. Und nicht zu vergessen, dass die Videos noch verarbeitet werden müssen. Blödes Geplapper sieht anders aus.
Und was macht Dagi Bee, während ich vor mich hin philosophiere?
- Sie gewinnt den «Kids' Choice Award» in der Kategorie «Lieblingsstar: Deutschland, Österreich, Schweiz». Die letzten zwei Jahre hat Luca Hänni in dieser Kategorie gewonnen. Unser Schweizer Justin-Bieber-Export, der 150 Mal weniger Follower auf YouTube hat als Dagi Bee.
- Sie spielt in der Komödie «Kartoffelsalat» mit. Der Cast besteht hauptsächlich aus YouTubern. Und wisst ihr was? Der Instagram-Account zum Film hat bereits über 100'000 Follower. Als Vergleich: Der offizielle Harry-Potter-Instagram-Account hat gerade mal 50'000 Follower mehr.
- Sie jettet mit ihrem Freund, YouTuber LionT, ein bisschen um die Welt. Und futtert dabei vor ihren Videos unbekannte Snacks. Das Video wurde bereits über eine Million Mal angesehen.
YouTuber tun alles, was «richtige» Stars tun
Dagi Bee, Lion T, Bibi und wie die YouTuber alle heissen mögen, sind Stars — auf einer Ebene, die nur mein Teenie-Ich wirklich nachvollziehen kann. Regelmässig YouTuber verfolgen werde ich wohl nie. Trotzdem spreche ich der Generation YouTube meinen höchsten Respekt aus. Weil, ganz ehrlich: Lieber seh ich Dagi Bee sieben Minuten lang zu, wie sie Eier auspustet, als dass ich mir Luca Hännis Songs anhöre.
