Egal ob verheiratet, geschieden oder ledig: Die gemeinsame elterliche Sorge ist seit einigen Jahren der Regelfall. Ebenso gilt unabhängig vom Zivilstand, dass die elterliche Sorge dem Wohl des Kindes dienen muss. Einigen müssen sich die Eltern unter anderem über die Religionszugehörigkeit des Kindes.
Verheiratete Eltern werden mit der Geburt des Kindes automatisch Inhaber der elterlichen Sorge. Ledige Eltern müssen in einer gemeinsamen Erklärung unter anderem bestätigen, dass sie «bereit sind, gemeinsam die Verantwortung für das Kind zu übernehmen». Teil dieser Verantwortung ist der Entscheid darüber, ob und welcher Religion das Kind angehören soll und damit auch, ob das Kind getauft werden soll. Dieses Elternrecht ist keine schweizerische Spezialität: Auch die UN-Kinderschutzkonvention verpflichtet die Vertragsstaaten, die Rechte und Pflichten der Eltern, das Kind bei der Ausübung der Religionsfreiheit zu leiten, zu achten.
Sind sich die gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile nicht einig, ob und welcher Religion das Kind angehören soll, kommt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB ins Spiel. Diese kann verschiedene Massnahmen ergreifen, um den Konflikt zu lösen. Nicht immer hat sie damit Erfolg, bisweilen enden diese Streitigkeiten erst vor Bundesgericht.
So geschehen in einem Fall aus dem Jahre 2015: Die Mutter hatte das Kind gegen den Willen des ebenfalls sorgeberechtigten Vaters taufen lassen. Dies wertete das Bundesgericht 2015 als ein Indiz für die fehlende Kommunikationsfähigkeit der Eltern und sprach der Mutter das alleinige Sorgerecht zu. In einem weiteren Fall zwei Jahre später entschied das Bundesgericht wiederum, dass die Uneinigkeit über die Taufe unter den konkreten Umständen kein alleiniges Sorgerecht rechtfertigte.
Ob die Taufe gegen den Willen eines sorgeberechtigten Elternteils kirchenrechtlich überhaupt möglich und gültig ist, entscheidet sich nach den jeweiligen Kirchenordnungen. In der Tendenz scheinen dies die Kirchenordnungen nicht so eng zu sehen und ermöglichen die Taufe oft auch dann, wenn nur ein Einverständnis vorliegt.
Bei dem Kirchenaustritt sind die Kirchenordnungen meist etwas strenger. Einige verlangen zwar nur die Unterschrift eines sorgeberechtigten Elternteils. Gleichwohl ist auf der sichereren Seite, wer ein von beiden sorgeberechtigten Elternteilen unterzeichnetes Austrittsschreiben bei der zuständigen Pfarrei einreicht. Einige Kantone verlangen, dass die Austrittswilligen das Austrittsschreiben amtlich beglaubigen lassen.
Jede Person hat das verfassungsmässige Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten und dem Religionsunterricht zu folgen. Die Religionsfreiheit beinhaltet auch das Recht, aus einer Religionsgemeinschaft wieder auszutreten.
Ab dem 16. Altersjahr ist ein Kind religionsmündig und darf selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden. Weder seine Eltern noch die KESB können ab diesem Zeitpunkt für das Kind entscheiden.
Manchmal geht es bei dem Kirchenaustritt nicht um einen höheren Glauben, sondern um etwas sehr Profanes: Die Kirchensteuer. Auch diese ist kantonal und entsprechend vielfältig organisiert. Einige Kantone berechnen die Kirchensteuer nach Köpfen im gesamten Haushalt. Ist der obhutsberechtigte Elternteil ausgetreten, nicht aber das Kind, darf der Kanton gemäss Bundesgericht eine anteilsmässige Steuer erheben.
Ob der ausgetretene und obhutsberechtigte Elternteil vom anderen Elternteil, der das Kind in der Kirche belassen will, die Rückerstattung der Kirchensteuer verlangen darf, ist eine Frage, die ein Gericht beantworten müsste.
Hier im Artikel zu implizieren dass das Bundesgericht der Mutter das alleinige Sorgerecht gab *weil* sie das Kind gegen Willen des Vaters getauft hat ist stark irreführend.
Stop the religions now!